Das Kölner Ensemble „fast verwegen“ zeigt die amüsante Dystopie „Are You Human“ über künstliche Intelligenz im Theater am Bauturm.
Kölner TheaterBlödeln ist menschlich, das kapiert die KI einfach nicht
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Aufführung am Theater im Bauturm: „Are you human“
Copyright: Ingo Solms
Gibt es eigentlich eine Grenze dafür, wie überflüssig der Mensch werden kann? In „Are You Human“, dem neuen Stück des Kölner Ensembles „fast verwegen“, ist der Grenzstein in die Welt der Computer gewandert. Regisseurin und Autorin Nastassja Pielartzik hat das Geschehen bei diesem Auswärtsspiel der Studiobühne Köln im Theater im Bauturm allerdings zuerst einmal in eine Kulisse zwischen Boulevard und den „Fussbroichs“ platziert. Hier geht die dreiköpfige Familie der Emils (Alexandra Hespe, Carmen Konopka und Anna Sander) ihren kleinen Gaunereien nach. Trickbetrügereien mit dem Telefon, selbstverfasste Spam-Mails und fast schon rührende Fishing-Versuche verorten das im stilechten Trainingsanzügen aus Ballonseide gekleidete Familienunternehmen in die Steinzeit der Internetbetrügereien.
Eine dystopische Zukunft, mit mundendem Süßstoff eingetrichtert
Wer werden bei diesem „Biedermann und die Brandstifter-2.0“ denn die „Firestarter“ sein? Ist es der durch ein Datenleck im Wohnzimmer des Familienunternehmens eindringende Joseph Bazuaye, Prinz von Nigeria (Marcus Chiwaeze)? Oder doch die immer forscher auftretende „Kira“ (Nastassja Pielartzik), die unheilvolle Assoziationen an Hal 9000 weckt, dem Urvater aller außer Kontrolle - der Menschen - geratener Künstlicher Intelligenzen? Bis diese Frage im Stück ihrer Klärung entgegensieht, gibt es ein herrlich albernes Zwischenspiel mit buntgekleideten Bit Goblins, digitale Fehlversuchen, die im Rechner ihr gespenstiges Unwesen treiben.
Wie schon in „BumBumBang“ dem letzten Stück von „fast verwegen“, scheut das Frauenquartett nicht, sein Publikum mit fröhlich naiven Albernheiten und boulevardeskem Blödeleien in Form von Kalauer-Kaskaden bei den „Fussbroichs/Emils“, zu unterhalten. Wie bei kranken Kindern bekommt der Zuschauer hier die bittere Medizin einer dystopischen KI-Zukunft mit wunderbar mundendem Süßstoff eingetrichtert. Blödeleien mit Samuel Beckett werden hier geboten, wenn in dialogischen Loops sich hinter absurd anmutenden Szenarien das reale Grauen eines gesellschaftlichen Versagens im Umgang mit KI abzeichnet.
Die ungelenken Spam-Mails aus Nigeria von angeblich schwerreichen Adeligen dürften eher rassistische Vorurteile gegen die Bevölkerung dieses afrikanischen Staates befeuern, als tatsächlich viele Nutzer des Internets in den finanziellen Ruin treiben. Aber wer erkennt noch wirklich die subtilen Methoden von Millionen Bots, die mit demokratiefeindliche Botschaften das Netz fluten? Der Wald, der hier vor lauter Bäumen nicht gesehen wird, brennt schon lichterloh.
Termine: 14., 15.2., 20 Uhr, 16.2. 18 Uhr, Theater im Bauturm, Köln