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Geburtshilfe in KölnKrankenhaus Holweide eröffnet Hebammenkreißsaal

Lesezeit 4 Minuten
Eingespieltes Team im Krankenhaus Holweide: Die leitende Hebamme Heidi Schweizer und Michael Mallmann, Chefarzt der Frauenklinik.

Eingespieltes Team im Krankenhaus Holweide: Die leitende Hebamme Heidi Schweizer und Michael Mallmann, Chefarzt der Frauenklinik.

Ab dem Frühsommer sollen Frauen auch in Holweide mit möglichst wenig medizinischer Intervention gebären können. In Longerich und Porz geht das bereits.

Bevor Frauen Mütter werden, haben sie häufig eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sie ihr Kind zur Welt bringen möchten. Dabei zeigten sich häufig zwei Bedürfnisse gleichzeitig, sagt Michael Mallmann, Chefarzt der Frauenklinik in Holweide: „Zum einen ein immer größerer Bedarf nach Sicherheit und Kontrolle, gleichzeitig der Wunsch nach einer möglichst natürlichen Geburt nur mit der Hilfe einer Hebamme.“

Beides auf einmal schien lange unmöglich. Frauen brachten ihre Kinder entweder in der Sicherheit eines Krankenhauses unter dem wachsamen Auge von Ärztinnen und Ärzten zur Welt, oder sie entschieden sich für eine Geburt zu Hause oder in einem Geburtshaus. Dort haben Frauen eine Hebamme an ihrer Seite, bekommen aber keine ärztliche Betreuung. Belastende Erfahrungen während einer Geburt können Frauen hier wie dort machen, eine Garantie für maximale Fürsorge und einen optimalen Verlauf gibt es leider nicht - aber Bemühungen, die Versorgung Gebärender insgesamt zu verbessern.

Kölner Chefarzt Mallmann: „Das ist die Zukunft der Geburtshilfe“

Seit 2021 fördert das NRW-Gesundheitsministerium so genannte Hebammenkreißsäle, in denen Frauen ihre Kinder nur mit der Hilfe einer Hebamme, aber in einem Krankenhaus zur Welt bringen können. Ärzte greifen lediglich im Notfall ein. Als erstes Kölner Level-1-Perinatalzentrum wird das Krankenhaus Holweide im Frühsommer einen Hebammenkreißsaal eröffnen. Das Heilig Geist-Krankenhaus in Köln-Longerich und das Krankenhaus Porz bieten diese Art der Geburt ebenso wie 32 weitere Krankenhäuser in NRW bereits an.

„Das ist die Zukunft der Geburtshilfe“, sagt Mallmann, „wir können jene Frauen abholen, die Angst vor einer Übermedizinisierung haben und dabei gleichzeitig die Sicherheit bieten, dass alle Möglichkeiten eines Perinatalzentrums im Notfall in kürzester Zeit zur Verfügung stehen.“

Level-1-Perinatalzentren, zu denen Holweide gehört, sind spezialisiert auf die Versorgung von kranken Neugeborenen und Frühgeborenen. Dabei arbeiten die geburtshilflichen Teams sehr eng mit den Kinderärzten und Kinderärztinnen der Neugeborenen-Intensivstation zusammen. Die Geburt in einem Hebammenkreißsaal eines solchen Zentrums ist damit sozusagen eine Hausgeburt mit doppeltem Sicherungsnetz.

Mehr natürliche Geburtsverläufe in Hebammenkreißsälen

In Holweide habe sich das Hebammen-Team gewünscht, einen dieser vom Land geförderten Kreißsäle einzurichten, erzählt Mallmann. Er als Chefarzt unterstütze das ebenso wie Axel Großmann, der Geschäftsführer der Kliniken Köln. Mit gutem Grund: Nach Angaben des Gesundheitsministeriums NRW habe ein Forschungsprojekt zu Hebammenkreißsälen am Universitätsklinikum Bonn ergeben, „dass ein hebammengeleiteter Kreißsaal natürliche Geburtsverläufe mit weniger operativen Eingriffen und Schmerzmitteln fördert und sich die Geburtsdauer im Durchschnitt verkürzt“. Darüber hinaus trage das Modell zur Arbeitszufriedenheit der Hebammen bei.

Das Angebot gilt für gesunde Schwangere, die nach unauffälligem Schwangerschaftsverlauf eine unkomplizierte Geburt erwarten können. Hebammenkreißsäle in Betrieb haben nach Angaben des Ministeriums in der Kölner Region neben dem Heilig Geist-Krankenhaus und dem Krankenhaus Porz die beiden Häuser in Bergisch Gladbach (EVK und Vinzenz Pallotti Hospital) sowie in Bonn neben der Uniklinik auch das St. Marien-Hospital. Das Klinikum Leverkusen hat wie Holweide die Förderung (25.000 Euro) aus Landesmitteln zugesprochen bekommen, um einen von Hebammen geleiteten Kreißsaal einzurichten. In Holweide laufen aktuell die speziellen Schulungen der Hebammen.

NRW-Gesundheitsministerium fördert bislang 46 Geburtskliniken

Das Gesundheitsministerium NRW ist so überzeugt von seinem Programm (46 Geburtskliniken in NRW wurde bislang eine Unterstützung bewilligt), dass im laufenden Jahr weitere Förderungen vergeben werden sollen und dafür noch Anträge gestellt werden können. Das Konzept sei „ein wichtiger Baustein für die strukturelle Verbesserung der geburtshilflichen Versorgung“, sagt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann: „Daher bin ich der Auffassung, dass sich das Angebot nicht nur auf einzelne Kliniken beschränken, sondern möglichst großflächig vielen werdenden Müttern angeboten werden sollte.“

In Holweide ist man guter Dinge, die eigene Attraktivität mit dem neuen Angebot noch einmal steigern zu können. Zuletzt habe es in allen Bereichen einen Leistungszuwachs gegeben, sagt Michael Mallmann: „Insgesamt geht die Geburtenrate in Deutschland zurück, aber in unserem Perinatalzentrum ist sie sogar um zehn Prozent gestiegen.“ Die Kliniken Köln vermeldeten zuletzt, dass in Holweide im vergangenen Jahr 1643 Kinder bei 1576 Geburten zur Welt kamen - 67 Mal gab es Zwillinge. 2023 fanden in Holweide 152 Geburten weniger statt.

Von Endzeitstimmung vor dem geplanten Umzug an den von den Kliniken der Stadt Köln geplanten und vom Land NRW mit 250 Millionen Euro unterstützten neuen Gesundheitscampus in Merheim sei nichts zu spüren an seiner Frauenklinik, betont Mallmann. „Wir wachsen hier in Holweide und legen nochmal richtig los, und dann ziehen wir um.“ Die Pläne für den gemeinsamen Standort für die Kinderklinik Amsterdamer Straße und die Frauenklinik Holweide am neuen Campus in Merheim sieht der Chefarzt positiv: „Die Kinderklinik und unsere Frauenklinik gemeinsam in einem Neubau mit mehr Kreißsälen - für die Bevölkerung ist das etwas Gutes.“ Bis es so weit ist, werden aber wohl noch einige Jahre vergehen.