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Nach neun Jahren SanierungKölner Hansa-Gymnasium zieht zurück in historisches Gebäude

Lesezeit 3 Minuten
Ein moderner Schulflur in alten Gemäuern: Das Hansa-Gymnasium ist für 78 Millionen saniert und erweitert.

Das Hansa-Gymnasium wurde für 78 Millionen Euro saniert und erweitert.

Schüler und Lehrer haben neun Jahre auf diesen Moment gewartet, die Stadt gab 78 Millionen Euro aus: So sieht der historische Bau mit Erweiterung aus.

Mit dem neuen Schuljahr bezieht das Hansa-Gymnasium wieder sein historisches Gebäude. Neun Jahre ließ die Stadt den imposanten Bau am Hansaring für 78 Millionen Euro sanieren. Die Schülerinnen und Schüler kamen seit 2015 im Abendgymnasium in der Gereonsmühlengasse unter. Eine ganze Generation Abiturienten sah das eigentliche Schulgebäude nie von innen. „Das hat die Identität der Hanseaten belastet“, sagte Schulleiter Moritz Magdeburg. Ab jetzt werden die 770 Gymnasiasten der Innenstadt in einer hochmodernen Umgebung lernen, die den Charakter des Gebäudes wahrt.

Am letzten Freitag der Ferien mischt Steinmetzmeister Michel Peters im Flur des 120 Jahre alten Haupttrakts der Schule einen Rot-Ton an. Peters trifft genau die Farbe der Fliesen, die seine Vorgänger 1989 verlegten. Damit überstreicht er kleine Katschen im Boden, der wie die Fenster, Türen und Gemäuer penibel restauriert wurde.

Michel Peters restauriert den Boden des Gymnasiumtrakts aus der Gründerzeit.

Michel Peters restauriert den Boden des Gymnasiumtrakts aus der Gründerzeit.

Es sei eine Herausforderung für die Gebäudewirtschaft Köln, das denkmalgeschützte Haus in Einklang mit dem modernen Schulkonzept zu bringen. Amtsleiterin Sandra Kißmann sagt bei einem Rundgang: „Wenn man so eine neue Pädagogik in ein so altes Gebäude bringen will, muss man alles mit Statikern absprechen.“

Mit Lernateliers und offenen Klassenräumen zur Vorzeigeschule

Im sanierten Hansa-Gymnasium unterrichten Lehrkräfte die je drei Klassen der Stufen 5 bis 10 in einem Cluster pro Jahrgang. Es ist eines von zwei pädagogischen Raumkonzepten, die an neu gebauten Kölner Schulen Standard werden. Zuvor war das Gymnasium eine Flurschule: einzelne Klassenräume entlang der Gänge. Jetzt öffnen sich die Räume durch Fenster und Glastüren auch nach innen.

Die Stufen 11 bis 13 werden in Lernateliers unterrichtet. Ihre Kursräume fallen auch mal kleiner aus. Auf dem ausgebauten Flur davor stehen Sitzgruppen, getrennt durch Holz-Spinde, die zugleich für eine angenehme Akustik sorgen. „Bei uns ist Flur nicht einfach Flur“, sagt Moritz Magdeburg. In den Lernateliers ist der Raum zwischen den Klassenzimmern kein Aufenthaltsbereich, sondern wird in den Unterricht eingebunden. Aufgaben sollen die Schülerinnen und Schüler auch in Sitzecken erledigen. „Für sie wird es eine Umstellung sein, anders arbeiten zu dürfen“, sagt der Schulleiter.

Der Dachstuhl des denkmalgeschützten Baus von 1989 ist jetzt freigelegt: Die „Hanseaten“ haben eine Aula in historischer Kulisse bekommen.

Der Dachstuhl des denkmalgeschützten Baus von 1989 ist jetzt freigelegt: Die „Hanseaten“ haben eine Aula in historischer Kulisse bekommen.

Einmalig dürfte die Aula im Dachstuhl mit Domblick sein. Die Originalbalken wurden durch jüngeres Holz ergänzt und eine neue Etage eingezogen – ohne die neogotischen Fenster zu beeinträchtigen, dem Blickfang am Hansaring.

Die alten Holzbalken des Dachstuhls sind heute durch neue unterstützt: Darunter wurde 2020 eine neue Etage eingezogen.

Die alten Holzbalken des Dachstuhls sind heute durch neue unterstützt: Darunter wurde 2020 eine neue Etage eingezogen.

Neue Pädagogik spiegelt sich in Schularchitektur des Hansa-Gymnasiums wider

An der vom Ring aus rückwärtigen Seite des quadratischen Schulgeländes entstand Richtung Gereonswall ein komplett neuer Bau. „Jede Epoche hat ihren eigenen Stil, vereint in einem Farbkonzept“, sagte Kißmann. Das Steingrau der neogotischen Fassade wiederholt sich im Linoleumboden des Neubaus. Das rostige Rot der Fliesen im Gründerzeittrakt passt zur Backsteinfassade der Erweiterung aus den 50er Jahren zur Ritterstraße hin.

Die Umsetzung des Bauvorhabens dauerte doppelt so lang wie zunächst geplant. Und mehr als dreimal so teuer ist er geworden. 2014 hatte die Stadt zunächst mit 23,3 Millionen Euro geplant. 2022 stieg die Summe zum vierten Mal, dann auf 78 Millionen Euro. Das habe zum einen an der „massiven“ Schadstoffbelastung des Gebäudes gelegen, sagt die Leiterin der Gebäudewirtschaft. Die Bausubstanz des Denkmals, vorgefunden in schlechterem Zustand als erwartet, war nur ein Grund.

Porträt von Schulleiter Moritz Magdeburg

Moritz Magdeburg leitet das Hansa-Gymnasium

Die Arbeiten stoppten mehrfach. Wegen mangelhafter Leistung eines privaten Planungsbüros hatte die Stadt die Wiedereröffnung zunächst von 2018 auf 2020 verschoben. Dann hatte das für Rohbau zuständige Unternehmen gekündigt, Corona für Verzögerung gesorgt und Leistungen von Handwerkern mussten mehrfach ausgeschrieben werden.

Jetzt ist das Gymnasium wieder bezugsbereit: Die „Hanseaten“ kehren zurück. Moritz Magdeburg sagt: „Mein Auftrag ist es, jetzt die neue Form des Unterrichts aus der Pädagogik einzufügen.“ In den offenen Räumen könne das Kollegium anders über Unterricht sprechen. „Es ist nicht nur ein Umzug, es ist eine komplett andere pädagogische Haltung“, sagt der Schulleiter. Das Hansa-Gymnasium ist Teil der Bildungslandschaft Altstadt Nord, ebenso das Abendgymnasium, das ab jetzt bis Ende 2027 saniert wird.