Während der Schließung wird das zweitbeliebteste städtische Museum nicht übergangsweise an anderer Stelle ausstellen.
GeneralinstandsetzungWallraf-Richartz-Museum muss für rund eineinhalb Jahre schließen
Das Wallraf-Richartz-Museum (WRM) als zweitbeliebtestes städtisches Museum soll während der Generalinstandsetzung des Gebäudes für rund eineinhalb Jahre komplett schließen – und während dieser Zeit auch nicht übergangsweise an anderer Stelle ausstellen. Das bestätigte WRM-Direktor Marcus Dekiert auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Das WRM ist 2001 eröffnet worden und soll zwischen August 2026 bis März 2028 schließen. So steht es in der Ausschreibung, in der die Stadt einen Generalunternehmer für das Bauvorhaben sucht. In dieser Zeit werden die Kunstexponate gesichert und ausgelagert, das Museum instandgesetzt, später kommen die Bilder wieder zurück und die Ausstellung wird vorbereitet.
Stadtrat soll über Pläne diskutieren
Laut Dekiert will die Verwaltung dem Kölner Stadtrat Anfang des Jahres die Pläne vorlegen, damit sie darüber diskutieren kann und den nötigen Baubeschluss beschließt.
Dekiert hatte in der Vergangenheit ursprünglich eine Instandsetzung im laufenden Betrieb favorisiert, jetzt sagte Dekiert aber: „Ich gehöre eigentlich zu den Menschen, die der Auffassung sind, man sollte bis zum letzten Moment öffnen. Aber es muss doch mehr gemacht werden als gedacht und deshalb können wir währenddessen keine Kunst zeigen.“
Erweiterungsbau für 95 Millionen Euro
Laut Dekiert haben sich die Verantwortlichen bewusst dagegen entschieden. „Ich hätte uns das gerne erspart, aber wir müssen der Vernunft folgen.“ Bei der zuletzt erfolgten Dachsanierung war der Betrieb laut seiner Aussage leichter weiterzuführen.
Aktuell lässt die Stadt auf dem Nachbargrundstück den Erweiterungsbau für das Museum bauen, er wird später unterirdisch mit dem WRM verbunden. Laut dem monatlichen Bericht von der Baustelle aus dem November soll das Gebäude im Juni 2027 fertig sein, danach soll die Inbetriebnahme des Museums folgen. Die Eröffnung ist für April bis Juni 2028 vorgesehen.
Ähnlich ist der Zeitplan für das Haupthaus, beide Bauprojekte sollen zeitgleich beendet sein. Für die Generalinstandsetzung waren 2022 mal 16 bis 18 Millionen Euro angesetzt, ob es dabei bleibt, zeigt sich Anfang des Jahres. Für die Erweiterung sind 95,1 Millionen Euro vorgesehen.
Das WRM lädt die Besucherinnen und Besucher laut Internetseite ein „zur unmittelbaren Begegnung mit Meisterwerken der europäischen Kunst. Das Museum besitzt eine der wichtigsten Sammlungen mittelalterlicher Malerei weltweit.“ Es geht um die Zeit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert.
Interimsfrage ist bedeutend
Im Jahr 2023 kamen 121.475 Gäste, das entspricht 18,4 Prozent der insgesamt 660.332 Besucher in den acht städtischen Museen. Damit ist es das Museum mit den zweitmeisten Besuchern. Auf Rang eins liegt das Museum Ludwig mit 282.350 Besuchern.
Wo und ob Museen während der Sanierung ihrer Häuser ihre Kunst weiter ausstellen, ist eine Frage, an der sich unter anderem entscheidet, wie attraktiv sie weiter für Besucher sind und wie teuer ein mögliches Interim ist.
Das zeigt das Beispiel des Römisch-Germanischen Museum (RGM) am Welterbe Dom. Viele Jahre war das sanierungsbedürftige RGM von 1974 statt des WRM das zweitbeliebteste städtische Museum, 2018 etwa kamen 193.164 Gäste in das Haus am Roncalliplatz.
Jahrelange Sanierung am Dom
Damit war es nach dem Umzug 2019 in das sogenannte Belgische Haus als Interimsheimat vorbei: In das deutlich kleinere Haus, das rund 1,5 Kilometer vom Dom entfernt ist, kamen voriges Jahr nur 49.227 Besucher. Das ist nur noch ein Viertel. Die Sanierung des RGM soll Stand jetzt 2028 beendet sein, das Haus 2029 nach elf Jahren wieder eröffnen.
