AboAbonnieren

Nach fast 25 Jahren voller ÄrgerSpatenstich für den Ausbau des Kölner Wallraf-Richartz-Museum

Lesezeit 5 Minuten
So soll der Erweiterungsbau für das Wallraf-Richartz-Museum aussehen.

So soll der Erweiterungsbau für das Wallraf-Richartz-Museum aussehen.

Am Montag beginnt der Bau der WRM-Erweiterung, das Versprechen dafür hat die Stadt dem Kunstmäzen schon im Jahr 2001 gegeben.

Um 16.11 Uhr am Dienstagnachmittag sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) einen Satz, den einige Beteiligte der Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums (WRM) lange Jahre bezweifelt haben. Reker steht im Foyer des WRM, vor ihr sitzt die sogenannte Stadtgesellschaft, also Vertreter der Politik, der Kultur, der städtischen Betriebe sowie auch Marisol Corboud, die Witwe des 2017 verstorbenen Kunstmäzen Gérard Corboud. Er hat den Bau nicht mehr erlebt, weil es etliche Verzögerungen bei dem Großbauprojekt gab, aus Verärgerung hatte er 2016 sogar die Ehrenbürgerschaft abgelehnt. Reker sagt anlässlich des Spatenstichs: „Das Versprechen von damals gilt.“

Die OB spricht damit das Jahr 2001 an, als das WRM in seinem Neubau gegenüber des Historischen Rathauses eröffnete. Mit der Annahme der Stiftung Corboud hatte der Stadtrat damals dem Schweizer Sammler Corboud eine Museumserweiterung zugesagt, um die große Anzahl der Bilder angemessen zu präsentieren.

Ewige Dauerleihgabe an die Stadt Köln

Zuvor hatte Corboud der Stadt seine Gemäldesammlung des Impressionismus und Postimpressionismus als „Ewige Dauerleihgabe“ zugunsten des Wallraf-Richartz-Museums übergeben. Laut Verwaltung ergänzte sie den vorhandenen Bestand der französischen Kunst des 19. Jahrhunderts des Museums. Seitdem trägt das Museum demnach den Namen als Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud.

Alles zum Thema Henriette Reker

Marisol Corboud sagt am Dienstag: „Mein Mann ist zwar nicht mehr unter uns, aber er ist immer da.“ Sie lobt die Stadt und Reker. Die OB selbst spricht angesichts des bevorstehenden Baus von einem „Kraftakt“. Museumsdirektor Marcus Dekiert dankt Marisol Corboud für ihre kritische und vertrauensvolle Begleitung des Projekts.

So sehen die Architektenpläne aus: Rechts das Wallraf-Richartz-Museum, links der Erweiterungsbau, dazwischen die Martinstraße.

So sehen die Architektenpläne aus: Rechts das Wallraf-Richartz-Museum, links der Erweiterungsbau, dazwischen die Martinstraße.

Traditionell sind Spatenstiche, Grundsteinlegungen oder Richtfeste Momente der Harmonie, weil sie signalisieren: Es geht vorwärts. Das ist am Dienstag nicht anders. Der Vorsitzende des Stifterrats, Peter Jungen, weist in seiner Rede darauf hin, dass Reker in den vergangenen Tagen „streng“ mit ihm geredet habe, sie kenne die Versäumnisse der Vorjahre. Meint: Jungen soll die Vorgeschichte doch bitte beim Spatenstich nicht noch mal wiederholen.

Deshalb verzichtet Jungen anders als in der Vergangenheit auf Vorwürfe Richtung Stadtverwaltung, er lobt Baudezernent Markus Greitemann für eine feste Struktur für das Bauvorhaben, für monatliche Besprechungsrunden. Und laut Jungen hat Reker gut zugehört bei den Ratschlägen des Stifterrats, unter anderem, weil die Stadt einen externen Projektmanager zu beauftragt hat. Jungen lobt sie und kündigt den Baubeginn für Montag an. Kurz danach findet um 16.55 Uhr der offizielle Spatenstich auf dem benachbarten Baufeld statt.

Blick in den geplanten Ausstellungsraum des Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museum.

Blick in den geplanten Ausstellungsraum des Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museum.

