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Neue Gedenktafel in KölnSo wird am Deutzer Bahnhof an die Geschichte der Gastarbeiter erinnert

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Andreas Wolter und Tayfun Keltek weihen die neue Gedenktafel ein.

Andreas Wolter (r.) und Tayfun Keltek weihen die neue Gedenktafel ein.

Der Portugiese Armando Rodrigues de Sá ziert in Zukunft den Ottoplatz vor dem Deutzer Bahnhof. Dabei ist seine Geschichte eher traurig.

Mit so einem Rummel hatte der Portugiese Armando Rodrigues de Sá wohl nicht gerechnet, als er am 10. September 1964 im Deutzer Bahnhof ankam. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wählte ihn auf der Passagierliste als den eine millionsten Gastarbeiter Deutschlands aus. Als er nach 48-stündiger Fahrt mit dem Zug ausgerufen wurde, soll Sá zunächst befürchtet haben, wieder zurückgeschickt zu werden.

Verlegen und irritiert trat er dann vor die Kameras, als ihm ein Strauß Nelken und eine Ehrenurkunde überreicht und ein Moped geschenkt wurde, genauer gesagt eine Zündapp Sport Combinette.

Ein Denkmal zur Ankunft von Sá war in die Jahre gekommen

Die Bilder von Sá sollten später in die Geschichtsbücher eingehen. Besonders das Foto, auf dem man den Portugiesen mit den Nelken zufrieden auf seinem Moped sitzen sieht. Fahren konnte er das Moped allerdings nie, da er keinen Führerschein besaß. Im Jahr 2014 fand in Köln zum 50. Jahrestag ein Festakt statt, bei dem auch ein Denkmal am Bahnhof vor dem Brauhaus aufgestellt wurde.

Am 10. September 1964 kam Armando Rodrigues de Sá nach Deutschland

Am 10. September 1964 kam Armando Rodrigues de Sá nach Deutschland

Doch dieses war in den vergangenen zehn Jahren schnell in die Jahre gekommen. Das war dem ehrenamtlich tätigen Peter Müllejans aufgefallen, der in einem Urlaub in Portugal darauf angesprochen wurde und die Bitte um Erneuerung weitergab. Der Integrationsrat der Stadt Köln regte schließlich eine Erneuerung an, die vom Amt für Integration und Vielfalt der Stadt mit Unterstützung des Dokumentationszentrums und Museums über die Migration in Deutschland, kurz Domid, realisiert wurde. Passend zum bald anstehenden 60. Jahrestag weihte unter anderem Bürgermeister Andreas Wolter das Denkmal am Dienstagabend ein.

Bürgermeister Wolter und Integrationsrat verdeutlichen die Rolle der Gastarbeiter in der jungen BRD

„Die Gastarbeiter und deren Familien haben einen bedeutenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland und auch Nordrhein-Westfalens beigetragen“, sagte Wolter. Dabei würde gerne vergessen, dass diese auch ihre Sprache, Kultur und ihr Engagement mit nach Deutschland gebracht hätten.

Aber auch andere hielten Reden, um die Gastarbeiter zu würdigen. „Ich hoffe, dass wir mit diesem Anlass die Erinnerung ein bisschen mehr pflegen können“, sagte Tayfun Keltek (SPD), Vorsitzender des Integrationsrates.

Bahnhof Deutz war Angelpunkt für Ankunft der Gastarbeiter

Köln-Deutz war damals ausgewählt worden, weil hier einer der zwei wichtigen Ankunftsbahnhöfe für die Gastarbeiter war, die durch die Anwerbeabkommen seit 1955 nach Deutschland kamen. „Es gab zwei zentrale Bahnhöfe in diesem Kontext. Das eine war der Bahnhof in München, an dem die Menschen aus Italien, dem ehemaligen Jugoslawien und Griechenland ankamen. Hier in Köln hingegen kamen die Menschen aus Spanien und aus Portugal an“, sagt Dr. Robert Fuchs, Geschäftsführer von Domid.

Zu schnell wurden die Eingewanderten damals nur als Zahlen begriffen, sagt Fuchs. „Wichtig ist hier ein Perspektivwechsel hin zu den Menschen, die nach Deutschland aus den verschiedensten Gründen kommen, sich niederlassen und unsere Gesellschaft mitprägen.“

Auch Redner mit portugiesischen Wurzeln bekamen das Wort. Sie machten auf die Win-Win-Situation der beiden Länder durch die Abkommen aufmerksam. Die ehemalige NRW-Landtagsabgeordnete Susana dos Santos Herrmann (SPD) aus Köln betonte die positiven Folgen. Ihre Eltern waren ebenfalls portugiesische Gastarbeiter und kehrten später mit mehr Wohlstand nach Portugal zurück.

Nicht ganz so gut erging es hingegen Sá. Von Köln-Deutz aus ging es für ihn schon wenige Stunden nach der Begrüßung weiter nach Baden-Württemberg, wo er einige Jahre als Zimmermann arbeitete. Im Jahr 1970 kehrte er schließlich zurück nach Portugal, nachdem er zunehmend unter Schmerzen litt. Sein Leiden und die Kosten für Medikamente wurden in folgenden Jahren immer größer, von seiner deutschen Krankenversicherung wusste er nicht. Neun Jahre später verstarb er am 5. Juni 1979 am erst spät diagnostizierten Krebs.