Das Michaelsportal im Kölner Dom wurde bis zum Sommer restauriert. Nun wurde das Ergebnis der Arbeiten offiziell vorgestellt.
Arbeiten am WahrzeichenRestauriertes Michaelsportal am Kölner Dom vorgestellt
Als 1287 der 16-jährige Werner, ein im Hunsrück geborener Tagelöhner, in einem Wald tot aufgefunden wurde, kam rasch das Gerücht auf, Juden aus Oberwesel hätten einen Ritualmord an ihm begangen. Dies löste am Mittelrhein ein Pogrom aus. Lange wurde Werner von Oberwesel, als der er bekannt wurde, als Volksheiliger verehrt. Im 19. Jahrhundert fand eine steinerne Skulptur, die ihn darstellte, ihren Platz am Michaelsportal des Kölner Doms, dem zentralen Eingang der nördlichen Querhausfassade. Dort blieb sie bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
Seit 2013 sind die Archivolten, also die Bogenlaibungen des Portals, und das Tympanon genannte Relieffeld über dem Türsturz aufwändig restauriert worden. Doch auf die Wiederherstellung der Figur des Werner hat man wegen der antisemitischen Geschichte, die mit ihm verknüpft ist, bewusst verzichtet. Auf diese Lücke und den Grund dafür wies Dombaumeister Peter Füssenich hin, als er am Montag zusammen mit Michael Kreuzberg, dem Präsidenten des Zentral-Dombau-Vereins, das restaurierte Portal vorstellte.
„Lesbarkeit“ des Bildprogramms wurde wiederhergestellt
Ziel der Arbeiten, die in diesem Sommer abgeschlossen wurden, war es, die „Lesbarkeit“ des Bildprogramms wiederherzustellen, dessen Thema die „Verwirklichung des Erlösungswerks in der Menschheit durch Christus und seine Stiftung in der Kirche“ ist. Das Tympanon zeigt in vier zeilenartig untereinander angeordneten Schmuckfeldern Szenen aus dem Leben Jesu und der Apostelgeschichte, beginnend mit der Übergabe des Hirtenamtes an Petrus . In den Archivolten sind auf Baldachin-Konsolen thronende Figuren von 58 Schutzpatronen unterschiedlicher Stände, Künste und Gewerbe angebracht.
Alles zum Thema Kölner Dom
- Christmette im Kölner Dom Woelki spricht zu Weihnachten von „Friedensoffensive“
- Tanne mit Namen, Rehgulasch, Rituale So feiern Kölner Prominente das Weihnachtsfest
- Kölner Philharmonie Poppen lässt es zu Weihnachten freundlich dahinplätschern
- Lieblingsorte am Dom Platz für alles, was die Kölner lieben
- Heimatgefühle im Dom Felix Danscheid verbringt jedes Weihnachten singend im Chor
- Regional und Last-Minute Hier gibt es in Oberberg kurz vor Weihnachten noch Geschenke
- Arbeit an Domfassade Kölner Steinmetz hat seinen Lieblingsort auf fast 110 Meter Höhe
Die zentrale Gestalt des Erzengels Michael als Beschützer der Kirche und des Deutschen Reiches am Mittelpfeiler wird von acht Figuren an den seitlichen Begrenzungen des Portals flankiert; sie verkörpern die Vertreter der geistlichen Stände und Ordensgründer. Der gotische Ziergiebel, der Wimperg, zeigt als zentrale Figur den auferstandenen Christus mit der Siegesfahne.
Im Zweiten Weltkrieg wurde wegen der Nähe zum Hauptbahnhofs als strategischem Ziel der Luftangriffe besonders die Nordquerhausfassade beschädigt. Hinzu kam, wie Füssenich sagte, dass Soldaten sich einen Spaß daraus machten, auf die steinernen Figuren zu schießen. Während die großen Bauschäden am Dom in der Nachkriegszeit behoben wurden, sind bis heute unzählige kleinere Zerstörungen zu erkennen. Zu Beginn der zehnjährigen Arbeiten am Michaelsportal klafften noch immer Einschusslöcher und kraterförmige Aussprengungen in den Archivolten und im Tympanon. Bei der Restaurierung sollte möglichst viel Originalsubstanz erhalten bleiben.
Eine vollkommene Beseitigung der Schäden war nicht geplant, damit auch für künftige Generationen Spuren des Krieges sichtbar bleiben, sofern dies nicht den Gesamteindruck beeinträchtigt. Zunächst wurden die aus Kalkstein gefertigten Figuren und Reliefs oberflächenschonend gereinigt. Dann wurden kriegszerstörte Bogenstücke, Konsolen-Baldachine und Skulpturen ergänzt. Als Material diente weißer und ockerfarbener Kalkstein aus Frankreich, der sich von dem alten, dunklen Stein deutlich abhebt.
Wegen der kleinteiligen, detailreichen und vielfach durchbrochenen Gestaltung war es für die Steinmetze am kniffligsten, die ganz oder teilweise zerstörten Baldachine wiederherzustellen. Um die Figuren zu erneuern oder zu ergänzen, nahmen die Bildhauer die zumeist gut erhaltenen Gipsmodelle aus der Werkstatt des Dombildhauers Peter Fuchs, die im Depot der Dombauhütte aufbewahrt werden, als Vorbilder.
Köln: Dombauhütte erhielt Preis für Arbeit am Michaelsportal
Für die Arbeit am Michaelsportal erhielt die Dombauhütte 2022 den Sonderpreis des renommierten Peter-Parler-Preises. Die Juroren lobten das „konstruktive Miteinander von Steinmetzhandwerk, Bildhauerkunst und Restaurierungswissenschaft“ unter Einbeziehung von Gewerken wie fotografischer Dokumentation und Gerüstbau. „Die Dombauhütte hat wieder einmal gezeigt, was in ihr steckt“, sagte Michael Kreuzberg.
Die Wiederherstellung der im Krieg zerstörten Portalbereiche wurde mit Mitteln aus dem Erbe der Engländerin Berta Woodward finanziert, die der Dom 2012 über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz erhalten hatte. Die Restaurierung der Skulpturen und Reliefs wurde mithilfe eines Patenprogramms des Zentral-Dombau-Vereins bezahlt. Dabei kamen 750 000 Euro von 111 Spendern zusammen, darunter ein großer Betrag von einer Karnevalsgesellschaft.
Schon bald wird am Portal wieder ein Gerüst aufgebaut. Dann beginnt die Restaurierung des Wimpergs und der acht Figuren an den Seiten des Portals.