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„Einmaliger Erfahrungsschatz“Kölner arbeitet seit 50 Jahren in einem Dentallabor – mit 68 Jahren

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht im weißen Kittel in einem Labor.

Klaus Haase im Dentallabor Fuhr an der Rubensstraße

Seit einem halben Jahrhundert ist Klaus Haase Zahntechniker in einem Kölner Labor. Über einen Job, der sich rasant geändert hat.

1974, in dem Jahr, als die deutsche Fußballnationalmannschaft Weltmeister wurde, startete die Karriere von Klaus Haase. Der damals 18-Jährige begann seine Ausbildung als Zahntechniker beim Dentallabor Fuhr. Am 1. September feiert der Zahntechnikmeister nun sein 50-jähriges Jubiläum als Mitarbeiter des Betriebes an der Rubensstraße 18-22. Haase ist 68 Jahre alt, wirkt jünger – und denkt noch nicht daran, in Rente zu gehen. Er arbeitet gerne.

Alternative zum Zahnmedizin-Studium

„Eigentlich wollte ich ja Zahnmedizin studieren“, erinnert er sich, „aber dann starb unerwartet mein Vater, ein Studium war teuer, und durch den Numerus Clausus hätte ich zunächst zum Militär- oder Zivildienst gemusst, um Wartesemester zu überbrücken.“ Dazu hatte er keine Lust. Er ging stattdessen zum Katastrophenschutz und konnte nebenher arbeiten. „Als Zahntechniker konnte man sehr gut Geld verdienen“, sagt er. „Außerdem habe ich immer schon gerne gebastelt.“

So wurde Klaus Haase Teil eines jungen, aufstrebenden Betriebs. 1963 hatte Hans Fuhr, Vater des heutigen Inhabers, Karsten Fuhr, das Dentallabor gegründet, im Wirtschaftsaufschwung. „Damals herrschte Goldgräberstimmung“, erinnert sich Fuhr. Als Haase seine Ausbildung begann, hatte das Unternehmen bereits 50 Mitarbeiter – und wuchs weiter. In den 80er-Jahren waren 85 Menschen im Dentallabor Fuhr beschäftigt. Karsten Fuhr kennt den Grund dafür, dass das Geschäft so florierte: „Der damalige Sozialpolitiker Herbert Ehrenberg sagte, dass Zahnverlust eine Krankheit ist“, so Fuhr. „Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Zahnbehandlungen umfassend.“

Dann kamen die Gesundheitsreformen mit Kostenbeschränkungen. Haase ergänzt: „Jede neue Bundesregierung musste sparen und dann wurde an der Gesundheit gespart.“ Hinzu kam eine stark gestiegene Zahl an Wettbewerbern.

Zähne wurden aus Wachs moduliert

Die Arbeit in seinen Anfangsjahren vergleicht Haase im Rückblick mit dem Handwerk in der „Bronzezeit“. „Der Zahn wurde aus Wachs moduliert“, erzählt er. „Herum kam eine Einbettmasse. Sie kam in den Ofen. Das Wachs brannte dort aus. Die Masse wurde hart, und in den Hohlraum wurde Metall gegossen.“

In den späten 80er-Jahren kamen dann die Implantate. „Als ich angefangen habe“, sagt Haase, „waren über 60-Jährige mindestens in einem Kiefer zahnlos. Heute werden Lücken durch Implantate ergänzt, sodass sie im hohen Alter ein volles Gebiss haben, was viel Lebensqualität bringt, Vitalität und gutes Aussehen.“

Es folgte die Digitalisierung: „Anfang der 90er-Jahre kam die erste Krone aus einer Fräsmaschine Frankreich“, erinnert sich Haase. „Da haben wir uns kaputt gelacht. Sie sah noch sehr rudimentär aus, war aber digital designt.“

Haas berät auch Chirurgen wegen Implantaten

Das Dentallabor Fuhr startete im Jahr 2000 in die Digitalisierung. „Heute bekommt der Patient beim Zahnarzt einen Löffel mit Quetschmasse in den Mund“, schildert der Firmenchef. „Das wird herausgenommen. Wir gießen die Lücke mit Gips aus. Der Guss wird eingescannt und am Bildschirm designt.“

Haase ergänzt: „Mittlerweile gibt es auch digitale Abformungen. Dann bekommen wir einen Datensatz geschickt. Auf dieser Grundlage fertigen wir die Krone und brauchen kein Modell mehr.“ Er berät auch Chirurgen, wie das Implantat am besten sitzen soll. „Sein Erfahrungsschatz ist einmalig“, sagt Karsten Fuhr. „Das schätzten insbesondere auch die Kunden. Sie wollen oft einfach einmal seine Meinung hören.“

Er verstehe nicht, dass viele große Firmen Fachkräfte auf das Rentenabstellgleis schieben. „Das ist strategisch falsch“, betont Fuhr. Man spare natürlich Geld, wenn die langjährigen Mitarbeiter in Rente gehen und man dafür Leute einstellt, die ein Zehntel kosten. Es sei für den Vorstandsvorsitzenden eines Konzernes möglicherweise eine gute Idee, die Zahlen derart aufzuhübschen.

„Als Familienbetrieb denken wir da anders“, so Fuhr. „Wir haben keinen Investor und keine Aktionäre im Nacken.“ Haase beschreibt es so: „In unserem Betrieb ist es wie in einer guten Beziehung. Es gibt Reibungspunkte, aber am Ende haben wir uns immer wieder zusammengerauft. Ich war immer glücklich.“