Und wenn in einigen Jahren der Gebäudekomplex von Museum Ludwig und Philharmonie am Dom aus dem Jahr 1986 saniert werden muss, könnte die Philharmonie sogar eine Interims-Spielstätte gebaut bekommen. Das ist eines von vier Szenarien, die die Stadt in der Vergangenheit durchgespielt hat (wir berichteten).
Im Entwurf des städtischen Haushaltes für 2025 und 2026 heißt es: „Die Bausubstanz und technischen Anlagen des Gebäudekomplexes sind in einem sanierungsbedürftigen Zustand.“
Die teuerste Variante kostet laut der ersten städtischen Schätzung aus der Vergangenheit 1,1 Milliarden Euro, in diesem Fall würde die Philharmonie sogar einen neuen Standort erhalten. Die günstigste Variante inklusive einer Interims-Philharmonie kostet demnach 780 Millionen Euro.
Wie berichtet, hat die Stadt München etwa eine Interims-Philharmonie bauen lassen. Unter anderem Kulturdezernent Stefan Charles und Baudezernent Markus Greitemann haben sich in München schon informiert.
Was passiert mit Museum Ludwig und Philharmonie?
Noch ist keine Entscheidung gefallen, wie es mit dem stadtbildprägenden Bau am Rhein weitergeht. Es braucht noch vertiefte Analysen für das Ludwig und die Philharmonie. Ohnehin würde die Generalsanierung erst Mitte der 2030-Jahre stattfinden, zuletzt hat die Verwaltungsspitze dem Großbauprojekt keine große Priorität mehr eingeräumt im Vergleich mit anderen Bauvorhaben.
Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig, hatte sich im März 2022 gegen eine längere Schließung ausgesprochen, er sagte: „Aus unserer Sicht ist es nicht vertretbar, dass ein Haus wie das Museum Ludwig über längere Zeit geschlossen wird. Dass ein Interimsquartier in prominenter Lage und mit der Größe unserer aktuellen Ausstellungsfläche gefunden wird, halte ich für sehr unwahrscheinlich.“
Lange Liste an Arbeiten
Und Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort sagte damals: „Die beste Lösung wäre eine Sanierung im laufenden Betrieb, abhängig davon, wie viel wirklich saniert werden muss. Die Arbeiten sollten dann nachts stattfinden.“
Das WRM besteht mittlerweile seit 163 Jahren, es zog in dieser Zeit mehrfach um, zuletzt 2001 aus dem Museum Ludwig in den Neubau am Historischen Rathaus (siehe Info-Text am Ende des Artikels). Der Generalunternehmer hat eine lange Liste von 40 übergeordneten Bauleistungen inklusive der Planungen abzuarbeiten.
Unter anderem sollen Türen ausgetauscht oder verstärkt werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Dasselbe gilt für Fassadenelemente. Auch die Lüftung soll saniert werden. Auch die Sicherheitstechnik an Türen und Fenstern will die Stadt nachrüsten lassen.
Daten und Fakten zum Museum:
1861 ist das Wallraf-Richartz-Museum (WRM) auf dem Gelände des ehemaligen Minoritenklosters eröffnet worden, benannt nach Kunstsammler Ferdinand Franz Wallraf (1748 bis 1824) und Kaufmann Johann Heinrich Richartz (1795 bis 1861)
1957 eröffnet das WRM in der Innenstadt nahe des Wallrafplatzes, dort stellt heute das Museum für Angewandte Kunst aus, weil das WRM 1986 in das neue Museum Ludwig zog. Dort wurde es zu eng, also folgte 2001 der Umzug, dieses Mal in das neue Haus am Rathausvorplatz.
Im Jahr der Eröffnung vermachten laut Museum der Schweizer Unternehmer Gérard Corboud und seine in Köln geborene Frau Marisol Corboud dem Museum ihre umfangreiche Sammlung von impressionistischen und postimpressionistischen Gemälden als „ewige Leihgabe“. „Aus Dank und zu Ehren der Stifter trägt das Museum seither den Namen Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud“, heißt es.
Der damals versprochene Erweiterungsbau verzögert sich um Jahrzehnte, Gérard Corboud lehnte ein Jahr vor seinem Tod deshalb die Ehrenbürgerschaft der Stadt Köln ab. 62 Prozent der Fläche des Erweiterungsgebäudes sind dafür vorgesehen, mehr Bilder als bisher zu zeigen. Die restlichen 38 Prozent wird die Stadt nutzen. (mhe)