Wie sehr darf die Ehrengarde ein fast 800 Jahre altes Denkmal verändern? Diese Frage beantwortet Stadtkonservator Thomas Werner.
Hahnentorburg in KölnSo bewertet der Denkmalschützer die Ausbau-Pläne
Die Kölner Ehrengarde hat am Dienstag erstmals ihre neuen Pläne für zwei Anbauten an die denkmalgeschützte Hahnentorburg präsentiert. Sie sollen die alte Brücke über die Hahnenstraße ersetzen, in der sich die Ehrengarde bis zum Abbruch des Durchgangs im Jahr 2017 getroffen hat. Seit 1988 nutzt die Ehrengarde per Erbbaurecht die städtische Torburg, die zwischen 1235 und 1240 erbaut worden ist. Hans-Georg Haumann, Präsident der Ehrengarde, sagte: „Erhalt durch Nutzung ist unser Ziel für die Hahnentorburg. Sie soll wieder das Schmuckstück in der Mitte der Stadt werden.“
Im nördlichen, neun Meter hohen Anbau soll ein zweistöckiger Veranstaltungsraum für 120 Menschen entstehen. Es ist kein Durchbruch zur Torburg geplant. Der südliche, 12,40 Meter hohe Anbau soll unter anderem Kleiderkammer, Geschäftsstelle und auch wieder wie früher das Standesamt der Stadt beheimaten. Beide Gebäude erhalten ein Untergeschoss. Die Torburg selbst ist 21,35 Meter hoch.
Bis Jahresende sollen die Baupläne für die Anbauten fertig sein. Im Herbst 2024 soll das Finanzkonzept stehen, bevor Ende 2024 die Mitglieder der Ehrengarde entscheiden, ob sie sich das große Projekt leisten wollen. Ende 2026 könnte die neue Hahnentorburg realisiert sein, im Jahr darauf feiert die Ehrengarde 125-jähriges Bestehen.
Zu den Kosten wollte sich die Ehrengarde nicht äußern. Allerdings sagte Kommandant Curt Rehfus: „Ein zweistelliger Millionen-Betrag darf es nicht werden.“ Laut Refus soll nicht nur die Ehrengarde die Hahnentorburg nutzen, unter anderem Kitas und Schulen sollen das Gemäuer besuchen.
Viele Jahre Ungewissheit
Damit endet nach vier Jahren die Ungewissheit, was mit der Hahnentorburg passiert und wo sich die Ehrengarde zukünftig trifft. Derzeit wechselt sie die Räume für Versammlungen. Im Jahr 2019 hatten sich die Karnevalisten von ihren großen Plänen für nur einen Anbau auf der Südseite der Torburg sowie einen unterirdischen Veranstaltungssaal verabschiedet.
Selbst für die traditionell solventen Karnevalisten war das 13-Millionen-Euro-Projekt nicht zu stemmen, obwohl eine Jury in einem Architekten-Wettbewerb schon 2017 einen Entwurf von „Kister, Scheithauer, Gross“ zum Sieger gekürt hatte. Die Pläne für den Anbau an der Südseite nahmen die Architekten aber wieder auf und entwarfen nach dem Muster auch den Anbau auf der Nordseite.
Das Traditionscorps im Kölner Karneval hat die Hahnentorburg von der Stadt per Erbbaurecht gepachtet, der Vertrag läuft 2038 aus. Angesichts des millionenschweren Bauvorhabens möchte die Ehrengarde eine Ausdehnung des Vertrages bis 2088, bislang hat der Karnevalsverein laut Haumann rund drei Millionen Euro in Erhalt und Sanierung der Torburg investiert.
Der eigentliche Versammlungsraum war all die Jahre nicht in der Torburg selbst, sondern in dem Brücken-Durchgang über die Hahnenstraße, der auf die andere Seite der Straße führte. Doch diese Brücke wurde 2017 abgebrochen, als die Bauarbeiten für die beiden Bürohäuser am Rudolfplatz begannen. Während des Baus überwachten Sensoren mögliche Setzrisse in der Hahnentorburg.
Es ist eine sensible Angelegenheit, nach rund 800 Jahren an eines der bekanntesten Kölner Denkmäler anzubauen. Stadtkonservator Thomas Werner, zuständig für den Denkmalschutz, musste zustimmen.
Werner sagte: „Die Hahntorburg ist eine der vier noch erhalten Torburgen der ehemaligen mittelalterlichen Kölner Stadtmauer. Ihr kommt eine besondere Bedeutung zu, da im Mittelalter innerhalb einer großen Prozession die in Aachen gekrönten Könige in die Stadt einzogen, um den heiligen drei Königen an ihrem Schrein im Dom zu huldigen. Der vorliegende Entwurf bewahrt den Charakter dieser imposanten Doppeltorburg und gibt sich mit seiner architektonischen Formensprache und seinem Material deutlich als ein Zusatz des 21. Jahrhunderts zu erkennen. Schon seit dem Mittelalter waren die Nischen links und rechts des Tordurchgangs mit untergeordneten Gebäuden und Räumlichkeiten ausgefüllt; diesen ursprünglichen Zustand greift der aktuelle Entwurf wieder auf.“
In den vergangenen Monaten hatte die Ehrengarde zusätzlich zum Denkmalschutz auch Stadtrat und Bezirksvertretung Innenstadt über ihre neuen Pläne informiert. Der neue Anlauf soll nun nicht wie der erste scheitern. Auch andere Karnevalisten hatten ihre historischen Gemäuer ausgebaut, beispielsweise hatten die Roten Funken die Ulrepforte umgebaut.