Absolventinnen der Theaterschule Der Keller und Mitglieder des inklusiven Schauspiel-Ausbildungszweigs „Rheinkompanie“ verkörpern historische Frauenfiguren.
Frauen, die Geschichte schreibenFoto-Theaterprojekt zeigt inspirierende Persönlichkeiten in Galerie Seippel

Rebecca Hirschler, Chaymae M'stfa, Marie Korfmacher, Serena Knüpper, Paula Sander und Lara Berenike Dabbous (v. l.) identifizierten sich in ihren Darstellungen mit Frauen, die Geschichte schrieben.
Copyright: Thomas Dahl
Theater trifft Fotografie, sie verlieben sich ineinander und feiern Hochzeit in einer Galerie: Die ungewöhnliche Beziehung ist in der aktuellen Produktion „I Am. I Am. I Am.“ verewigt. Als Trauzeugen fungieren Dozentin Sabine Hahn von der Schauspielschule Der Keller sowie Fotografin Claudia Grünig. Die Brautgemeinschaft besteht aus fünf Absolventinnen der Schule des Kellers, zwei Studierenden des dazugehörigen inklusiven Schauspiel-Ausbildungszweigs „Rheinkompanie“ und sieben historischen Frauenfiguren aus den Bereichen Literatur, Tanz, Journalismus und Wissenschaft.
Als Vermählungsort fungiert die Galerie Seippel. Während einer rund 45-minütigen Performance werden die Besucherinnen und Besucher im ersten Akt mit fotografischen Portraits bekannt gemacht, die jeweils einer historischen weiblichen Persönlichkeit gewidmet sind. Darauf zu sehen sind die 20- bis 27-jährigen Schauspielerinnen in der Rolle ihrer Vorbilder.
Inspiration aus Geschichte: Frauenfiguren im Fokus der Inszenierung
So wählte Paula Sander die Tänzerin Valeska Gert aus dem Berlin der 1920er Jahre. Gert wurde unter anderem durch ihren Totentanz bekannt. 1933 erhielt sie im NS-Regime Auftrittsverbot. Marie Korfmacher entschied sich für Krankenpflegerin und Ordensschwester Bernadette Soubirous, die auch als „Seherin von Lourdes“ zur Mitte des 19. Jahrhunderts in die Annalen einging.
Der amerikanischen Schriftstellerin und Feministin Ellen Peck (1942–1995), die unter anderem mit ihrem Buch „The Baby Trap“ („Die Baby-Falle“) Aufmerksamkeit erregte, wandte sich dagegen Rebecca Hirschler zu. Nicht minder kontrovers beziehungsweise inspirierend interpretierten Serena Knüpper die Verhaltensbiologin Dian Fossey (1932–1985) sowie Lara Berenike Dabbous die Journalistin Nellie Bly (1864–1922).
Letztere berichtete unter anderem über die Zustände in einem Asyl für nervenkranke Frauen in New York. Dafür ließ Bly sich in die Stätte einliefern. An markanten Orten wie etwa dem einstigen Brühler Kaiserbahnhof und in zeitgenössischen Kostümen ließen sich die Schauspielerinnen von Fotografin Grünig ablichten. Im zweiten Akt treten die Protagonistinnen schließlich aus den Bildern heraus und konfrontieren das Publikum mit Zitaten, selbstverfassten Texten und Choreografien.

Chaymae M'stfa erweckte Primaballerina Anna Pavlova in ihrer Paraderolle „Der sterbende Schwan“.
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Dass die heroischen Geschichten oftmals in Tragödien enden zeigt Chaymae M'stfas Darstellung des sterbenden Schwans in Erinnerung an die russische Primaballerina Anna Pavlowa, die 1931 im Alter von 49 Jahren an einer Lungenentzündung verschied. Einer lebensrettenden Operation soll sich die Ballerina verweigert haben, da sie danach nicht mehr ihrer Leidenschaft hätte nachgehen können. „Man muss dem Tod an die Kehle springen“, beschwört M'stfa Pavlowas und scheinbar auch ihren eigenen Willen, die Endlichkeit mit Kunst zu überwinden.
„Wir wünschen uns weitere Kooperationen mit der Galerie, da wir immer auf der Suche nach neuen Spielorten sind und damit das Theater zu den Menschen bringen wollen, wo sie es vielleicht nicht erwarten“, erklärt Projektleiterin Sabine Hahn. Das Zitat im Titel des genreübergreifenden Events stammt aus einem Gedicht von US-Schriftstellerin Sylvia Plath (1932–1963), die von Friederike Neutze dargestellt wird. Darin heißt es, „I took a deep breath and listened to the old brag of my heart. I am, I am, I am.“ („Ich holte tief Luft und lauschte dem alten Prahlen meines Herzens. Ich bin, Ich bin, Ich bin.“) Im finalen Akt stellten sich die jungen Darstellerinnen ihrem Publikum schließlich als Individualistinnen.
„I Am. I Am. I Am“, 17./18. Mai, 19.00 bis 21.30 Uhr, Galerie Seippel, Zeughausstraße 26, 50667 Köln, 2. Etage (barrierefrei), Projektleitung: Sabine Hahn (Schauspielschule Der Keller), Fotografie: Claudia Grünig, Spiel: Lara Berenike Dabbous, Rebecca Hirschler, Marie Korfmacher, Serena Knüpper, Chaymae M'stfa, Friederike Neutze, Paula Sander, Ausstellung während der Internationalen Photoszene: 16. Mai 12.00 bis 18.00 Uhr, 17. Mai 11.00 bis 16.00 Uhr, www.galerie-seippel.de, www.schauspielschule.koeln