Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Fenster in andere Realität“Ausstellung in der U-Bahn-Station am Kölner Neumarkt zeigt Schrecken des Ukraine-Kriegs

Lesezeit 3 Minuten
Aufnahmen aus ukrainischen U-Bahnstationen zu Anfang des Kriegs in der U-Bah-Station Neumarkt.

Während des Kriegs wurden manche U-Bahn-Stationen in Kiew zum (Über)-Lebensort. Ein radikaler Kontrast zur U-Bahn-Realität in Köln, wo die Fotos nun hängen.

U-Bahn-Stationen dienten zu Beginn des Kriegs als Schutz für Ukrainer. Die Fotos werden nun in der U-Bahn-Station „Neumarkt“ ausgestellt.

Aktuell ist der Ukraine-Krieg durch die Krise im Nahen Osten etwas aus dem Blickfeld geraten. In der U-Bahn-Station Neumarkt allerdings ist er derzeit sehr präsent. Auf Werbebannern rufen großformatige Aufnahmen aus den Anfangsmonaten des russischen Angriffs die Lage im Osten wieder in Erinnerung. Während in Köln die Menschen in ihrer Alltagsroutine auf die Straßenbahn warten, zeigen die Fotos Ukrainer, wie sie ängstlich, verstört oder geschäftig in den U-Bahn-Stationen von Charkiw und Kiew vor den russischen Bomben Schutz suchen.

Ein Bild aus dem März 2022: Eine Frau sitzt mit ihren Habseligkeiten und Lebensmitteln auf einem Stuhl in einem improvisierten Schutzraum in einer U-Bahn-Station in Kiew, die von den Bewohnern der Stadt als Bombenschutzraum genutzt wird, während ein Zug vorbeifährt.

Ein Bild aus dem März 2022: Eine Frau sitzt mit ihren Habseligkeiten und Lebensmitteln auf einem Stuhl in einem improvisierten Schutzraum in einer U-Bahn-Station in Kiew, die von den Bewohnern der Stadt als Bombenschutzraum genutzt wird, während ein Zug vorbeifährt.

Ein älteres Paar sitzt bekümmert beieinander und starrt ins Leere. Ein Hund hat sich auf einer Liege zusammengekauert. Ein leeres Bett steht auf dem Bahnsteig vor einer Straßenbahn, die nicht mehr fährt. In der höchsten Not wurden viele Verkehrs-Knotenpunkte zum (Über)-Lebensort. Mittlerweile seien die Metro-Stationen nicht mehr so bedeutend für die Ukrainer, so Stefan Günther. Viele Angriffe könnten abgewehrt werden.

Die Bilder bringen einem die Situation der Ukrainer wieder näher.
hanne Ammermann, Passantin

Am Anfang des Kriegs seien die teils 100 Meter tiefen Bauwerke aber die sichersten Schutzräume gewesen, so der Ausstellungs-Organisator vom internationalen Journalistennetzwerk „n-ost“, das Journalisten und Medieninitiativen aus der EU, Osteuropa und den angrenzenden Ländern miteinander verbindet. „In Charkiw waren die Leute über Monate dort“, so Günther: „Hier war die Gefahr viel höher als in Kiew, weil Charkiw näher an der Front liegt.“

Fotoausstellung am Kölner Neumarkt: Gewalt und Zerstörung bewusst nicht im Fokus

„Next Station Ukraine“ heißt die Ausstellung, die Fotos der ukrainischen Fotografinnen und Fotografen Maxim Dondyuk, Pavel Dorogoy, Julia Kochetova, Serhii Korovayny und Viacheslav Ratynski zeigt. Sie selbst waren bei der Ausstellungseröffnung am Dienstag nicht dabei, doch Stefan Günther hat Zitate von ihnen mitgebracht.

Von Serhii Korovayny, einem Redaktions- und Porträtfotograf aus Kiew, zum Beispiel stammt das Foto mit dem älteren Ehepaar. „Es ist eines der ersten Fotos, die ich während dieses Krieges gemacht habe“, so Korovayny: „Alle waren nervös und haben ängstlich auf die Kamera reagiert, aber dieses Paar war ganz ruhig, als ich fragte, ob ich sie fotografieren darf.“ Auf einer anderen Aufnahme von ihm ist eine jüngere Frau zu sehen, die an den Zugängen zur U-Bahn-Station verloren zwischen ihren Habseligkeiten kauert.

Grauen ist den Gesichtern anzusehen

Die Darstellung von Gewalt und Zerstörung steht bewusst nicht im Fokus des Projekts. Aber das Grauen des Kriegs ist den gezeigten Menschen, darunter viele Kinder, ins Gesicht geschrieben. Die U-Bahn-Realitäten von Köln und Kiew unterscheiden sich jedenfalls fundamental. Stefan Günther spricht von einem „Fenster in eine andere Realität“. „Beeindruckend“, sagt dann auch Hanne Ammermann aus Köln, als sie auf ihren Zug wartet: „Die Bilder bringen einem die Situation der Ukrainer wieder näher.“

Bis zum 19. November sind die zwölf mit kurzen Texten erklärten Aufnahmen am Neumarkt zu sehen. Ähnliche Ausstellungen hat „n-ost“ bereits in Berlin, Hamburg und Prag organisiert. In Köln sang zum Auftakt das ukrainische Vokalensemble Dyvyna in der Zwischenebene Lieder aus der Heimat. Jede der jungen Damen weiß von Bekannten und Verwandten zu berichten, die ebenfalls auf die U-Bahnstationen angewiesen waren, als die ersten Bomben fielen.