Die Künstler konnten sich Rostplatten vom Rumpf der MS Stadt Köln aussuchen, um sie individuell zu bearbeiten.
„Bordstrom Ein“Ausstellung zeigt Kunst aus alten Teilen des historischen Ratsschiffes
Baumarktregale sind voll mit Mitteln, um dieser rötlich-braunen Plage zu Leibe zu rücken. Der Gedanke, Rost ins Zentrum einer Ausstellung zu rücken, erscheint daher zunächst womöglich ein wenig abwegig. Doch die vielen Menschen, die zur Eröffnung von „Bordstrom ein“ nach Deutz kommen, sind begeistert von der Schönheit dieser Oxidschicht, die sich unter Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit auf Eisen bildet. Es ist allerdings nicht nur die Schicht als solche, sondern das, was 26 im Arbeitskreis Angewandte Kunst Köln (AKK) und im Verein KunstWerk organisierte Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker daraus gemacht haben.
Nun stammen die Roststücke auch nicht von einem ollen Gartentor, sondern vom Rumpf des historischen Ratsschiffes MS Stadt Köln. Dessen Förderer, allen voran der Vorsitzende Udo Giesen, hatten im Sommer 2023 zunächst zu einer Schiffsbegehung und später zu einem Termin auf der Werft eingeladen, wo sich die Kunsthandwerker Rostplatten aussuchen durften, um sie individuell zu bearbeiten. Bei den jetzt zu sehenden Exponaten spielt diese rotbräunliche Substanz die Hauptrolle, es wird aber auch mit Assoziationen zum Fluss oder Schiff gespielt.
Der Rost stellt das bestimmende Thema der Ausstellung dar
Der Keramiker Frank Schillo etwa formt Vasen mit Fischen. Die Künstlerin Sabine Schaffmeister malt ein Ebenbild des Schiffsteppichs mit Rostplatte im Zentrum. Von Textilkünstlerin Isolde Glenz stammt ein Siebdruck mit Ginkoblättern. Kostümbildner Rupert Franzen setzt sich in seiner Arbeit mit dem Loreley-Gedicht auseinander und Buchbinder Dirk Jachimsky präsentiert ein besonders poetisches Werk: ein löchriges Rumpffragment, aus dem ein Erdbeerpflänzchen emporwächst.
„Ich mag eigentlich keine rostigen Sachen“, sagt die Goldschmiedin Katrin Brusius, die diese Rostplatten dann aber „unglaublich schön und malerisch“ fand. Ihr gefiel der Gedanke, das Schiff auch als Bühne zu begreifen und mit der Gästeliste zu arbeiten, die sogar die Namen mehrerer gekrönter Häupter ziert.
Goldschmiedin stellt Schmuck für die berühmten Gäste des Schiffes her
Sie recherchierte und fand heraus, dass Japans Kaiserin Michiko seinerzeit als erste Monarchin darauf bestand, ihre Kinder selber zu stillen und nicht dem Hofstaat zur Erziehung zu überlassen, was ihr – wie man sich denken kann – nicht nur Sympathie einbrachte. „Diese Frau braucht Perlen“, befand Brusius und fertigte eine lange Halskette mit einem abnehmbaren Perlenstrang als Symbol für „ein tränenreiches Leben, den Milchfluss und den Überfluss“.
Für die Gestaltung des Konrad Adenauer zugedachten Schmuckstücks studierte sie den 154-seitigen Bauplan des Schiffes. Kölns einstigem Oberbürgermeister und zugleich Auftraggeber des 1938 vom Stapel laufenden Schiffes ist nun ein silberner Siegelring gewidmet, in den Brusius die Steuerwelle des Motors eingravierte.
Interessanterweise ist es bisher nicht der Ring für Queen Elisabeth II., der die meisten Begeisterung auslöst. Mehr noch als das Juwel, das Üppigkeit und Prunk verkörpert, faszinieren die Ringe, die Brusius den Matrosen und Maschinisten an die Hand schmiedete und damit ihrem „Faible für technische Details“ freien Lauf ließ.
Einen Teil vom Erlös ihrer Arbeiten spenden die Kunsthandwerkerinnen dem Förderverein des Ratsschiffes. Die Ausstellung in den Deutzer Räumen des Kunstwerkes (Deutz-Mülheimer Straße 115) ist bis zum 2. Februar zu sehen. Donnerstag und Freitag 16-19, Samstag und Sonntag 11-18 Uhr.