„Politische Agenda“NS-Dok Köln zeigt Ausstellung über Antifeminismus

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Zu sehen sind zwei Männer, die vor einer Infotafel im NS-DOK Zentrum in Köln stehen, Henning Borggräfe und Ilja Gold

02.07.2024, Köln: Der Direktor des NS-dok-Zentrums Henning Borggräfe und Kurator Ilja Gold (v.l.) zeigen die neue Ausstellung.

Auch Aspekte wie Queerfeindlichkeit und der Antifeminismus als Bestandteil von Rechtsextremismus werden in der Ausstellung sichtbar.

„Antifeminismus – eine politische Agenda“ lautet der Name einer multimedialen Schau im NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok), die am Donnerstag, 4. Juli, eröffnet wird. Bis zum 2. Februar 2025 erfahren Besucherinnen und Besucher, wie das Konzept des Antifeminismus eine politische Agenda der Einschränkung und Verhinderung von Teilhabe verfolgt und sich gegen Veränderungen richtet, die nach mehr Gleichberechtigung streben und vielfältige Lebensweisen ermöglichen.  

„Antifeminismus entsteht nicht aufgrund des fortschreitenden Feminismus“, sagt Rebekka Blum von der evangelischen Hochschule Freiburg am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Schau. Blum hat maßgeblich an der Konzeption der neuen Schau mitgewirkt. Antifeminismus werde dadurch erst als strukturelle und zielgerichtete Problematik sichtbar gemacht und sei besser zu definieren.

Antifeminismus zeigt sich auf vielfältige Weise

„Feminismus werde nicht mehr gebraucht, das behaupten zumindest antifeministische Akteure, die den Feminismus pauschal ablehnen“, sagt Henning Borggräfe, Direktor des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Dabei zeige sich Antifeminismus erschreckend häufig und auf vielfältige Weise.

Eine Frau hält eine Kugel in der Hand, in der sich Papierschnipsel mit Text befinden.

Rebekka Blum von der Evangelischen Hochschule Freiburg hat die Ausstellung mit konzipiert.

In vier „Themeninseln“ im Gewölbe des historischen Gebäudekomplexes am Appellhofplatz liegen die Schwerpunkte der Ausstellung auf Begriffserklärungen und Abgrenzungen zu anderen diskriminierenden Sammelbegriffen wie Sexismus und Frauenhass, sowie auf einer historischen Darstellung und Einordnung des Antifeminismus in Deutschland mit zahlreichen Beispielen und Hintergründen. So geht es um die zielgerichtete Verhinderung von Partizipation und Mitbestimmung und die Ablehnung körperlicher, sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung.

Politische Agenda mit dem Ziel, Teilhabe zu verhindern

Aspekte wie die Queerfeindlichkeit und der Antifeminismus als Bestandteil von Rechtsextremismus sind weitere Dimensionen, über die die Schau herausarbeitet, dass häufig auch Gewalt als Werkzeug zu Umsetzung antifeministischer Ziele und Vorstellungen genutzt wird. „Antifeminismus beschreibt nicht jede Art von Feminismus-Kritik“, erläutert Julia Haas vom NRW-weiten Projekt „Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ des Wuppertaler Vereins Initiative für Demokratie und Toleranz, das gemeinsam mit dem NS-Dok die Ausstellung entworfen und realisiert hat.

„Es handelt sich vielmehr um eine politische Agenda, deren Ziel es ist, die Teilhabe aller Menschen an gesellschaftlichen und demokratischen Prozessen zu verhindern oder einzuschränken“, so die Kuratorin weiter.

Papaya symbolisiert Ungleichheit in der Gesellschaft

Mit Fokus auf den bundesdeutschen Kontext gibt die Ausstellung Impulse und will zur Auseinandersetzung anregen. Das geschieht sowohl durch Audiobeiträge, Informationstafeln und historische Einordnungen sowie konkrete Geschehnisse, die in den Räumen der Schau im NS-Dok begeh- und erlebbar sind. Eine Papaya etwa, beleuchtet in einem Glaskasten ausgestellt, steht beispielhaft dafür, dass Gleichberechtigung und Selbstbestimmung längst nicht in der Mitte der Gesellschaft verankert sind. „Studierende der Medizin müssen anhand der Frucht üben und lernen, wie sie eine Abtreibung vornehmen“, sagt Mitkurator Ilja Gold vom NS-Dok.

Denn in den deutschen Universitäten existieren bis heute keine Lehrpläne dazu, obwohl viele Ärzte und Ärztinnen Abtreibungen regelmäßig vornehmen. „Was mache ich hier?“, ist unter der Papaya zu lesen, die symbolisch für ausbleibende oder nur langsam erzielte Fortschritte steht.

Ein Sonderraum zeigt den Gästen, wie Antifeminismus etwa über soziale Medien Wege sucht, um Frauen einzuschüchtern und bietet Gelegenheit, die Inhalte der Ausstellung zu reflektieren. Hier erhalten Besucherinnen auch Informationen über Hilfsstellen und die Arbeit von Initiativen, die sich gegen Antifeminismus engagieren.

Die Wechselausstellung „Antifeminismus – eine politische Agenda“ im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in Kooperation mit dem Projekt „Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ wird am Donnerstag, 4. Juli 2024, um 19 Uhr eröffnet. Dienstags und freitags ist die Schau von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet, Samstag und Sonntag von 11 Uhr bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt 4,50 Euro, ermäßigt 2 Euro.

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