Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess-Arena, spricht im Interview über die wieder regelmäßig gefüllte Halle
Volle Ränge bei einer großen Bandbreite an Interpreten – doch es läuft nicht alles perfekt
Der Arena-Chef wartet noch auf Zahlungen für abgesagte Karnevalveranstaltungen
Köln – Die ersten zwei Jahre Corona-Pandemie waren für viele Veranstalter eine verrückte Zeit am Rande des Nervenzusammenbruchs. Trotz massiver finanzieller Verluste und einem Termin-Verschiebebahnhof gigantischen Ausmaßes haben die meisten überlebt – die Lanxess-Arena trotz hoher Miete, die sie auch im Lockdown weiter zahlen musste. Seit dem Frühjahr entspannt sich die Lage.
„Der Restart nach Corona hätte besser eigentlich nicht laufen können“, freut sich Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess-Arena beim Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man habe viele ausverkaufte Konzerte gehabt, angefangen bei den drei Gastspielen von Genesis mit dem schwer kranken Frontmann Phil Collins, über die große Schlagernacht, den doppelt ausverkauften Comedian Felix Lobrecht bis hin zu Weltstar Dua Lipa oder Tool. „Die waren musikalisch hervorragend und 'Sold out', obwohl viele Menschen von denen noch nie gehört haben.“
André Rieu in der Lanxess Arena mit 11.000 Zuschauern
Sehr beeindruckend, so Löcher, auch das Konzert von André Rieu am vergangenen Mittwoch, das zuvor schon drei Mal verlegt werden musste. „Da waren 11000 Menschen da, und wir hatten eine No-Show-Rate von unter 500. Das ist ein sehr gutes Zeichen, denn die Klientel bei Rieu ist ja eher älter.“
Was kann man daraus schließen, dass die Zahl derer, die trotz gekauftem Ticket nicht zur Veranstaltung kommen, deutlich zurück geht? „Die Leute wollen wieder raus und sie tun es auch. Die Stimmung auch bei den Schlagerveranstaltungen war hervorragend“, sagt Löcher und gibt ein Beispiel. „Bei André Rieu hat eine 94-Jährige ihren Geburtstag gefeiert. Mit zwei Leuchtstäben ausgestattet hat sie wild getanzt vor der Bühne.“
Drei Stunden habe der Geiger mit seinem Orchester gespielt und am Ende für die Kölner auch noch die Höhner auf die Bühne geholt, die „Ä Lävve lang“ und „Viva Colonia“ angestimmt hatten. „Die ganze Halle hat Walzer getanzt, in den Logen, in den Zwischengängen. Hochklassige Solisten, ein tolles Orchester. Von oben gab es Schnee dazu, das war sehr stimmungsvoll.“
Löcher: Personalproblem hat sich relativiert
Die anfänglichen Probleme, ausreichend Personal für die Eventhalle zu finden, haben sich relativiert. „Unser festes Personal ist ja geblieben, da hatten wir keine Probleme.“ Schwieriger ist der Gastronomiebereich, der ja landauf, landab Probleme hat, Mitarbeiter zu finden.
„Das wird gerade deutlich besser, auch wenn wir die eine oder andere Schlange in Kauf nehmen mussten, weil wir trotz ausverkauften Hauses nicht alle Stände aufmachen konnten. Aber es ist keiner gastronomisch unglücklich aus der Halle gegangen. Es groovt sich wieder ein“, versichert der Manager. Man würde weiter Personal suchen. Alles andere wie Security und Reinigung habe man bereits jetzt wieder gut im Griff.
Herausforderung für Veranstalter: Techniker finden
Eine Herausforderung für die ganze Branche angesichts der Vielzahl der Nachholkonzerte sei es, Techniker zu finden wie Stagehands, die die Bühne aufbauen, und vor allem House Rigger, also die Leute, die im Dach alles aufhängen. „Das ist sehr qualifiziertes Personal und es gibt Riesenengpässe, so dass teilweise Produktionen auch gefährdet sind“, stellt Stefan Löcher fest.
