Köln – Es ist eines der schönsten Restaurants in Köln – und war in diesem Jahr noch an keinem Tag geöffnet. Der Wartesaal am Dom ist seit Monaten hinter einem mit hässlichen Blechen verkleideten Gerüst verschwunden, weil die Bahn die bröckelnde Sandsteinfassade des denkmalgeschützten Gebäudes saniert.
Restaurant-Betreiber Andreas Feldgen ist genervt, auf der Homepage des Wartesaals muss er weiterhin angeben: Wegen der Baustellensituation ist der Wartesaal bis auf Weiteres geschlossen. Es scheint eine unendliche Geschichte zu sein.
Schon im vergangenen Jahr war das Restaurant kaum geöffnet. Seit im Sommer 2020 ein Stein aus der Fassade herabfiel, hat die Bahn die Sanierung geprüft und geplant, kurz nach dem Ende des zweiten Lockdown im vergangenen April wurde dann Gerüste aufgestellt, seit Mitte August ist die Fassade außer den Eingängen komplett verdeckt.
„Wir haben Anfragen für Hochzeiten und Business-Veranstaltungen, aber wenn die Gäste sehen, wie das Gerüst das Restaurant verdunkelt und die Sicht auf den Dom nimmt, sagen die dankend ab. Das ist hier einfach ein schwarzes Loch.“
Hinzu kommt, dass der Wartesaal derzeit durch die Absperrung und die komplette Verkleidung der – vom Bahnhofsvorplatz aus gesehen – linken Hälfte der Domtreppe kaum zu finden ist. Der Wartesaal wird von den Baustellen praktisch verschluckt.
Die Bahn, das hat sie Feldgen in einer der zahlreichen Mails mitgeteilt, hält es aber durchaus für möglich, den Restaurantbetrieb trotz der Baustellen zu öffnen. Der Ausblick auf den Dom stehe ja nicht im Mietvertrag.
Ende der Arbeiten erst im November
Die Verkleidung des Gerüsts begründet sie damit, dass dadurch Passanten bei Sandstrahlarbeiten geschützt werden. Doch Feldgen berichtet: „Die defekten Steine werden gar nicht hier behandelt, sondern abtransportiert.“ Sandstrahlarbeiten habe er noch nicht beobachtet.
Feldgen hat sich bisher darauf eingestellt, Mitte Oktober wieder öffnen zu können, dies sei ihm bei Gesprächen avisiert worden. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt jedoch ein Sprecher der Bahn, dass mit dem Ende der Arbeiten „im November“ zu rechnen sei. Wobei noch nicht präzisiert werden könne, ob es Anfang, Mitte oder Ende November soweit sei.
Wartesaal-Betreiber unter Druck
Andreas Feldgen steht jedoch unter großem Druck: „Wir sind ein Winterbetrieb. Oktober, November und Dezember sind unsere stärksten Monate.“ Er müsste eigentlich längst Buchungen für Weihnachtsfeiern und Betriebsfeste annehmen.
Außerdem tue es ihm in der Seele weh, dass gerade dieses Restaurant-Kleinod nicht genutzt werden kann – obwohl alles bereit sei. Er hat unter anderem für 70.000 Euro Luftfilter angeschafft. Doch die stehen nun still im wunderschönen Ambiente. Der Wartesaal ist der einzige historisch erhaltene Komplex des Kölner Hauptbahnhofs, er wurde 1915 für die Fahrgäste der ersten Klasse erbaut. Das Restaurant mit den bis zu 4,80 Meter hohen, stuckverzierten Decken und und der große Jugendstilsaal blieben unverändert.
Immerhin: Der Saal wird noch regelmäßig vom WDR für die Sendung „Mitternachtsspitzen“ gemietet. Feldgen, der auch die Halle Tor 2 und die Wassermannhalle am Girlitzweg betreibt, ist es durch Umschichtungen gelungen, sein Personal zu halten. Durch die staatliche Unterstützung komme er über die Runden, sagt er.
Sein Ziel ist aber, den Wartesaal in diesem Jahr auf jeden Fall noch zu öffnen. „Ich möchte meine Gäste und auch meine Mitarbeiter halten.“ Wenn das Gerüst noch lange stehen sollte, hieße es dann als Notlösung: „Vorhänge zu“, damit der traurige Anblick verschwindet.