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Blutige LegendeDas hat es mit den hässlichen Fratzen an den Häusern in der Kölner Altstadt auf sich

Lesezeit 3 Minuten
Fotos von Grinköpfen (groteske, steinerne Fratzenmasken), die man an vielen Hausfassaden in der Altstadt sieht.

Die sogenannten Grinköpfe sieht man an vielen Hausfassaden in der Altstadt. Am bekanntesten ist die am Früh.

Die Grinköpfe in der Kölner Altstadt sind ein echter Hingucker. Doch was steckt hinter den hässlichen Fratzengesichtern?

Wer schon mal mitten in der Nacht durch die Kölner Altstadt geschlendert ist, vielleicht gerade auf dem Weg vom Brauhaus zur nächsten KVB-Haltestelle war, wird mit großer Wahrscheinlichkeit schon mal den hässlichen Fratzen an den Kölner Hausfassaden begegnet sein. Gerade im Mondschein können die finster dreinblickenden Grimassengesichter für Gänsehaut am ganzen Körper sorgen. Doch was hat es mit den sogenannten Grinköpfen auf sich?

Die Geschichte hinter den Grinköpfen, auch Annoköpfe genannt, ist nicht hundertprozentig geklärt. Klar ist nur: Bereits im Mittelalter waren die Köpfe im Kölner Stadtbild fest verankert. Eine weit verbreitete Theorie besagt, die Grinköpfe seien als Vorrichtung für einen Flaschenzug genutzt worden. Viele der Köpfe haben lange Metallzähne, die V-förmig nach unten zusammengehen. Dahinter befindet sich oftmals eine kleine Einhöhlung in der Mauer und ein Kellerloch. Zwischen die Zähne steckten die Bewohner dann eine Stange bis in die Höhlung. Darüber wurde ein Seil gelegt und schon hatte man einen Flaschenzug, mit dem man Waren aus dem Keller holen konnte.

Grinköpfe in Köln: Diese blutige Legende steckt hinter den hässlichen Fratzen

Die andere Legende, die sich um die Grinköpfe rankt, ist deutlich blutiger. Demnach soll eine verwitwete Frau gegen Ende des 11. Jahrhunderts einen Kölner Kaufmann aufgesucht haben, um Vorräte für den anstehenden Winter zu kaufen. Wie damals üblich, soll der Handel per Handschlag besiegelt worden und die Ware im Voraus bezahlt geworden sein. Doch der hinterhältige Kaufmann witterte hinter dem Geschäft die Chance, das Geld für sich zu behalten, ohne die gewünschte Ware an die alte, schwache Frau herauszugeben.

Als sie den Kaufmann wieder besuchte, um ihre Vorräte abzuholen, stellte sich der Händler unwissend und sagte, er wüsste nichts von einer Bestellung. Die Frau wurde daraufhin ziemlich sauer, konnte aber nur wenig ausrichten. „Zeugen habe ich keine, außer Gott. Möge der es dir vergelten, was du mir angetan hast!“, soll die Frau erzürnt gesagt haben.

Weil sie sich ungerecht behandelt fühlte, suchte die Frau das Hohe Gericht Köln, welches aus zwölf Schöffen bestand, auf. Diese machten jedoch gemeinsame Sache mit dem Händler und ließen die Frau ebenfalls abblitzen. Wieder soll die Witwe gesprochen haben: „Zeugen habe ich keine, außer Gott. Möge der es euch vergelten, was ihr mir angetan habt!“

Erzbischof Anno II. lässt Schuldigem ein Auge ausstechen

Daraufhin wandte die Frau sich in ihrer Not an den Kölner Erzbischof Anno II., welcher sich zu dieser Zeit in der Abtei Siegburg aufhielt. Ihm klagte sie ihr Unrecht und erzählte, wie übel ihr der Kaufmann und die Schöffen mitgespielt hatten.

Der Erzbischof wurde daraufhin von seinem Gerechtigkeitssinn gepackt und schwor, dass er solch ein Verhalten in seinem „Heiligen Köln“ nicht dulden werde. Er ließ die zwölf Schöffen sowie den Kaufmann zu sich bringen. Die dreizehn Männer gaben sich zuerst unschuldig, einer von ihnen gestand jedoch später.

Die Strafe ließ nicht lange auf sich warten: Anno ließ zwölf der dreizehn Männer blenden, sodass sie vollkommen erblindeten. Dem einen, der die Wahrheit gestanden hatte, wurde hingegen „nur“ ein Auge ausgestochen, sodass er die anderen nach Köln zurückführen konnte. Über den Hauseingängen der dreizehn Männer ließ Anno zudem noch grausige Steinfratzen mit ausgestochenen Augen anbringen, um die Kölner zu warnen, dass sie nicht vom rechten Weg abkommen sollten, da ihnen sonst eine ähnliche Strafe erwarten würde.

Zugegeben: Diese Legende ist zwar eine tolle Geschichte, die man sich in den Brauhäusern auch noch heute gerne erzählt. Am Wahrheitsgehalt darf aber durchaus gezweifelt werden.

Die später wohl nur noch zur Zierde an den Häusern (überwiegend in der Altstadt) angebrachten Köpfe sind durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs mittlerweile eine Seltenheit geworden.