„Bei der Schlagernacht XXL waren alleine 16 Truckladungen aufzubauen, oder bei Rieu eine riesige LED-Wand. Aber toi,toi,toi, bisher hat bei uns alles geklappt.“ Die Problematik würde aber auf absehbare Zeit bleiben, gute Planung sei unverzichtbar. „Ich brauch mal eben noch drei Leute auf den letzten Drücker, das funktioniert nicht mehr.“
Kommende Konzerte in der Lanxess Arena: Udo Lindenberg und Alicia Keys
„Insgesamt sind wir happy und hoch motiviert, denn es geht jetzt knackig und nahtlos weiter, immer weiter“, sagt der Chef von Europas erfolgreichster Eventhalle mit Blick auf die kommenden Wochen. „Udo Lindenberg kommt, Alicia Keys, Queen mit Adam Lampard, Billie Eilish, 50 Cent, Nick Cave & the Bad Seeds, Harry Styles, die Night of the Proms. An Sommerpause ist nicht zu denken.“
Neben den Konzerten die Basketball-Europameisterschaft, das „Greator-Festival für Persönlichkeitsentwicklung“, die Zaubershow der Ehrlich-Brothers – durchhalten ist angesagt für die Mitarbeiter. „Die Menschen kommen ja ganz unterschiedlich aus der Pandemie: manche gestärkt und topfit, andere müssen ihren Rhythmus erst wieder finden. Da müssen wir gut balancieren.“
Highlight: Billie Eilish in der Kölner Lanxess Arena
Bei besonders gehypten Auftritten wie denen von Billie Eilish oder Harry Styles seien zwar die Zugangsregelungen zu den Backstage-Bereichen strenger, ansonsten habe die hohe öffentliche Wahrnehmung kaum Auswirkungen auf die Arbeit, zumal Hotelbuchungen oder aufwendige Caterings Sache der Veranstalter wären. „Viele Stars nächtigen im Hyatt, einfach, weil es um die Ecke ist“, so Löcher.
„Für uns ist so etwas wie das EHF-Final Four, die Champions League der Handballer, fast noch fordernder. Das geht rund um die Uhr von 11 bis 23 Uhr. Vier restlos ausverkaufte Shows, 20.000 Besucher, Programm auf den Außenflächen.“ Nach der Auslosung gibt es jetzt noch Resttickets, die dürften aber, nachdem sich der THW Kiel qualifiziert hat, schnell vergriffen sein.
Mit der Unterstützung von Staatsseite während der Corona-Pandemie zeigt sich Löcher nur teilweise zufrieden. Die Überbrückungshilfen I, II und III seien „völlig in Ordnung“ gewesen, damit konnte man überleben. Was offensichtlich aber nicht funktioniert, zumindest nicht flächendeckend, sind die Zahlungen aus dem Sonderfonds Kultur des Bundes.
Für Absage von Lachende Kölnarena gab es noch keinen Ausgleich
„Für die Absage der Lachenden Kölnarena haben wir noch nichts bekommen“, sagt Löcher. Das sind immerhin 15 Veranstaltungen plus die Pänz-Arena. „Wir haben das ja auf Bitten von Landesregierung und Festkomitee abgesagt. Wir haben uns registriert und Ausgleich beantragt, es hat aber bis heute weder ein inhaltlicher Austausch stattgefunden noch haben wir Geld bekommen. Es wäre wichtig für uns und für alle Karnevalisten, dass da jetzt Bewegung reinkommt. Ich hoffe, das waren keine Lippenbekenntnisse.“ Wie aus Karnevalskreisen zu hören ist, ist die Handhabe bei Vereinen und Gesellschaften bisher sehr uneinheitlich.
Sein Blick in die Zukunft ist trotz allem ein optimistischer. „Die Ticketverkäufe ziehen deutlich an“, sagt Stefan Löcher, „die Grönemeyer-Tour im Frühjahr 2023 etwa verkauft sich sehr gut. Hauptsache, im Herbst gibt es nicht nochmal einen Lockdown – ich glaube, die psychischen und wirtschaftlichen Kollateralschäden wären dann nicht mehr aufzufangen.“