Ein Kölner Betreiberkollektiv plant, das Gebäude für 1,6 Millionen Euro zu kaufen und zu sanieren, um preiswerten Wohnraum zu bewahren.
Nachbarschaft gegen Spekulation„Auftrag Südstadt“ plant Hauskauf zur Rettung der „Lotta“
Dass ausgerechnet das Betreiber-Kollektiv der Südstadt-Kneipe „Lotta“ mal das ganz große Rad auf dem Immobilienmarkt drehen würde, hätten die Beteiligten selbst wohl am allerwenigsten erwartet. Aber jetzt geht es um richtig viel Geld. Genauer gesagt um 1,6 Millionen Euro. Soviel soll der Kauf des Hauses, in dessen Erdgeschoss die „Lotta“ angesiedelt ist, inklusive der danach notwendigen Sanierung kosten.
Angstschweiß sucht man allerdings vergeblich auf der Stirn von Rolf-Peter, der dem Betreiber-Kollektiv angehört. „Ich bin im Moment optimistisch“, sagt er. Rolf-Peter ist auch Vorstandmitglied im Verein „Auftrag Südstadt“, der für den Hauskauf gegründet wurde und dafür das Projekt „WohnBar“ ins Leben gerufen hat.
Auslöser war die Absicht der Eigentümerin, das Haus zu verkaufen. Die „Lotta“-Familie war alarmiert. Schließlich hat man die Geschichte des Nachbarhauses mitbekommen. Das wurde vor Jahren verkauft und wenig später geräumt, weil die Nutzung der Wohnungen wegen zahlreicher Mängel nicht mehr erlaubt wurde. Der Käufer hatte sich nicht mehr um die Immobilie gekümmert.
Nach einer kurzen Besetzung im Jahr 2015 wurde das Haus abgerissen. Danach stand das Grundstück leer und wechselte immer mal wieder den Eigentümer. „Ein reines Spekulationsobjekt. Und vorher wurde preiswerter Wohnraum vernichtet.“ Momentan entstehen auf dem Grundstück zwei exklusive Stadthäuser. Die Bauarbeiten sind allerdings, wie Rolf Peter beobachtet hat, immer wieder unterbrochen.
Kulturelles Angebot in Kölner Südstadt erhalten
Der „Auftrag Südstadt“ gilt allerdings nicht nur der Rettung der „Lotta“. Es soll auch Wohnraum zu erschwinglichen Preisen erhalten bleiben. „Ziel ist es, eine weitere Vernichtung von günstigem Wohnraum durch Investoren und Investorinnen und Luxussanierung zu verhindern und das kulturelle Angebot in der Kölner Südstadt zu erhalten“, fasst Rolf Peter zusammen.
Die Wohnungen in dem Haus sind 20 Quadratmeter groß und kosten 230 Euro kalt im Monat. Rolf-Peter vermutet, dass die Immobilie früher mal als Hotel genutzt wurde. Momentan steht man in Verhandlungen mit einem sozialen Träger, der zwei Wohnungen kaufen würde, wenn der „Auftrag Südstadt“ erledigt ist. „Die wollen Auszubildende in den Wohnungen unterbringen“, berichtet Max, der in der „Lotta“ arbeitet und ebenfalls in am Projekt Hauskauf beteiligt ist.
Die Eigentümerin hatte für den Hausverkauf einen Bieterwettbewerb ausgelobt. An dessen Ende stand eine Summe, die die Leute des „Auftrags Südstadt“ zunächst schlucken ließ. Dann wurde gerechnet und ein Finanzierungsmodell auf drei Säulen entworfen: Genossenschaftsanteile, private Kreditzusagen und Spenden. Anteile müssen mindestens im Wert von 500 Euro erworben werden.
Bisher wurde der Kauf von Anteilen in Höhe von rund 250.000 Euro von Privatleuten zugesagt. Dabei arbeitet „Auftrag Südstadt“ mit der WOGE e.G. zusammen. Die ist eine kleine Genossenschaft, die aus der Bürgerinitiative Nördliche Altstadt hervorgegangen ist und als Ziel benennt, dass Menschen „gemeinschaftlich, sozial und umweltverträglich wohnen und ihren Wohnraum selbst gestalten und verwalten“.
Der Plan ist, dass die WOGE Eigentümerin des Hauses wird, die WOGE, die „WohnBar“ wird das Haus verwalten. Die WOGE hat Erfahrungen gesammelt in gemeinschaftlichen Wohnprojekten am Krefelder Wall und an der Rothehausstraße in Ehrenfeld. „Unser Finanzierungsmodell sieht vor, dass wir über den Verkauf von Genossenschaftsanteilen 500.000 Euro einnehmen“, berichtet Rolf-Peter.
Noch bis Mitte April sollen Anteile gekauft werden. Dann entscheiden die Genossen der WOGE, ob es zu einer Zusammenarbeit kommt. Über die Anteile hinaus haben viele Stammgäste, aber auch Unbekannte, Kreditzusagen gegeben. Größtenteils zinslos. Diese Leute werden in diesen Tagen angeschrieben und gebeten, die Absichtserklärungen in verbindliche Verträge umzuwandeln.
Rettung der Südstadt-Kneipe „Lotta“: Spenden für Anwaltskosten
„Schon vor dem Kauf fallen Kosten an“, erklärt Rolf-Peter und verweist auf Notar- und Anwaltskosten für die Erstellung etwa von Gutachten. Dafür möchte der „Auftrag Südstadt“ Spenden nutzen. Optimistisch stimmt den Lotta-Mitbetreiber, dass zu einer Informationsveranstaltung kürzlich 70 Leute gekommen sind. „Es zieht Kreise. Wir schaffen das.“