Eine Gruppe Männer sang in der Kölner Innenstadt das „Erika-Lied“. Ein 48-Jähriger konfrontierte diese daraufhin – und wurde geschlagen.
Friesenplatz in KölnMänner singen Nazi-Lied – 48-Jähriger greift ein und wird geschlagen

Das Opfer erlitt durch den Schlag eine Verletzung am Kopf.
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Nach einem tätlichen Angriff auf einen 48 Jahre alten Mann in der Innenstadt am vergangenen Freitagabend, 7. Februar, ermittelt der Staatsschutz. Ein Unbekannter, der mit einer zwölf- bis 15-köpfigen Gruppe unterwegs war, hatte dem Kölner laut Polizeiangaben gegen 22.40 Uhr in der Zeughausstraße nahe des Friesenplatzes geschlagen und ihn im Gesicht verletzt.
Das Opfer hatte nach eigenen Angaben mit seiner Frau und dem zwölf Jahre alten Sohn nach einem Restaurantbesuch auf ein Taxi gewartet, als die Gruppe schwarz gekleideter Männer auf der Sankt-Apern-Straße in Richtung Friesenplatz unterwegs war. Dabei sollen die Anfang bis Mitte 20-Jährigen das sogenannte „Erika-Lied“ gesungen haben. Es stammt von Ferdinand Friedrich Hermann Nielebock, auch bekannt als Herms Niel, einem der bedeutendsten Marschliederkomponisten des Dritten Reichs. Das Soldatenlied wird seit einiger Zeit vor allem in sozialen Medien verwendet, um Videos mit nationalsozialistischem Bezug musikalisch zu untermalen.

Beim Angriff ist auch die Brille des Opfers zu Bruch gegangen
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Als der 48-Jährige den Gesang hörte, rief er der Gruppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite „Scheiß Nazis“ zu und stieg in ein Taxi, das vor dem Hotel Pullman wartete. Daraufhin – so berichtet es der 48-Jährige – habe sich ein Mann aus der Gruppe gelöst und sei über die breite und viel befahrene Straße zum Taxi gelaufen. Er habe dem Opfer die Fahrzeugtür aus der Hand gerissen und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Fahrer sei sofort losgefahren. Auch die Frau und der Sohn des Opfers hätten während des Angriffs im Wagen gesessen.
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Opfer wird im Krankenhaus behandelt
Als das Taxi mit noch geöffneter Tür nach ein paar Metern anhielt, sei der mutmaßliche Schläger bereits zurück bei der Gruppe gewesen, die ihren Weg fortgesetzt habe. „Die sind nicht mal gerannt, einfach weggegangen, als wäre es das Normalste auf der Welt gewesen“, berichtet der 48-Jährige dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Polizei sei umgehend informiert worden, kam zum Tatort, habe den Angreifer aber trotz Fahndung nicht mehr gefunden. Das Opfer erlitt durch den Schlag eine Wunde am Kopf, seine Brille zerbrach. Nach anhaltender Übelkeit und Schwindel ließ sich der Familienvater am Montag in einem Krankenhaus untersuchen, wo er behandelt und am Mittwoch wieder entlassen wurde.
„Dass die sich das trauen!“
Eine Woche nach dem Angriff berichtet der 48-Jährige von einer großen psychischen Belastung durch die Tat. Er stehe mittlerweile im Kontakt mit der Opferschutzorganisation Weißer Ring. „Mein Sohn war dabei, als sein Papa überfallen wurde und hat die Gewalttat mit angesehen. Er steht immer noch sichtlich unter Schock.“ Dass ihm so etwas in der eigenen Stadt passiert sei, erschüttert den Kölner: „Dass die sich das trauen!“
Auf seinem Instagram-Account teilt er Fotos seiner Verletzung und erhält viel Zuspruch von Freunden und Bekannten, die bedauern, was passiert ist und froh sind, dass er etwas gesagt habe. „Ich würde mich trotzdem nochmal einsetzen. Auch wenn ich jetzt ängstlicher als vorher bin. Das nächste Mal würde ich mich vermutlich versichern, dass Leute herumstehen, die mir helfen können.“
„Ich denke, es war nicht das erste Mal, dass dieser Mann zugeschlagen hat. Und ich würde ihn sehr sicher identifizieren können. Ich sehe sein Gesicht immer wieder vor meinen Augen“, erzählt das Opfer. Da es sich bei der Tat mutmaßlich um politisch motivierte Kriminalität handelt, bearbeitet den Fall die Abteilung Staatsschutz bei der Kölner Polizei. Die Ermittlungen dauern laut Auskunft einer Behördensprecherin noch an.