Pia Egelkraut und Marlene Marx haben in der Südstadt die Modemarke avonté gegründet. Für ihre Produkte nutzen sie „Deadstock“-Stoffe.
Nachhaltige ModeKölnerinnen verkaufen Pyjamas aus Rest-Stoffen
Pia Egelkraut und Marlene Marx sind schockiert, als sie das erste Mal „Deadstock“ mit ihren eigenen Augen sehen. Damals arbeiten die beiden für die Kölner Firma Armedangels und reisen im Produktionsprozess nach Portugal. Dabei sehen sie neben der Entwicklung der neuen Kollektion auch den ganzen ungenutzten, toten Lagerbestand, den sogenannten Deadstock: fertig produzierte, neuwertige Stoffe, die nicht weiterverarbeitet werden.
Kölner Südstadt: avonté nutzt „Deadstock“-Stoffe
„Die Modebranche ist schnelllebig, das bedingt die Verschwendung von Ressourcen“, sagt Marlene Marx. Für Deadstock von Stoffen gebe es mehrere Gründe. So fertigen Firmen Stoffe an, die sie denken, verkaufen zu können ohne zu wissen, ob sie angenommen werden. Außerdem nutzen Firmen häufig ganz bestimmte Farbpaletten, wenn ein Stoff also ein bisschen von dem gesuchten Ton abweicht, wird er nicht mehr genutzt. Und es wird einfach mehr produziert, als benötigt wird.
All das führt dazu, dass Stoff übrigbleibt, der nicht genutzt wird. 12 Millionen Tonnen ungenutzte Ressourcen sind das weltweit jährlich. Zum Vergleich: Das ist 40 Mal das Gewicht des Kölner Doms. „Vor diesen Riesenmengen an Stoff zu stehen, hat etwas in uns ausgelöst“, sagt Pia Egelkraut, „wir haben gedacht, das kann nicht wahr sein, damit muss etwas gemacht werden“.
Und so reifte die Idee, jedoch fehlte das Produkt. Bis Egelkraut vor zwei Jahren ins Krankenhaus muss. „Ich habe meinen OP-Kittel gegen meinen Pyjama ausgetauscht und da hat es Klick gemacht“, erinnert sie sich, „ich hab mich direkt wohler gefühlt. Ein Pyjama ist wie ein tragbares Stück Zuhause“.
12 Millionen Tonnen Stoff werden jährlich produziert und nicht genutzt
Im Januar 2023 fassen sie dann den Entschluss: sie kündigen. „Das war so krass“, erzählt, „wir hatten da tolle Kolleginnen und Kollegen und haben sehr viel über das Arbeitsfeld und natürlich auch Fair Fashion gelernt, aber die Idee hat uns nicht mehr losgelassen“. Damit sei auch viel Angst verbunden gewesen, aber diesen Schritt mussten sie wagen, fügt Egelkraut hinzu. Gemeinsam mit einer Coachin gehen sie die Sache an.
Wenige Monate später, im Juni 2023, gründen die beiden Wahlkölnerinnen avonté. Abgeleitet aus der portugiesischen Umgangssprache heißt es so viel wie „mach es dir gemütlich“ und genau das, sollen die Pyjamas sein. Die beiden mieten einen kleinen Raum in der Südstadt, der Büro, Lager, Kreativraum und Packstation in einem ist, und stellen alles selbst auf die Beine. Durch ihre gemeinsame Arbeit zuvor, sind sie bereits ein eingespieltes Team, lernen nochmal viel mehr miteinander, übereinander und sich selbst.
Egelkraut designt einen Schnitt für Hemd und Hose, die das Herzstück der Marke sind. „Der Schnitt ist unisex, generationsübergreifend und zeitlos, er funktioniert mit jedem Stoff, wirkt aber immer anders“, sagt Marx, „und so können wir eben auch auf industriellen Niveau produzieren, obwohl wir Deadstock nutzen“. Da sie immer schon vorhandene Stoffe nutzen, sind die Produkte alle limitiert.
avonté verkauft zeitlose, limitierte unisex Pyjamas und Loungewear
Nach und nach wollen Marx und Egelkraut ihr Portfolio erweitern. „Zurzeit können wir immer nur kleine Schritte machen, weil wir uns selbst finanzieren aber wir wollen uns immer weiterentwickeln“, erklärt Egelkraut. Den Pyjama gibt es mittlerweile in kurz und lang, dazu einen Morgenmantel. In der nächsten Kollektion sollen ein Nachthemd und eine weite Hose folgen. „Wir nehmen das Bett als Basis und bauen drum herum unsere Produkte“, sagt Egelkraut, „dabei schauen wir immer, dass wir drinnen und draußen vereinen“. Das Hemd beispielsweise tragen beide dauernd im Alltag.
Ihr Pyjamasets verkaufen sie für circa 170 Euro, ein Preis, den sich nicht jeder leisten kann, das wissen sie. Sie produzieren in Portugal, achten auf faire Arbeitsbedingungen und nutzen hochwertige Stoffe, die genauen Qualitätsparametern entsprechen müssen. „Qualität und Nachhaltigkeit haben einfach ihren Preis“, sagt Marx, „und wir hoffen, dass das auch unsere Kunden so sehen“.