Studienleiter Thomas Hofmann erklärt, warum der Rettungsdienst kein Nachwuchsproblem hat und warum es trotzdem einen Studiengang braucht.
Mit dem Bachelor zum RetterKölner Hochschule startet neuen Rettungswissenschaften-Studiengang
So gravierend wie in anderen Branchen ist der Nachwuchsmangel bei den Notfallsanitätern noch lange nicht, sagt Thomas Hofmann, Leiter des neuen Studiengangs „Rettungswissenschaften“ an der privaten HSD Hochschule Döpfer in Köln. „Auf einen Ausbildungsplatz kommt in Deutschland immer noch eine zweistellige Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern, der Beruf ist für junge Menschen nach wie vor sehr attraktiv.“
Dennoch sieht Hofmann gute Gründe, um an der HSD ab dem Wintersemester 2024/25 erstmals einen Bachelor-Studiengang für Notfallsanitäter anzubieten. Der berufsbegleitende Studiengang richtet sich an bereits ausgebildete Sanitäter. Nach drei Jahren berufsbegleitendem Studium schließen die Studierenden bei erfolgreichem Abschluss mit dem „Bachelor of Science“ ab. Das Studium findet überwiegend online statt, im ersten Semester haben sich 60 Studierende eingeschrieben.
Arbeit für Retter wird immer komplexer und herausfordernder
„Bei Befragungen haben wir festgestellt, dass Notfallssanitäterinnen und -Sanitäter, je länger sie in ihrem Beruf arbeiten, desto häufiger einen Wechsel in Betracht ziehen“, sagt Hofmann, der selbst lange als Notfallsanitäter gearbeitet hat und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rettungswissenschaften ist. „Als Grund werden immer wieder fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten genannt, das wollen wir mit dem Studiengang ändern.“
Zudem werde die Arbeit immer komplexer und herausfordernder: „In einer immer älter werdenden Gesellschaft sind die Sanitäterinnen und Sanitäter oft mit Menschen mit multiplen Vorerkrankungen konfrontiert“. Das erschwere die Entscheidungsfindung. Auch die zunehmende Vereinzelung mit immer mehr Single-Haushalten stellt den Rettungsdienst vor Herausforderungen.
„Es gibt oft nicht mehr das familiäre Versorgungsnetz, wie noch vor 30 Jahren. Deshalb landen immer mehr Fälle im Rettungsdienst, die früher vielleicht im familiären Umfeld gelöst wurden.“ Auch der Kölner Rettungsdienst klagt immer wieder über steigende Einsatzzahlen.
Die Krankenhausreform, die eine Spezialisierung der Krankenhäuser fördert und Zusammenschlüsse wahrscheinlicher macht, wird sich auch auf den Rettungsdienst auswirken, so Hofmann weiter: „Vor zwanzig Jahren haben wir mehr oder weniger jeden Patienten in das nächstgelegene Kreiskrankenhaus gefahren“. Das werde in Zukunft nicht mehr so sein. „Dadurch wird es für die Rettungskräfte schwieriger zu entscheiden, wie die Versorgung erfolgen soll.“
Um diesen medizinischen und gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden, brauche es mehr Expertise, die Hofmann seinen Studierenden vermitteln will. „In einer dreijährigen Ausbildung sind die Ressourcen einfach zu knapp, um all diese Dinge zu behandeln.“
Mit der Akademisierung des Berufs liegen die Notfallsanitäter jedenfalls im Trend. Auch in der Pflege, der Physiotherapie oder der Logopädie bieten Hochschulen längst Studiengänge an. „Wenn wir den Anschluss nicht verlieren wollen, müssen wir diesen Weg gehen“, ist Hofmann überzeugt.