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Streit über VerkehrHilferuf der Lanxess-Arena – Stadt Köln kontert

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Die Gummersbacher Straße an der Lanxess-Arena

Die Gummersbacher Straße an der Lanxess-Arena

Die Stadt Köln will auf der Gummersbacher Straße in Deutz zwei Autospuren in Radwege umwandeln. Der Geschäftsführer der Lanxess-Arena befürchtet wirtschaftliche Gefahren.

Auf der Gummersbacher Straße in Deutz sollen in Zukunft zwei der bislang vier Fahrspuren für den Autoverkehr in Radspuren umgebaut werden. Da die Straße direkt auf die Lanxess-Arena zuläuft, sorgt das Vorhaben für Verärgerung bei deren Geschäftsführung. Arena-Chef Stefan Löcher will den Rückbau auf jeden Fall verhindern und sieht sogar die wirtschaftliche Existenz der Halle in Gefahr.

Mit seinem Anliegen wendet er sich nun in einem Schreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, an Oberbürgermeisterin Henriette Reker und gut 50 Ratsmitglieder, unter anderem an diejenigen, die dem Verkehrsausschuss angehören. Überschrieben ist der Brief mit „Verzweifelter Hilferuf aus Köln-Deutz“ – unterzeichnet ist er von Stefan Löcher als Geschäftsführer.

Man unterstütze zwar das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität und den Umstieg vom Auto auf ÖPNV und Fahrrad. „Allerdings reagieren wir mit völligem Unverständnis auf die Entscheidung, die Gummersbacher Straße durch die Installation eines Radwegs auf eine einspurige Fahrbahn zu reduzieren. Wie Sie wissen, dient die Gummersbacher Straße der Lanxess-Arena im Veranstaltungsgeschäft als Haupttangente – dies gilt sowohl für den Logistiktransfer als auch für die Besucherströme“, schreibt Löcher an die Kommunalpolitiker.

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Straße befindet sich laut Lanxess-Arena-Chef ohnehin an der Auslastungsgrenze

Bei den mehr als 200 jährlich stattfindenden Veranstaltungen in der Arena befinde sich die Achse von der Bundesstraße 55 über die Gummersbacher Straße hin zur Arena im Vorfeld eines jeden Events mit mehr als 10 000 Besuchern ohnehin bereits an der Auslastungsgrenze. „Eine Fahrbahnreduzierung wäre vergleichbar mit der Verstopfung der Arena-Hauptschlagader – der Infarkt nur noch eine Frage der Zeit“, so Löcher.

Der mit dem Auto anreisende Teil der Gäste komme oftmals von außerhalb der Stadtgrenzen nach Köln und hadere bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit Stau und Problemen bei der An- und Abreise. „Zahlreiche uns vorliegende Videos belegen die schon jetzt vielfach chaotischen Zustände. Durch die Implementierung des Radweges auf der Gummersbacher Straße wäre ein rechtzeitiges Erreichen der Arena für Gäste mit weiter Anreise kaum möglich“, so Löcher.

Außerdem meint der Arena-Chef, es gebe bereits heute eine „sehr gute Fahrrad-Infrastruktur auf der Deutz-Kalker-Straße“, also einer Parallelstraße der Gummersbacher Straße. Für den Fall des Rückbaus erwartet Löcher Staus bis hinter die Zoobrücke und den Kalker Tunnel auf die Bundesstraße 55 und die Kalker Hauptstraße – bei Veranstaltungen mit mehr als 10 000 Besuchern auch auf A 59 und A 4. Flucht- und Rettungswege würden versperrt.

Durch Staus könnten Flucht- und Rettungswege versperrt werden

Der Stau würde zudem die Löschfahrzeuge und Rettungswagen der nahe gelegenen Feuerwache 10 behindern. Außerdem gebe es Beeinträchtigungen im Berufs- und Pendelverkehr auch für die Kölner Messe und Ausweichverkehre in Wohngebiete in Kalk, Buchforst und Deutz. Die Anfahrtsprobleme könnten Tournee-Veranstalter wegen ihrer engen Zeitpläne massiv abschrecken, nach Köln zu kommen. Löcher schreibt konkret von einer Insolvenzgefährdung der Lanxess-Arena.

Show-Veranstalter könnten von möglichen Ticket-Rückerstattungen von Köln Abstand nehmen. Tour-Zeitpläne könnten nicht mehr eingehalten werden. Löcher schreibt als eine mögliche Folge: „Gefährdung der Lanxess-Arena als enormer Wirtschaftsfaktor mit einer Umwegrendite von mehr als 500 Millionen Euro in der Region, als direkter und indirekter Arbeitgeber für mehrere tausend Kölnerinnen und Kölner sowie als kommunikativen Leuchtturm bei Shows weltbekannter Stars oder internationalen Sportgroßveranstaltungen.“

Der Status als Sportstadt könnte an Düsseldorf verloren gehen. Notfalls will der Arena-Geschäftsführer gegen die Verschmälerung klagen – er verweist auf die bestehende Baugenehmigung der Arena. Das sei aber das letzte Mittel. Löcher wirbt in seinem Schreiben um verschiedene Alternativen. Konkret wären das eine Mischnutzung des Bürgersteigs der Gummersbacher Straße für Fußgänger und Radfahrer, ein Fahrradleitsystem über die Parallelstraßen oder ein Pop-up-Radweg, der während großer Veranstaltungen wieder dem Autoverkehr zugeordnet wird.

Stadt Köln hält Umbau für unproblematisch

Verkehrsdezernent Ascan Egerer und sein Team halten den geplanten Umbau der Gummersbacher Straße hingegen für unproblematisch. Gemäß einer Zählung von 2018 seien in der Tages-Spitzenstunde zwischen 15.45 und 16.45 Uhr in beiden Fahrtrichtungen zusammengerechnet 1051 Autos unterwegs. „Somit ist die Verkehrsbelastung in der Gummersbacher Straße mit der in der bereits fahrradfreundlich umgestalteten Magnusstraße vergleichbar“, sagt ein Stadtsprecher.

Dort habe die Stadt 2019 im Querschnitt 1031 Autos in der abendlichen Spitzenstunde gezählt. „Auch für Veranstaltungen sind keine maßgeblichen verkehrstechnischen Verschlechterungen zu erwarten“, so der Sprecher. Die Leistungsfähigkeit der Gummersbacher Straße werde durch die Leistungsfähigkeit der mit Ampeln ausgestatteten Kreuzungen und nicht über die Anzahl der Fahrspuren definiert. Die Grünzeiten der Ampeln würden über den Verkehrsfluss entscheiden.

Der Zufluss auf die Gummersbacher Straße finde bereits jetzt von allen zuführenden Straßen einspurig statt. „Schon heute gibt es eine abschnittsweise Einspurigkeit für den Kfz-Verkehr in der Gummersbacher Straße, wo auf Höhe der Eissporthalle das Parken auf der rechten Fahrspur zugelassen ist“, sagt der Stadtsprecher.

Entscheidung des Verkehrsausschusses soll Anfang 2023 fallen

Es sei vorgesehen, separate Abbiegespuren für Autofahrer einzurichten, die vor einer Veranstaltung in das Parkhaus der Lanxess-Arena fahren wollen. Eine neue Ampelanlage am Parkhaus P4 soll für eine geregelte Zu- und Abfahrt bei Veranstaltungsverkehren eingeschaltet werden. Die Rettungswache 10 würde von der Radspur profitieren, da das Bilden einer Rettungsgasse einfacher würde. Der Verkehrsausschuss soll am 24. Januar 2023 eine Entscheidung treffen.