Die englischen Fans hoffen auf einen Sieg gegen Slowenien, um Deutschland im EM-Achtelfinale aus dem Weg zu gehen.
Freude über schottisches AusscheidenEnglische Fans feiern vor EM-Spiel in Köln auf dem Alter Markt
Wie auf ein unsichtbares Zeichen beginnen die englischen Fans auf dem Alter Markt am Nachmittag zu singen. Rauchbomben und rote Fackeln gehen in die Luft, so leuchtend wie manch sonnenverbrannter Oberkörper. „England 'til I die“, England, bis ich sterbe, singt die Menge und „Let's start a fire, let's start a fire in my soul“, frei nach Bruce Springsteens Klassiker „Dancing in the dark“. Sie frohlocken über das schottische Ausscheiden und dass die Kölschvorräte der Gaststätten nach dem Besuch des Erzfeindes vergangene Woche wieder aufgefüllt wurden.
Die von Polizei, Stadtverwaltung und EM-Organisatoren befürchtete Fan-Invasion ist bis zum Dienstagnachmittag jedoch ausgeblieben. Der Bahnhofsvorplatz und die Domplatte sind nicht überfüllt. Einige tausend Fans sind in der Altstadt unterwegs, darunter auch viele slowenische Anhänger.
Anders als die Schotten sind die Anhänger der Three Lions keine große Masse, die sich an einem zentralen Ort sammelt. Sie setzen sich aus kleinen Gruppen zusammen, die sich auf dem Alter Markt und in den Gaststätten entlang des Rheinufers einen Platz im Schatten suchen. Ihren Verzicht auf einen gemeinsamen Fanmarsch zum Stadion hatten die englischen Fans bereits im Vorfeld mitgeteilt.
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Köln: Rot-Weiße Landesflaggen dominieren in der Altstadt
Stattdessen haben sie jede freie Stelle an der Uferbrüstung, an Rollgittern oder der Umzäunung des Jan-von-Werth-Brunnens mit der immer gleichen rot-weißen Landesflagge behangen. Darauf: Der Name des heimischen Fußballclubs, dessen Wappen, die Queen, das Konterfei eines verstorbenen Kamerads oder irgendeine Referenz an den Zweiten Weltkrieg. Viele Fans nutzen die kostenlose Fähre am Deutzer Rheinufer und statten dem Dom einen Besuch ab.
Auf dem Alter Markt bolzen die Fans immer wieder einen Ball in die Luft, der krachend wie die Niederlage der Three Lions im EM-Finale 2021 zwischen den Menschen oder auf den Kneipentischen einschlägt. Ein bisschen rücksichtslos ist das, doch die meisten Beinahe-Getroffenen schicken den Ball lachend auf den nächsten Kamikaze-Flug. Ansonsten lassen sie zunächst sogar den zahlenmäßig unterlegenen slowenischen Fans die Hoheit über die Gesangskulisse.
England droht Achtelfinale gegen Deutschland
Vor einer Kneipe am Alter Markt und in der prallen Sonne sitzen Jack, Sam, Callan, Joe und Josef. Ihre Fahne, die sie an die Fassade gehängt haben, zeigt das Wappen der Bolton Wanderers, ihrem Verein. Ungefähr 50 bis 60 Bier habe die Gruppe schon getrunken, räumt Sam ein, während er zusammenzuckt, weil der Kamikaze-Fußball in ihre Nähe fliegt. „Das sind aber auch keine Pints“, sagt Jack mit Blick auf die 0,3-Plastikbecher. „Eher Half-Pints.“ Wie er wohl reagiert, wenn man ihm richtige Kölsch-Gläser zeigt?
Sie seien seit dem Vortag in Köln und hofften auf einen Sieg ihrer Mannschaft. „Um Deutschland im Achtelfinale aus dem Weg zu gehen – unter Southgate wird das nie was“, orakeln sie. Nur zwei von ihnen haben Karten fürs Stadion, Josef hat eine für das Achtelfinal-Spiel im unter England-Fans so unbeliebten Gelsenkirchen – wo die Three Lions aber nur als Gruppensieger spielen würden. Den bleibenden Eindruck, den die Schotten vergangene Woche bei den Kölnern hinterließen, wollen sie gar nicht übertreffen: „Wir sind sowieso besser, denn wir sind weiter, sie sind raus“, antwortet Callan.
Voll wurde es ab 16 Uhr an der KVB-Haltestelle Heumarkt. Tausende englische Fans machten sich mit Bahnen zum Stadion auf. Die Deutzer Brücke wurde aus Richtung rechtsrheinisch gesperrt, weil sich die Menschen auf der Fahrbahn in Höhe des Reiterdenkmals drängten. Die Polizei hielt eine Gasse für Einsatzfahrzeuge frei. Die Stimmung unter den geduldig wartenden Fans blieb ausgelassen und friedlich.
Auf dem Alter Markt steigen Stimmung und Alkoholpegel indes an, mehr freie Oberkörper und ein aufblasbares Kampfflugzeug sind zu sehen. Bis zum Anpfiff um 21 Uhr werden die Fans ohne Ticket zum Konrad-Adenauer-Ufer ziehen. Laut, bestens gelaunt und stark angeheitert.