Neueröffnung in Köln„Volles Risiko, um die Altstadt wieder zu beleben“
Köln – „Die Leute haben bei uns an die Scheibe geklopft und gefragt: Wann macht ihr endlich auf?“, erzählt Patrick Köhler. Zu verlockend sieht das Ambiente der Altstadt-Rösterei im Gässchen „Buttermarkt“ aus. Nun ist es soweit. Es gibt etwas Neues in der vielgescholtenen Altstadt.
Gemeinsam mit Kompagnon Robin Kracht hat Köhler die Räume des ehemaligen Nussknacker-Museums umgebaut, dessen Inhaber sich zur Ruhe gesetzt hat und wollte, dass hier „etwas Vernünftiges reinkommt“. Nun ist die Rösterei geöffnet, wenn auch zunächst nur donnerstags bis samstags.
Kracht (28) und Köhler (33) haben Zwischenwände herausgerissen und Ziegel herausgeputzt, damit die hohen Decken und Bögen in dem historischen Lagerhaus einer Schiffsgesellschaft wieder in den Vordergrund rücken.
In zwei Spezialmaschinen werden fair gehandelte Bio-Kaffeebohnen aus Projekten beispielsweise in Malawi, die die beiden betreuen, geröstet und der Kaffee frisch zubereitet. Es gibt einige Sitzplätze, unter anderem auf der Holzempore. Spezialität ist unter anderem der Espresso Cubano, bei dem Kaffee und Rohrzucker gleichzeitig in den Siebträger gefüllt werden.
Drei Ladenlokale in Kölner Altstadt gemietet
Gleich gegenüber auf der anderen Seite der Gasse betreiben die beiden schon länger ein Geschäft für nachhaltige Produkte, und neben der Rösterei eröffnen sie nun auch noch einen Pop-up-Store für junge Unternehmen.
„Wir gehen volles Risiko, um die Altstadt wieder zu beleben“, sagt Köhler lachend. Volles Risiko, aber nicht blauäugig. Kracht ist Software-Entwickler, Köhler war mit einer Werbeagentur selbstständig, beide haben schon lange Erfahrung im Online-Handel. Auch die Kaffeebohnen verkaufen sie vor allem im Internet – und in dem kleinen Laden am Buttermarkt. „Viele Leute sagten zu uns: Wegen euch bin ich zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder in die Altstadt“, erzählt Robin Kracht. Und fanden es schade, dass es in dem Gässchen kein Café gab, wo man ihn trinken kann.
Gegen Billig-Gastro in der Kölner Altstadt
Das gibt es jetzt und auch die Nachbarn hätten sich sehr über den frischen Wind – und den guten Kaffee – gefreut. Der Vermieter sehe es als große Chance. Unterstützt worden seien sie auch von Joachim A. Groth, dem Vorsitzenden der Bürgergemeinschaft Altstadt, die sich für die Aufwertung der Altstadt einsetzt. Damit diese nicht immer nur mit einfallenden Kegelclubs und Billig-Gastro in Verbindung gebracht wird.
Und so langsam scheint sich auch wirklich etwas zu tun. Kurz vor der Rösterei eröffnete das Restaurant „Pvls“ im neuen Legend-Hotel im Roten Haus am Alter Markt. Patron ist Daniel Gottschlich, der in seinem „Ox & Klee“ im Rheinauhafen zwei Sterne erkocht hat. 17 Jahre lang klaffte hier am Alter Markt eine Baulücke, nun ist urbaner Luxus eingezogen.
Am Fischmarkt machte Ende 2021 das „Feinfein“ mit spektakulär hergerichtetem Ambiente im ehemaligen „Kleinen Stapelhäuschen“ auf – also in einem der wohl meistfotografierten Giebelhäuschen-Ensembles der Altstadt. Das erfahrene Kölner Gastronomen-Paar Nadja Mahér und Thomas Wippenbeck ist mit dem klaren Ziel gekommen, „hier einen Ort zu schaffen, wo der Kölner gerne hingeht“.
Dass die Kölner die Altstadt wiederentdecken – das will auch Manuela Mirschenz, die im September vergangenen Jahres an der romantischen Gasse „Auf dem Rothenberg“ im lange leerstehenden ehemaligen Kauri-Keller ihr Medizinhistorisches Museum einrichtete. Das Museum laufe nach der kleinen Corona-Durststrecke im Winter nun seit April „richtig gut“.
Party-People sind weiterhin in der Altstadt
Die häufigste Reaktion der Besucher ist Überraschung: „Oh, das ist aber eine schöne Ecke und endlich mal was Hochwertiges.“ Kölner und Touristen seien begeistert von der hübschen Gasse und dem denkmalgeschützten Haus mit dem Torbogen. „Hier werden sehr oft Hochzeitsfotos gemacht oder kleine Filme gedreht“, erzählt sie.
Klar gebe es noch immer die Party-People, aber langsam mische sich das Publikum. Und es kommen langsam auch wieder internationale Touristen. Manuela Mirschenz hat deshalb schon Audioguides auf Französisch und Niederländisch produzieren lassen, Spanisch und Italienisch sollen folgen.
In der Tat ist die Altstadt wieder gefüllt mit Reisegruppen und Kreuzfahrttouristen, die ihren Reiseleitern folgen und über Kopfhörer die Geschichten über das alte Köln in den verschiedensten Sprachen erzählt bekommen.
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Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus, zog deshalb auch eine erste positive Bilanz. „Der Jahresstart zeigt sich vielversprechend und lässt uns optimistisch auf die anstehenden Entwicklungen im Städtetourismus blicken.“ Niederländer, Belgier und Briten seien schon wieder da. „Durch die Lockerungen der internationalen Reisebestimmungen steigen die Übernachtungszahlen aus den ausländischen Märkten kontinuierlich an. Wir hoffen, im Jahresverlauf wieder an die Zahlen von Vor-Corona aus 2019 anschließen zu können.“
Kölner Bimmelbahn hält an Rösterei
Damit dann auch alle die Altstadt-Rösterei finden, arbeiten die Betreiber zur Zeit an einer Broschüre zu den Attraktionen in den Gässchen und schlagen vor, dass an der Ecke zur Markmannsgasse, auf der Besucher vom Heumarkt herunter zum Rheinufer gehen, Hinweisschilder aufgestellt werden.
Wer weiß, welche Querverbindungen sich dann noch ergeben. Die Kölner Bimmelbahn fährt über den Buttermarkt und hält schon jetzt oft bei der Rösterei an – wenn auch noch ohne Fahrgäste. Weil der Fahrer den Kaffee so gerne mag.