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„Vielen Dank und auf bald!“Die Zentralbibliothek verlässt das Stammgebäude am Josef-Haubrich-Hof

Lesezeit 4 Minuten
Hannelore Vogt am KI-Kiosk der Stadtbibliothek.

Bibliotheksdirektorin Hannelore Vogt am „KI-Kiosk“ der Stadtbibliothek. Künftig ist es möglich, sich dort an Künstlicher Intelligenz auszuprobieren.

Im September beginnen die Bauarbeiten zur Umgestaltung. Zum Abschied findet eine mehrtägige Veranstaltung unter dem Motto „All you can read“ statt.

„Ihr seid seit Jahrzehnten meine zweite Heimat“ – „Hab hier mehr als in der Schule gelernt“ – „Vielen Dank und auf bald.“ Diese und unzählige andere Botschaften finden sich auf Wänden im Erdgeschoss der Zentralbibliothek. Besucher und Besucherinnen sind eingeladen, sich dort schreibend und zeichnend von der Einrichtung am Josef-Haubrich-Hof zu verabschieden.

Denn am 1. Juli schließt sie für mehrere Jahre, in denen sie generalüberholt und umgestaltet wird. Im September beginnen die Bauarbeiten. Im selben Monat wird das Interim der Stadtbibliothek an der Hohe Straße eröffnet. Die Planungen seien komplett abgeschlossen, sagte am Donnerstag Bibliotheksdirektorin Hannelore Vogt.

Medien können in elf Stadtteilbibliotheken ausgeliehen werden

Der Auszug aus dem alten Gebäude hat bereits begonnen. So sind vier Untergeschosse, die als Magazin dienten, leergeräumt. Die Bestände sind ausgelagert worden. Eine besondere Aktion verringert die Last, die zum neuen Standort transportiert werden muss: Dank einer Änderung der Ausleihmodalitäten können sich Nutzer und Nutzerinnen seit dem 4. Juni unter dem Motto „All you can read“ mit bis zu 50 Medien wie Lernmaterialien, Büchern und anderem eindecken und müssen sie erst bis spätestens Mitte Oktober zurückgeben. Das Angebot finde großen Anklang, sagte Vogt. Beim Anblick der geleerten Regale fühle sie sich an die Phase der Corona-Pandemie erinnert, als massenhaft Toilettenpapier gehamstert wurde.

In der Zeit, in der das Stammhaus geschlossen und das Interim noch nicht eröffnet ist, können die Medien der Zentralbibliothek in den elf Stadteilbibliotheken ausgeliehen und zurückgegeben werden. Ab September wird der Zwischenstandort bis Anfang 2025 in drei Etappen eröffnet. Nach der Fertigstellung stehen im Gebäude Hohe Straße 68-82 alle Angebote der Zentralbibliothek auf fünf Etagen zur Verfügung.

Ein Kind zeichnet an der Abschiedswand in der Stadtbibliothek.

Besucherinnen und Besucher sind dazu eingeladen, sich von der Einrichtung am Josef-Haubrich-Hof zu verabschieden.

Im Parterre und Untergeschoss befinden sich Ausstellungsflächen, Infoschalter und Ausleihstationen sowie Medienbestände in komprimierter Aufstellung. Eine Rolltreppe führt ins erste Obergeschoss; dort haben ein Lese- und Veranstaltungscafé sowie die Kinder- und Elternbibliothek Platz. Auf zwei weiteren Etagen sind alle übrigen Angebote untergebracht: Schulservice, „Makerspace“, Musikzimmer, Social-Media-Studio, eine Schaufläche für das Literatur-in-Köln- und das Heinrich-Böll-Archiv sowie die Germania Judaica, die Spezialbibliothek zur Geschichte des deutschsprachigen Judentums.

Alle Funktionen der bisherigen Zentralbibliothek werden am neuen Standort gleichsam nachempfunden, wenn auch in reduzierter Form. Um Ressourcen zu schonen, wird die Neuausstattung mit Mobiliar auf ein Mindestmaß reduziert, das heißt, in der Interimszeit werden die schon vorhandenen Möbel der Bibliothek genutzt.

Zentralbibliothek bleibt auch während der Schließung am Josef-Haubrich-Hof präsent

Auch nach der Schließung der Zentrale am 1. Juli zeigt die Stadtbibliothek am Josef-Haubrich-Hof, der als Problemplatz gilt und eine Belebung nötig hat, weiterhin Präsenz. Seit vielen Jahren betreibt sie mit dem „Sprachraum“, der sich im Erdgeschoss des VHS-Gebäudes befindet, einen multifunktionalen Veranstaltungs- und Lernort, der als Treffpunkt für den interkulturellen Austausch dient. Vom 1. Juli an wird das dortige Angebot stark erweitert. Dafür wurde er in den zurückliegenden Wochen umgestaltet; in Kürze wird der Eingang zum Josef-Haubrich-Hof hin verlegt.

Künftig ist es möglich, im „Sprachraum“ aktuelle Tages- und Wochenzeitungen zu lesen, zu arbeiten, W-LAN und weitere Serviceleistungen zu nutzen. Dazu gehört der „KI-Kiosk“, ein frei nutzbares KI-Terminal, an dem man kostenlos und ohne Anmeldung Künstliche Intelligenz ausprobieren, zum Beispiel Texte mithilfe von „ChatGPT“ oder Bilder mit „DALL-E3“ generieren kann; flankierend kommen Workshops und Programme für Schulklassen hinzu.

Das weitere Angebot reicht von der E-Reader-Sprechstunde über die Bücherbabys-Veranstaltungsreihe und 3D-Drucker-Vorführungen bis hin zu moderierten Gesprächen und Lesungen. Den Auftakt macht eine Veranstaltung am 9. Juli um 19 Uhr mit dem Journalisten Marcus Bensmann, der sein Buch „Niemand kann sagen, er hätte es nicht gewusst“ vorstellt; darin vereint er die Erkenntnisse jahrelanger Recherchen des „Correctiv“-Netzwerks zur AfD.

Am Freitag, 21. Juni, gibt die „Ahl Kamelle Band“ von „Loss mer singe“ um 19 Uhr ein Mitsingkonzert im Erdgeschoss der Zentralbibliothek. Ihren Abschied vom Zentralgebäude feiert die Stadtbibliothek mit einem dreitägigen Programm vom 28. bis 30. Juni. Es besteht unter anderem aus Workshops, Spiele-Events, Lesungen, einem Walking-Act, der Aufführung eines Kindertheaterstücks und Konzerten. Dabei wird auch das 20-jährige Bestehen des Fördervereins der Stadtbibliothek gefeiert. „Ich mache die Lichter aus“, sagt Bibliotheksdirektorin Vogt, die Ende Juni in den Ruhestand geht. Sie tue es mit dem Gefühl, ein „wohlbestelltes Feld“ zu hinterlassen.