Einzelhändler haben es schwer in der Feiermeile Altstadt. Ein Süßigkeitenladen muss jetzt aufgeben, die Altstadt-Rösterei zieht um.
Süßigkeiten-Laden gibt aufEinzelhändler in der Kölner Altstadt haben es schwer
„That’s amazing“, schwärmt die Touristin aus Minnesota. Einfach wundervoll findet sie „Kremers Nascherlebnis“ in der Lintgasse in der Altstadt. Ein schönes Gebäude aus dem 17. Jahrhundert mit beeindruckender Holz-Wendeltreppe – und überall bunte Süßigkeiten, liebevoll arrangiert auf Fässern und in Weinkisten.
Doch das „Erlebnis“ wird es nur noch bis Ende Oktober geben. Inhaber Christian Kremer (41), gebürtiger Kölner und Sportwissenschaftler, hatte sich mit dem Geschäft einen Traum erfüllt. „Ich wollte immer schon einen Laden in der Altstadt haben.“ Den muss er Ende Oktober aufgeben. „Ich tue das schweren Herzens, aber es stand eine Mietverlängerung für weitere drei Jahre an und das ist einfach zu riskant“, sagt er.
Viele Baustellen in der Kölner Altstadt
Das bittere Ende habe mehrere Gründe. Das Geschäft hatte er im Sommer 2020 angemietet – und dann sofort mit Corona zu kämpfen. „Die Altstadt war leer.“ Dann kam die Inflation und immer teurere Rohstoffe für die Ware. Die Situation hat sich zwar verbessert. „Der April war bisher unser bester Monat überhaupt.“
Aber das Hoch kommt zu spät. Außerdem habe die Altstadt-Lage doch mehr Tücken als gedacht. Die Lintgasse sei mehrmals durch Baustellen blockiert gewesen – und bei einer so schmalen Straße bedeutet das, dass tatsächlich kein Passant mehr durchkommt. Seit Monaten steht zudem an der Ecke Lintgasse/Fischmarkt ein großes Gerüst wegen des Umbaus eines Hotels. Der Eingang zur Gasse ist kaum noch zu sehen.
Und die Lintgasse ist nicht unbedingt ein Hauptweg für die Touristen. Auch fehle es im Umfeld an anderen Einzelhändlern, die Passanten anlocken könnten. Die Altstadt ist eben eine Feiermeile. „Hier gibt es ja nur Kneipen und Restaurants.“ Eigentlich schade um die schönen Gässchen, findet Kremer. Aber er muss zugeben: „Früher bin ich auch nur zum Kölsch-Trinken in die Altstadt gegangen.“
Rösterei in der Kölner Altstadt zieht um
Das Image der Feiermeile zu verändern, ist auch das Ziel von Patrick Köhler (33) und Robin Kracht (29), die vor einem Jahr ihre Altstadt-Rösterei an der Gasse Buttermarkt eröffneten. „Wir gehen volles Risiko ein, um wieder Leben in die Altstadt zu bringen“, sagten sie damals dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
In dem historischen Gemäuer, in dem zuvor ein Nußknacker-Museum war, gibt es direkt gehandelten und in drei Maschinen frisch gerösteten Kaffee. 20 Sorten sind es inzwischen, eine Tonne kann pro Monat geröstet werden. Die Kaffee-Spezialitäten gibt es an einer kleinen Bar auch zum Probieren.
Das Kaffeegeschäft laufe gut, sagen die beiden. „Allerdings nicht wegen des Ladens, sondern wegen des Online-Handels“, sagt Robin Kracht. Sie verkaufen vor allem im Internet und haben dank cleverer Vermarktung viele Kontakte zu Firmen, die Events veranstalten oder spezielle Abfüllungen mit Firmenlogos bestellen. Auch Influencer bewerben die Rösterei.
Kölner Gründer hätten mehr vom Standort in der Altstadt erwartet
Aber: „Von dem Standort hatten wir uns mehr erhofft. Es gibt weniger Laufkundschaft als wir dachten. Von den Touris und unseren Stammkunden aus der Nachbarschaft könnten wir nicht leben“, sagt Köhler. Denn: Die Rösterei liegt fast am Ende des Buttermarkts in Richtung Markmannsgasse – und ist kaum zu erkennen. Die Stadt erlaubt nur ein kleines Schild und es dürfen keine Tische und Stühle aufgestellt werden, damit genug Platz für die Bimmelbahn ist, die hier langfährt.
Doch aufgeben wollen die beiden nicht, im Gegenteil. Sie ziehen am Buttermarkt einfach ein paar Meter weiter an die Ecke Salzgasse. „Die paar Meter machen es aus. Hier ist die Passanten-Frequenz 95 Prozent höher“, sagt Kracht.
Die Salzgasse sei eine der Hauptlaufstrecken der Touristen. In den Räumen mit den schönen geschwungenen Fenstern und der prächtigen Holzempore war lange ein Bernsteinschmuck-Laden. Der brannte Weihnachten aus und die Besitzerin wollte nicht noch einmal von vorne anfangen. Köhler und Kracht griffen zu. Der Vermieter sei glücklich. Eine Döner-Bude habe er auf keinen Fall hier haben wollen.
Der bisherige Laden wird dann nur noch für Veranstaltungen genutzt, in dem neuen wollen sie ein Kaffee-Museum einrichten – wohl wissend, dass „Museum“ ein großes Wort ist. Sie werden historische Kaffeemühlen ausstellen und die Geschichte des Kaffees darstellen. Und natürlich Kaffee verkaufen. Am 1. Oktober soll die Eröffnung stattfinden. „Die Altstadt ist ein guter Standort, das Potenzial ist da. Man muss nur ein paar Tricks anwenden.“
Christian Kremer wird noch bis Ende Oktober süße Andenken an Köln verkaufen. Der Renner sind die Kölsch-Gläser, die mit bierfarbenen Zitronen-Fruchtgummis gefüllt sind. Danach will er auch das Inventar seines Traumes verkaufen.