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„Wir erwarten noch spannende Sachen“Forscher erklären besondere Funde am Kölner Kartäuserkloster

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An St. Barbara im Kartäuserkloster sind im Rahmen der Bauarbeiten vom Campus Kartause archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurden. Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege, erläutert die Fundsachen.

Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege, berichtet über die Fundsachen.an St. Barbara im Kartäuserkloster.

Am Kartäuserkloster sind archäologische Ausgrabungen gemacht worden. Sie erzählen eine Menge über die Lebensweise der Mönche.

In einer Schubkarre liegt eine schwere Eisenkugel, die mal eine Bombe war. Daneben breiten sich auf Tischen aufwändig gestaltete Ofenkacheln, kleine Kunstwerke, Behälter aus Steinzeug und Essensreste aus fernen Jahrhunderten aus. Es sind Überbleibsel aus dem Leben der Mönche des Kartäuserklosters in der Südstadt, die sich hinter den Mauern ihrer Ordensniederlassung zwar strikt von der Außenwelt abschotteten, aber es sich in ihrer Einsamkeit offenbar nicht schlecht gehen ließen. Teilweise ging es sogar kriminell zu.

Mitarbeiter des Römisch-Germanischen Museums arbeiten sich derzeit auf einem etwa 300 Quadratmeter großen Grabungsfeld am Kartäuserwall in die Geschichte der Schweigemönche vor. Hier entsteht bald der „Campus Kartause“ der evangelischen Kirche Köln und Region. Für 65 Millionen Euro werden ein „Haus der Bildung“, Wohnungen und Büros errichtet. Wo jetzt noch die Archäologen am Werk sind, wird bald eine Tiefgarage entstehen. Die angrenzende Melanchthon-Akademie aus den 1960er Jahren ist bereits freigeräumt worden und soll im Frühjahr abgerissen werden.

Die Grabungen betreffen aktuell den ehemaligen Wohnraum der Mönche

Das Kloster, das hier ab 1334 nahe der mittelalterlichen Stadtmauer errichtet wurde, erreichte mit der Zeit die beträchtlichen Ausmaße von sechs bis sieben Fußballfeldern. Ein rund 80 Meter langer Teil der Außenmauern existiert noch heute. Dass hier mal Wein angebaut wurde, der offenbar so schlecht schmeckte, dass er auch „Nasser Hund“ genannt wurde, ist den Experten schon länger klar.

An St. Barbara im Kartäuserkloster sind im Rahmen der Bauarbeiten vom Campus Kartause archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurden.

An St. Barbara im Kartäuserkloster sind im Rahmen der Bauarbeiten vom Campus Kartause archäologischen Ausgrabungen gemacht worden.

Auch im Bereich des ehemaligen kleinen Kreuzgangs konnten sie schon Forschungen betreiben. In den vergangenen 50 Tagen haben sie sich nun dort ins Erdreich vorgearbeitet, wo die Mönche östlich des großen Kreuzgangs in kleinen Häuschen mit Gärten lebten, arbeiteten und beteten. Zum Vorschein gekommen sind Mauerrelikte aus Ziegeln und Naturstein, außerdem zwei gemauerte Kuppeln, die einmal zu einer Latrine beziehungsweise einem Brunnen gehörten.

Die Forscher fanden ein 70 Kilo schweres Geschoss aus französischer Zeit

Ein besonders auffälliger Rest einer Wand, der das Gelände schräg durchzieht, ist ein Gruß aus preußischer Zeit, als das Kloster zum Artilleriedepot umfunktioniert wurde. Zuvor hatten die Franzosen das Areal erst an sich und dann größtenteils niedergerissen, um es als Lazarett zu nutzen. Die Mönche – in Spitzenzeiten waren es 24 - mussten sich in napoleonischer Zeit eine neue Bleibe suchen. Doch viele Strukturen aus dem Mittelalter sind noch vorhanden.

Aus der französischen Phase stammt auch die rund 70 Kilogramm schwere Eisenkugel, die die Forscher zunächst für ein Kampfmittel neueren Datums hielten. „Wir hatten in der Grabung plötzlich ein Metallobjekt“, erläuterte Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums, am Montag bei der Präsentation der Funde. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst brauchte jedoch nicht anzurücken, denn es stellte sich heraus, dass es sich wahrscheinlich um ein Geschoss aus französischer Zeit handelte. Also mehr als 200 Jahre alt und daher eher ungefährlich.

Die Mönche hatten eine durchaus luxuriöse Ausstattung

„Möglicherweise mussten die Franzosen das Gelände fluchtartig verlassen, als die Preußen kamen“, so Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege. Dabei sei die Bombe womöglich zurückgelassen worden. Zum Einsatz sei sie nie gekommen, war aber dazu hergestellt worden, mit einem Mörser abgefeuert zu werden, um Mauern zu durchbrechen. Beim Aufprall sollte sie mit Hilfe von Schwarzpulver explodieren. „Das ist das erste Stück dieser Art, das wir in den letzten Jahrzehnten gefunden haben“, so Gregor Wagner.

Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums und Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege präsentieren die Fundstücke aus französischer und preußischer Zeit (v.r.).

Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums und Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege, präsentieren die Fundstücke aus französischer und preußischer Zeit (v.r.).

Zu den weiteren Fundstücken zählen Überreste eines Steinzeuggefäßes aus dem 14. Jahrhundert, ein Behälter aus dem 17. oder 18. Jahrhundert, in dem die Mönche mineralhaltiges Wasser für medizinische Zwecke aufbewahrten, ein wuchtiger „Bartmannkrug“ aus Frechener Produktion aus derselben Epoche sowie Kachel-Fragmente, die auf eine durchaus luxuriöse Ausstattung der Mönchszellen mit Kachelöfen schließen lassen. Als besonders wertvoll bewertete Gregor Wagner die Kachel eines gusseisernen Ofens aus dem 16. Jahrhundert, die die biblische Szene „Anbetung der ehernen Schlange“ zeigt. In vielen Fällen seien solche Platten später eingeschmolzen worden.

Ein Ofenkachelhersteller soll ohne Priesterzulassung gepredigt haben

Auf Grundlage schriftlicher Überlieferungen vermutet der Archäologe, dass eine Werkstatt für Ofenkacheln für das Kloster arbeitete. Ein gewisser Peter Kachelbecker habe demnach als Ofenkachelhersteller auf dem Gelände gewohnt und gearbeitet. Allerdings habe er sich des Diebstahls von Zinngeschirr schuldig gemacht und ohne Priesterzulassung gepredigt. Von 1579 bis 1580 sei er im Frankenturm eingesperrt und danach aus Köln verbannt worden: „Er war eher eine dubiose Gestalt.“

Bis Juni sollen die Grabungen dort fortgesetzt werden, wo sich heute noch ein Parkplatz befindet. „Wir erwarten noch spannende Sachen“, so Grabungsleiter Ulrich Karas. Die Grabungsfelder werden dokumentiert, die Fundstücke sind wahrscheinlich eines Tages auf dem neuen „Campus Kartause“ zu bewundern, das planmäßig Anfang 2027 bezugsfertig ist. „Wir schöpfen aus den Quellen, die uns die früheren Generationen hinterlassen haben“, so Stadtsuperintendent Bernhard Seiger.