Bei der Sanierung wurde unter anderem ein Objekt freigelegt, dessen Funktion nicht bekannt ist.
Unbekannte Objekte freigelegtSanierung der Kölner Kirche St. Pantaleon bietet ungeahnte Einblicke
Nur 30 Jahre liegen dazwischen: links unregelmäßiges Tuffsteinmauerwerk, rechts gleichmäßige Steinlagen mit modellierten Fugen und römischen Ziegeln. Zu sehen an der Südwand im Kirchenschiff von St. Pantaleon in der Innenstadt. Dort wurde im Rahmen der Sanierung der gesamte Putz entfernt, und die Wände geben erstmals seit langem ihr Innenleben preis.
„Wir freuen uns, dass wir trotz Corona und zahlreicher Schwierigkeiten weitgehend im Zeitplan geblieben sind“, erklärte der Pfarrer der Kirchengemeinde St. Pantaleon Dr. Volker Hildebrandt am Donnerstag bei der Präsentation des Baufortschritts. Auch habe man den Kostenrahmen – ursprünglich 12 Millionen Euro, jetzt 14 Millionen Euro – im Wesentlichen einhalten können. Den Großteil übernimmt das Erzbistum Köln. Der Bund steuert 1,5 Millionen Euro bei, das Land NRW gut 600.000 Euro. Bewährt habe sich die Erweiterung des Westwerks durch einen Alkoven in die Baustelle hinein. Auf diese Weise ließ sich die Anzahl der Plätze verdoppeln.
Köln: Sanierung von St. Pantaleon bietet ungeahnte Einblicke
So kann dort auch an hohen kirchlichen Festen wie Weihnachten oder zur Erstkommunion die Messe gefeiert werden. Nachdem das Westwerk von St. Pantaleon im Frühjahr 2023 fertig saniert war, sind jetzt die Arbeiten in Langhaus, Seitenschiffen, Chor und Querhäusern im Gange. Die Rückführung der Kirche fast auf den Rohbau gewährt den Bauforschern und -forscherinnen des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland ungeahnte Einblicke. Und Überraschungsfunde: etwa Holzstücke an mehreren Stellen der Langhaus-Innenwände. Dabei handelt es sich um Reste eines alten Baugerüstes. „Diese konnten wir auf die Zeit zwischen Ende des 9. und Ende des 10. Jahrhunderts datieren“, berichtete Dr. Ulrike Heckner vom LVR-Denkmalpflegeamt.
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Die verwendete Radiocarbon-Methode sei zwar weniger genau als die Datierung nach Jahresringen, gebe aber ausreichend Gewissheit. Ein ähnlicher Fund hatte vor zwei Jahren im Westwerk die Theorien über die Bauzeit ins Rutschen gebracht. Jetzt war es umgekehrt. „Die Funde bestätigen die schriftlichen Quellen, dass unter Erzbischof Brun bis 965 und danach unter Kaiserin Theophanu bis zur Jahrtausendwende kräftig an der Kirche gebaut wurde“, so Heckner. So lassen sich heute die Bauabschnitte des 10. Jahrhunderts anhand der Ausführung – hier schlampig, da feinsäuberlich – gut unterscheiden. Eine kleine Sensation ereignete sich an der Ostwand des Chors der Kirche.
Funktion der Wandkästen ist unbekannt
Dort wo 1621 zwei hölzerne Statuen angebracht wurden, fanden sich zwei zugemauerte Wandschränke. Der nördliche kleinere ist innen blau mit roter Grundierung ausgemalt. Der südliche, etwa ein mal 1,2 Meter große Wandschrank zeigt innen weiße Sterne auf blauem Grund. Bei beiden war der ursprünglich vorstehende Rahmen wandbündig abgeschlagen worden. Der Stein trägt aber Aussparungen, die möglicherweise Scharniere für eine Tür oder ein Gitter enthielten. „Wir wissen nicht, wofür die Wandkästen genutzt wurden“, so Pfarrer Hildebrandt. Für die Unterbringung von Gegenständen für die Messe wären sie in gut drei Meter Höhe wohl zu hoch.
Denkbar sei aber die Präsentation von Reliquien darin. Ob und wie die Wandschränke künftig sichtbar bleiben, werde nach gründlicher Untersuchung und Restaurierung entschieden, so Hildebrandt. Die Renovierung einer Kirche mit so viel historischer Bausubstanz sei ein komplexes Unterfangen, wie der leitende Architekt Max Ernst aus Zülpich bestätigte. Eigentümer, Planer, ausführende Firmen und Denkmalpflege müssten auch im Detail immer wieder Kompromisse aushandeln. So könnten zur Verlegung von Stromkabeln nur vorhandene Schlitze oder Mauerfugen, die später unter Putz verschwinden, genutzt werden. Das gleiche manchmal einem Puzzlespiel.
„Glücklicherweise finden wir stets Lösungen, bei denen Denkmalschutz, Ästhetik und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigt werden“, bestätigte Ernst. Auch bei bester Planung bleiben Überraschungen nicht aus. So müssen an allen Fenstern von Langhaus, Seitenschiffen, Chor und Querhäusern die horizontalen Metallstege – Windeisen – ausgetauscht werden. Dies obwohl die Kirchenfenster erst vor 25 Jahren repariert worden waren.
Nach Aufbau des Gerüstes hatte sich gezeigt, dass die vorhandenen Windeisen zu schwach im Mauerwerk verankert waren. „Wir müssen die Fenster gegen die zunehmende Windlast durch den Klimawandel sichern“, erläuterte Ernst. Bis zum Spätsommer soll die Verschieferung von fast 1.900 Quadratmetern Dachfläche abgeschlossen sein. Vor Ostern 2024 soll auch das Gerüst im Innern der Kirche entfernt werden. Der Abschluss der Sanierung ist für Ende 2024 geplant.