Köln – Es war Sommer und es war brüllend heiß in jener Augustnacht 2019, als es im Garten einer Wohnanlage an der Universitätsstraße zum Eklat kam. Die Uhr zeigte bereits Stunden nach Mitternacht, doch die Gruppe junger Leute, überwiegend lateinamerikanischer Herkunft, unterhielt sich sowohl angeregt wie lautstark und temperamentvoll.
Der Diplom-Ingenieur, der Doktorand der Wirtschaftswissenschaft und die beiden Mitarbeiterinnen der Stadt Köln waren jedenfalls auch zu nächtlicher Stunde auf der Terrasse der Erdgeschosswohnung in rege Diskussionen vertieft, während der Nachbar aus dem ersten Stock bei geöffnetem Fenster vergeblich versuchte, in den Schlaf zu finden. Nach einem 16 Stunden Tag in einem Supermarkt war der Logistik-Fachmann Dirk S. (52, alle Namen geändert) mehr als geschafft und hatte ein entsprechendes Schlafbedürfnis. Das aber war ihm angesichts der lautstarken Unterhaltung der Nachbarn verwehrt. „Gebt endlich Ruhe da unten“, rief er den Nachbarn zu. Als keine Reaktion erfolgte, begab er sich nach unten.
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Laut Anklage in einer Bekleidung, die keinen Zweifel daran ließ, er sei Polizist. Dirk S. trug deutlich sichtbar umgeschnallt eine Pistole im Holster, am Ärmel seines T-Shirts prangte die Aufschrift: Polizei. Und dann sein Auftritt: „Ich zeige Euch an, wenn Ihr nicht sofort macht, dass Ihr in die Wohnung kommt. Und macht gefälligst Türen und Fenster zu.“ Angeblich soll er seine Worte mit dem Hinweis untermauert haben, als Polizist im Bereitschaftsdienst zu sein.
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Die jungen Leute reagierten jedenfalls prompt, begaben sich in die Wohnung und riefen die Polizei. „Er war so aggressiv im Ton, wir hatten alle Angst vor ihm“, deshalb habe er sich auf der Wache rückversichern wollen, erklärte Ingenieur Juan P. (32) seinen damaligen Anruf auf dem Polizeipräsidium: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Polizist so unverschämt sein kann“. Der Anruf gab ihm Recht. Es gab keinen Polizisten namens Dirk S. Stattdessen schickten die Beamten einen Kollegen in die Universitätsstraße und klingelten Dirk S. aus dem Schlaf. Seine Wohnung wurde durchsucht, die Gaspistole – für die er ordnungsgemäß einen Waffenschein vorweisen konnte – konfisziert – und eine Anzeige wegen Amtsanmaßung geschrieben.
Angeklagter Kölner spricht von Missverständnis
Auf der Anklagebank gab sich S. kleinlaut. Alles sei ein Missverständnis gewesen. Er habe sich keinesfalls als Polizist ausgegeben, vielmehr habe man ihn falsch verstanden, schließlich sei es nicht weit her gewesen mit den Deutschkenntnissen der Lärmenden. Und die Waffe habe er „zum eigenen Schutz getragen“, als „Warnung“, denn er sei ein vorsichtiger Mensch, „schließlich waren die zu fünft und ich alleine“.
Der Richter jedenfalls zeigte Verständnis für die Gruppe: „Bei so einem Auftritt kann ich die einschüchternde Wirkung nachvollziehen.“ Allerdings befand er auch: „Es war letztlich eine Ruhestörung, die aus dem Ruder lief“. Dirk S. hätte den Weg über die Behörden suchen müssen, einen Anruf bei der Polizei oder dem Ordnungsamt wäre das Naheliegende gewesen. Nach einem Rechtsgespräch zeigten sich alle Prozessbeteiligten bereit, das Verfahren ohne Urteil zu beenden. Zahlt Dirk S. 600 Euro an eine Umwelt- und Tierschutzorganisation, werden die Akten geschlossen und sein Strafregister bleibt ohne Eintrag.