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Fehlende BaugenehmigungStadt Köln droht Mietern in Beethovenstraße mit Zwangsmaßnahmen

Lesezeit 4 Minuten
Haus mit der Nr. 8 in der Beethovenstraße

Das Haus mit der Nr. 8 in der Beethovenstraße (M.) 

In dem Haus mit der Nummer 8 in der Innenstadt leben 20 Mieter, einige schon seit Jahrzehnten. Nun haben sie Angst, ausziehen zu müssen.

Der Schreck war groß. Kurz vor Weihnachten 2022 bekam Katrin Scholta, die im Hochparterre des Hauses Beethovenstraße 8 eine Psychotherapie-Praxis für Kinder- und Jugendliche betreibt, einen Brief vom Bauaufsichtsamt: Sie nutze die Räume illegal, denn es gebe keine Baugenehmigung.

Zu den anderen rund 20 Mietern, die die Räume entweder privat oder gewerblich nutzen, zählt Bernd Dreßen, dessen Wohnung im vierten Stock liegt. Schon im November erhielt er ein entsprechendes Schreiben des Bauaufsichtsamtes. In ihrer Not wandten sich die Mieter und Mieterinnen an Bezirksbürgermeister Andreas Hupke. Der beantragte für die Januar-Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt eine Aktuelle Stunde.

Haus in der Beethovenstraße: Ärger über Kölner Verwaltung

Dort wurde viel Unmut über das Vorgehen der Verwaltung laut. Scholta legte dar, in der Praxis würde etwa 300 Patienten betreut, viele mit schweren Erkrankungen, die in den Wintermonaten Hilfe besonders nötig hätten. Die Situation sei „dramatisch“; in Köln andere Räume zu finden, sei sehr schwierig. Dreßen sagte, er wohne seit 26 Jahren in dem Haus, eine Nachbarin seit 27 Jahren.

Ihm sei vom Bauaufsichtsamt gesagt worden, er müsse die Wohnung bis Ende Januar verlassen, sonst drohe ein Zwangsgeld von 1000 Euro und mehr. Eine weitere Mieterin äußerte ihr Unverständnis, „dass wir mit Zwangsmaßnahmen belegt werden sollen für etwas, worauf wir keinen Einfluss haben“. Warum trete die Behörde nicht an die Eigentümerin oder die Hausverwaltung heran?

Ein Vertreter des Bauaufsichtsamts beruhigte die Gemüter. Niemand habe eine Ordnungsverfügung erhalten, und falsch sei der Eindruck, „dass morgen ein Rollkommando kommt“. Im Jahr 2020 brach in dem Haus, das einer 94-jährigen Frau gehört, ein Brand aus. In der Folge stellte die Feuerwehr Mängel am Brandschutz fest und verständigte das Bauaufsichtsamt. Dieses nahm nach Angaben der Stadt zwei Ortsbesichtigungen vor, kam in Kontakt mit der Hausverwalterin.

Auslöser sind Brandschutzmängel

Sie veranlasste im Herbst 2020, dass am Hinterhaus ein Gerüst als provisorischer zweiter Rettungsweg aufgestellt wurde; im Vorderhaus besteht kein Problem, weil die Fenster, an die Leitern angesetzt werden können, die Flucht ermöglichen. Der Stadt zufolge erklärte die Verwalterin, man sei bereits auf der Suche nach einem Architekten. Im Januar 2022 habe er den Auftrag bekommen, sich zu kümmern, sagt Martin Wendling vom Büro Wendling Architektur.

Während Planung und Umsetzung des Brandschutzes an einen Experten delegiert sind, übernimmt Wendling die Arbeiten, die sich daraus ergeben, dass das Haus so, wie es vermietet wird, nicht genehmigt ist; zur Vorbereitung gehört etwa, das Aufmaß aufzunehmen und die Statik zu überprüfen. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in repräsentativer Lage erbaut, habe es anfangs nur eine Wohnung pro Etage gehabt, erklärt der Architekt. Später seien die Wohnungen in kleinere Einheiten aufgeteilt worden.

Wendling will im Laufe des Februars einen nachträglichen Bauantrag stellen. Wird er genehmigt, können die Arbeiten beginnen. Anschließend müssen Sachverständige für Schall- und Brandschutz das Ergebnis abnehmen. Die Chance der Bewohnerinnen und Bewohner, in dem Haus dauerhaft wohnen bleiben zu können, hänge „allein davon ab, ob die Eigentümerschaft einen Bauantrag stellt und daraus eine Baugenehmigung folgt“, teilt die Stadt mit.

Bezirksvertreter fordern Verbleib der Mieter und Gewerbstreibenden

Wendling versteht nicht, warum Verfahren eingeleitet wurden, obwohl er der Bauaufsicht im November 2022 angekündigt habe, er werde einen Bauantrag stellen. Von einer Mitarbeiterin habe er zu hören bekommen, man sei intern gehalten, die Verfahren weiterzubetreiben. Nach Auskunft der Stadt richten sich in Fällen illegaler Nutzung die Verfahren „nach reinem Ordnungsrecht“ gegen die „unmittelbaren Nutzer“.

Und landesrechtlich habe die Bauaufsichtsbehörde die „Pflichtaufgabe“, illegale Nutzungen zu unterbinden. „Insofern kann die Führung der Ordnungsverfahren gegen die Mieter und Mieterinnen nicht unterlassen werden.“ Wendling hofft auf die Kulanz der Stadt. Ebenso Bezirksbürgermeister Hupke.

Die Verwaltung müsse aufpassen, dass das „humane Antlitz, das die Stadt mal hatte“, nicht zum „unsozialen Gesicht“ werde. Die Bezirksvertreter fassten einstimmig den Beschluss, die Verwaltung möge alles Mögliche tun, damit weder Mieter noch Gewerbetreibende aus dem Haus ausziehen müssen.