Doch in der Vergangenheit hatte es statt Lob und Harmonie häufig Wut, Ärger, gesetzte Fristen, die Drohung eines Bilderabzugs, ein tatsächlicher Bilderabzug aus Köln sowie Vorwürfe gegeben (siehe Chronik am Ende des Textes).

Blick auf das Wallraf-Richartz-Museum (heller Bau hinter dem Baukran). Die Erweiterungsfläche befindet sich links neben dem Gebäude. Der Kran gehört zur Baustelle des Jüdischen Museums.

Blick auf das Wallraf-Richartz-Museum (heller Bau hinter dem Baukran). Die Erweiterungsfläche befindet sich links neben dem Gebäude. Der Kran gehört zur Baustelle des Jüdischen Museums.

Das Neubauprojekt ist laut des letzten monatlichen Baustellenberichts mit 95,1 Millionen Euro angesetzt, 19 Millionen sind als sogenanntes Risikobudget vorgesehen, also für ungeplante Ereignisse im Bau sowie deren Auswirkungen auf die Kosten.

Wenn das Gebäude mal steht, ist es per unterirdischem Durchgang unter der Martinstraße mit dem WRM-Haupthaus verbunden. 62 Prozent der Fläche sind dafür vorgesehen, mehr Bilder als bisher zu zeigen. Die restlichen 38 Prozent sind die sogenannte Blockrandbebauung, dort sollen Büros der Stadt eingerichtet werden.

Die Chronik:

2000: Die Stadt kauft die Fläche des früheren Kaufhaus Kutz, um für eine mögliche Erweiterung vorbereitet zu sein

2001: Das Wallraf-Richartz-Museum eröffnet gegenüber des Historischen Rathauses.

Stifter und Kunstsammler Gérard J. Corboud, der mittlerweile verstorben ist.

Stifter und Kunstsammler Gérard J. Corboud, der mittlerweile verstorben ist.

2004: Abbruch des früheren Kaufhauses

2012: Kölner Rat beschließt, die Planungen für die Erweiterung zu starten

2013: Die Architekten Christ & Gantenbein gewinnen den Wettbewerb, wie das Museum aussehen soll

2015: Der damalige OB Jürgen Roters (SPD) sagt: „Wenn alles so läuft, wie wir alle es uns wünschen, so könnte mit der Errichtung des Erweiterungsbaus für das Museum Anfang des Jahres 2017 begonnen werden.“ Daraus wird nichts.

2016: Gérard Corboud lehnt aus Verärgerung über die Verzögerung die Ehrenbürgerwürde ab. Seine Frau Marisol teilt mit: „Gérard Corboud fühlt sich von der Stadt Köln schlecht behandelt.“

2017: Dass ein Investor das Gebäude baut, lehnt der Rat nun ab. Zuvor gab es Probleme mit dem Verfahren gegeben. Die Stadt soll es selbst machen. Gérard Corboud stirbt mit 91 Jahren.

2018: Die Witwe Marisol Corboud verlangt von der Stadt eine Bauzusage, sonst ziehe sie Bilder der Sammlung ab. Nun soll es 2021 losgehen, der Bau 2023 stehen. Daraus wird wieder nichts.

2019: Corboud zieht 19 Werke der Sammlung Surpierre endgültig ab. Sie begründet dies damit, dass die Stadt nicht in der Lage sei, über die Fortführung des Erweiterungsbaus „klare Aussagen zu machen“.

2020: Der Rat trifft den Baubeschluss. 2025 soll das Gebäude stehen.

2022: Die Stadt stellt 18 Jahre nach dem Abbruch des früheren Kaufhauses Hohlräume im Baugrund fest, zuvor gab es keine eingehende Untersuchung. Der Stifterratsvorsitzende Peter Jungen sagt verärgert: „Jeder weiß, dass der Untergrund in der Kölner Altstadt seit den Römern vor 2000 Jahren schwierig ist – nur die Stadt Köln weiß das offensichtlich nicht.“

2023: Jürgen Volm, der vom Stifterrat lange geforderte externe Projektmanager für den Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums, nimmt im August seine Arbeit auf. Im Dezember wird der Auftrag für den Tiefbau vergeben

2024: Spatenstich. Geplante Fertigstellung: Juni 2027, danach Inbetriebnahme und Übergabe an den Nutzer im Dezember 2027. Die Eröffnung ist momentan für Sommer 2028 geplant.