300 Menschen zogen am Samstag unter dem Motto „zesamme laut“ durch die Kölner Innenstadt. Sie forderten die Freilassung einer Kölnerin.
Iran-Demonstration in Köln„Wir holen unser Kölsches Mädchen Nahid Taghavi zurück“
Zur Unterstützung politischer Gefangenen im Iran und als Zeichen gegen die aktuell registrierten Vergiftungen an iranischen Mädchenschulen zogen am Samstag circa 300 Menschen durch die Kölner Innenstadt: Unter dem Motto „zesamme laut“ wurde die Solidaritätskundgebung von den Aktionsgruppen „Frauen* Leben Freiheit“ Köln und Bonn sowie „Free_Human“ organisiert.
„Ein Gefühl von Hilflosigkeit treibt mich auf die Straße“, berichtet die 23-Jährige Gresa. Sie steht auf dem Heumarkt vor dem Reiterdenkmal, wo sich nach und nach Menschen zur Auftaktkundgebung einfinden. Man könne so wenig tun, außer seine Solidarität mit den Protesten zu zeigen. Hinrichtungen, Menschenrechtsverbrechen, Todesurteile – all das sei Grund genug, um für die Menschen im Iran zu demonstrieren.
„Während Olaf Scholz und die Bundesregierung ruhig sind, werden wir laut“, ruft die erste Rednerin, Aktivistin und Autorin Nava Zarabian kämpferisch über den Platz. Als Antwort aus den Reihen vor der Bühne ertönt der Ruf: Jin. Jiyan. Azadi.
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Demonstration in Köln: „Während Olaf Scholz und die Bundesregierung ruhig sind, werden wir laut“
Auf dem Platz werden Plakate mit der Aufschrift #Free Nahid Taghavi verteilt. Die 66-jährige deutsch-iranische Kölnerin befindet sich seit Oktober 2020 im iranischen Evin-Gefängnis, verurteilt zu zehn Jahren und acht Monaten Haft. Der Grund: Propaganda gegen den iranischen Staat, berichtet ihre Tochter Mariam Claren, die als Rednerin auf die Bühne tritt.
„Tausende Stunden wurde meine Mutter verhört, ohne Rechtsbeistand. Aber das Regime schaffte es nicht, sie zu brechen.“ Um ihre Freilassung zu erreichen, brauche es nun vor allem Scheinwerfer der Öffentlichkeit. „Wenn Namen bekannt sind, kann das Regime die Menschen nicht einfach verschwinden lassen.“
„Tausende Stunden wurde meine Mutter verhört, ohne Rechtsbeistand“
Mit Jubel und Applaus wird ihre Rede auf der Bühne begleitet. Sie fordert die Demonstrierenden noch einmal dazu auf, laut zu sein, für alle Betroffenen und politischen Gefangenen, die unter der Gewalt des iranischen Regimes leiden.
Mit den Worten „Wir holen unser kölsches Mädchen Nahid Taghavi zurück!“ übernimmt Homayoun, ein Sprecher des Veranstaltungsbündnisses das Mikrofon: Die Kundgebung solle nicht nur an alle politischen Gefangenen erinnern, sondern auch die konkrete Forderung erneuern, die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Liste der terroristischen Vereinigungen zu setzen. Die Veranstaltung sei vor allem dazu da, noch einmal deutlich zu machen, „dass das iranische Regime endlich auch als das bezeichnet werde müsse, was es ist: ein Terrorregime.“
Demonstration in Köln: Bundestagsabgeordnete fordern mehr Druck auf Teheran
Der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh (SPD) unterstützt diese Forderung. Es sei wichtig, sich jetzt in der deutschen Politik gegen die Diktatur der Angst zu wehren. Insbesondere wirtschaftliche Bedenken hätten maßgeblich dazu beigetragen, dass man in Deutschland in den letzten Jahrzehnten inkonsequente Politik dem iranischen Regime gegenüber betrieben habe und somit Menschen, auch politische Gefangene dort im Stich gelassen habe.
Auch der Bundestagsabgeordnete Max Lucks von den Grünen äußert Zustimmung: „Wenn wir im deutschen Bundestag allein entscheiden könnten, ob die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste gesetzt werden, dann würde es dafür eine überwältigende Mehrheit geben“, aber dazu brauche es die unterstützende Mehrheit in ganz Europa.
Bei seiner Rede wird er von Zwischenrufen unterbrochen: warum das Auswärtige Amt nicht mehr tue? Die Frage sei berechtigt, Deutschland habe bereits Sanktionen gegen den Iran umgesetzt, für weitere Schritte fehle es aber an europäischer Einigkeit, so die Antwort. Es brauche weiterhin den Druck von allen Seiten, um Europa zu diesem Schritt zu bewegen.
Demonstration in Köln: Bundestagsabgeordnete fordern mehr Druck auf Teheran
Nach der Auftaktkundgebung am Heumarkt zog der Demonstrationszug mit einer Zwischenkundgebung auf dem Hans-Hartmann-Platz Richtung Dom und von dort aus wieder zurück zum Heumarkt, wo er mit einer Mahnwache und Live-Musik von der Band Planschemalöör beendet wurde.
Neben der gezielten Aufmerksamkeit für politische Gefangene, waren auch die Vergiftungen von Schülerinnen, die in den vergangenen Monaten an mehreren Schulen in der Umgebung Teherans gemeldet wurden, Anlass zur Demonstration.
Fatima Remli, Aktivistin und Autorin sprach sich dazu auf der Bühne für eine intersektionale feministische Außenpolitik aus und betonte, der Kampf der Mädchen und Frauen im Iran für Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie, sei ein Kampf gegen patriarchalische Gewalt weltweit. Deshalb müsse noch mehr öffentliches Interesse für die Verbreitung dessen, was dort passiere, generiert werden.