Erst die Kostenexplosion, dann die Kündigung einer wichtigen Firma – und jetzt Probleme mit den Terminen. So steht es um das neue WDR-Filmhaus.
Bauprojekt in Kölner InnenstadtWDR muss Inbetriebnahme des Filmhauses um mehrere Monate verschieben
Nächster Rückschlag für den Westdeutschen Rundfunk (WDR): Der Start des Betriebs im sanierten Filmhaus in der Innenstadt verzögert sich um bis zu neun Monate auf September 2025. Das geht aus einer Antwort des Senders an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ hervor. Demnach soll der Betrieb im „Sommer 2025“ beginnen. Auf Nachfrage, ob dies Juli bis September meint, teilte eine Sprecherin mit, das sei „auf jeden Fall nicht falsch“.
Am 17. Januar 2018 war die letzte Redaktion aus dem Filmhaus von 1974 ausgezogen, danach begannen die Schadstoffentfernung, der Teilabbruch und die Sanierung. Noch im Mai vorigen Jahres hieß es, „bis spätestens Ende 2024 soll der Betrieb im Gebäude aufgenommen sein“. Das funktioniert nun offenbar nicht.
Kostenerhöhung auf 240,1 Millionen Euro
2019 hatte der WDR die Kostenerhöhung von 130 auf 240,1 Millionen Euro verkündet. An dieser Summe hält der Sender laut der Sprecherin trotz der mehrmonatigen Verzögerung inklusive der zusätzlichen Arbeitsstunden fest – aber mit einer Einschränkung: „Nach jetzigem Stand“ werden die 240,1 Millionen Euro demnach ausreichen. „In der Summe war ein sogenanntes Wagnis enthalten, um unvorhersehbare Entwicklungen auffangen zu können“, sagte die Sprecherin.
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Kostenerhöhungen bei Bauprojekten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen mittlerweile im Fokus, unter anderem seit dem Skandal um den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und seiner entlassenen Intendantin Patricia Schlesinger. Ihr wurde unter anderem Verschwendung vorgeworfen. Der RBB hatte Ende 2022 seine Pläne für ein neues Medienhaus aufgegeben, als die Kostenprognose von rund 180 auf 311 Millionen Euro anstieg.
Die erneute Verzögerung begründete der WDR mit der Kündigung des Planers für die technische Gebäudeausrüstung im vergangenen Jahr (wir berichteten). Dazu zählen unter anderem die Elektrik und die Raumluft. Die sendereigene Gebäudewirtschaft übernahm die Planungen und präsentierte jetzt den neuen Zeitplan.
Ab Sommer 2025 beginnt zwar laut WDR der Betrieb, aber das Filmhaus ist nicht sofort voll besetzt, nur die Hälfte der rund 580 Arbeitsplätze ist belegt. Die weiteren Redaktionen folgen in den Monaten danach, der Sender begründete das damit, dass der Sendebetrieb sichergestellt sein müsse. Das könnte aber auch heißen: Der komplette Betrieb mit allen Arbeitsplätzen könnte sogar erst 2026 erfolgen.
Die Sprecherin sagte: „Von außen wird das Filmhaus wie geplant in diesem Sommer fertig sein. Auch die Räume und technischen Einheiten in den oberen Etagen des Gebäudes werden dann baulich fertiggestellt sein.“ Allerdings nützt das vergleichsweise wenig, weil laut Sprecherin die Technikzentrale sich im Untergeschoss befindet.
„Erst wenn diese grundlegende Technik steht, können das ebenfalls im Untergeschoss angesiedelte Studio inklusive Regie sowie das Rechenzentrum fertiggestellt werden.“ Statt Sommer 2024 ziehen die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter demnach ein Jahr später ein.
In der jüngeren Vergangenheit haben zwei Prüfinstanzen die Wirtschaftlichkeit der Sanierung angezweifelt. Zum einen ist das der Landesrechnungshof NRW, zum anderen die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Die KEF analysiert den Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Arte und schlägt den Rundfunkbeitrag vor, den Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen.
WDR verteidigt sich
Der Landesrechnungshof hat zuletzt sehr deutlich in seinem Prüfbericht das Vorgehen des WDR kritisiert. Demnach hat der Sender sich für die Sanierung entschieden, obwohl er keine langfristige Immobilienstrategie hatte und keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor dem Bau durchgeführt hat. Der Verwaltungsrat als Aufsichtsratsgremium hätte der Sanierung deshalb nicht zustimmen dürfen.
Zudem entsprach die Vorgehensweise des WDR nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Kostenplanung. Der Sender verteidigte sich, er komme zu anderen Einschätzungen als die Rechnungsprüfer.
Wie der Landesrechnungshof bezweifelte auch die KEF die Wirtschaftlichkeit und sperrte deshalb 69,1 Millionen der 240,1 Millionen Euro. Am 23. Februar soll der nächste Bericht der KEF herauskommen, dann zeigt sich, wie die KEF sich in der Sache nach zwei Jahren positioniert.
Unter anderem vergleicht die KEF auch die Bauvorhaben der Sender, sie urteilte: „Die Kommission stellt fest, dass die Sanierung des WDR-Filmhauses erheblich über den Kosten vergleichbarer Neubauvorhaben liegt.“ Der WDR verwies unter anderem auf die schwierige Vergleichbarkeit der Projekte.