Kölner Flüchtlinge in der Corona-Krise„Die Pandemie hat die Situation verschärft”
Köln – Mehrere Kölner Verbände, die sich im Bereich geflüchtete Menschen engagieren, haben ein schnelles Aus für die Gemeinschaftsunterkünfte in Köln gefordert. „Wir sind schockiert, dass diese Unterkünfte noch vier Jahre lang bestehen bleiben können“, sagte Susanne Rabe-Rahman vom Caritasverband Köln am Mittwoch. „Das muss schneller gehen“, betonte auch der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, Claus-Ulrich Prölß. Der Rat hatte Anfang Februar beschlossen, die Großunterkünfte langfristig zu schließen. Zuvor hatte es in der Notunterkunft Herkulesstraße einen Corona-Ausbruch gegeben.
Derzeit lebten von den gut 6100 Flüchtlingen 1235 in Gemeinschaftsunterkünften und 550 in Hotels, so Prölß. Er forderte das Auszugsmangement der Stadt zu forcieren, damit geflüchtete Menschen schneller privaten Wohnraum erhielten. 2020 habe die Stadt 400 Menschen in solchen Apartments unterbringen können. Gemeinschaftsunterkünfte seien dagegen „potenzielle Corona-Hotspots“. Rabe-Rahman kritisierte zudem, dass Familienzusammenführungen mitunter zwei bis drei Jahre dauerten, während Abschiebungen zügig durchgeführt würden. Sie kritisierte, dass Geflüchtete sogar in politisch instabile Staaten wie Afghanistan ausgewiesen werden, die zudem als Corona-Hotspots gelten.
Behörden nur schlecht erreichbar
Die Pandemie stelle für geflüchtete Menschen auch an anderen Stellen eine besondere Belastung dar, erläuterte Nicola Markgraf vom Rom e.V. Sie schilderte den Fall einer achtköpfigen Familie aus Bosnien, die sich in einer Unterkunft drei Zimmer teilt. Weil die Familie über keinen PC oder Laptop verfüge, sondern nur über ein Handy, könnten die Eltern nicht an den digitalen Integrationskursen teilnehmen und die jugendlichen Kindern weder einen Praktikumsplatz noch eine Ausbildungsstelle suchen. Die Grundschulkinder erhielten Arbeitsmaterialien von der Schule, mit der die Familie überfordert sei. „Die Pandemie hat die Situation für Flüchtlinge verschärft“, so Markgraf.
Angst und Depressionen
Die Pandemie, die engen Wohnverhältnisse, der unsichere Aufenthalt führten bei zahlreichen Flüchtlingen zu psychosozialen Problemen, sagte Elahe Sadr vom Verein Agisra. Angst, Panikattacken, Schlafstörungen, Depressionen oder Suizidgedanken könnten die Folge sein.
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Erschwerend komme hinzu, dass der Kontakt zu den Behörden in der Pandemie eingeschränkt sei, erläuterte Annette de Fallois von Diakonischen Werk Köln und Region. So könnten Geflüchtete derzeit Termine nur in Ausnahmefällen erhalten, manche Behörden seien telefonisch kaum erreichbar und antworteten auf Mails nur mit Zeitverzögerung. Der Schriftverkehr im Amtsdeutsch bereite andererseits vielen Geflüchteten enorme sprachliche Probleme. Viele verfügten zudem nicht über die nötige digitale Ausstattung, besäßen weder E-Mail-Adressen noch digitale Endgeräte.
„Es geht um Existenzen”
All dies führe mitunter zu gravierenden Problemen: Integrationsschritte könnten nicht gemacht werden, wichtige Papiere bliebe liegen. Mitunter könnten solche Verzögerungen dazu führen, dass Menschen aus Deutschland ausgewiesen würden, ergänzte Prölß. „Es geht hier um Existenzen.“
In einem Positionspapier forderten die Verbände, dass Aufenthaltspapiere per Post fristgerecht verlängert und Leistungen ohne Unterbrechung gezahlt werden. Bei Entscheidungen über einen Aufenthalt sollen die Probleme durch die Pandemie berücksichtigt werden sowie Abschiebungen ausgesetzt werden. Zudem sollen Flüchtlinge mit digitalen Endgeräten, die Unterkünfte mit W-Lan ausgestattet werden. Helfer soll der Zugang zu den Unterkünften erleichtert werden.