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Ungewöhnliche StraßennamenWie die Lungengasse in Köln zu ihrem Namen kam

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Lungengasse

Die Lun­gen­gasse geht hier von der Fleisch­men­ger­gasse ab, im Hin­ter­grund ist das Lokal Puszta-Hüt­te zu sehen

Köln – Herz oder Leber oder auch Niere: Fehlanzeige im Kölner Straßenregister. Eine Lungengasse gibt es hingegen. Warum? Eine Frage in Zeiten von Corona und der Lungenkrankheit Covid 19. Zunächst einmal gibt es keinen Zusammenhang mit dem Kölner Gesundheitsamt am Neumarkt, dessen Rückseite an der 223 Meter langen Lungengasse liegt. Auch wenn es im Amt durchaus um die Lungenfunktion gehen kann. „Einatmen, ausatmen“, heißt es bei der Kontrolle, wenn jemand ein Gesundheitszeugnis zum Beispiel für die Gastronomie braucht.

Die wahre Erklärung führt uns bis ins Köln des 14. Jahrhunderts, in den damaligen Lebensmittelhandel, genauer: eine Kölner Metzgerei. Die hatte, auch das ist ungewöhnlich, in ihrem Hauszeichen zwei Lungen. Menschenlungen oder vielleicht Pferdelungen, das ist nicht überliefert.

Die Kölner Lungenbrüder aus der Lungengasse

Bekannt ist aber, dass die sogenannten Begarden, Vorgänger der Alexianer-Klosterbrüder, im Jahr 1306 ein Haus in der Lungengasse kauften und es zu ihrem Domizil machten. Der Volksmund fand für die Männer bald einen prägnanten Begriff: die Lungenbrüder.

Sie waren für die Ärmsten der Armen da. Pflegten Kranke, sicherten ihre Versorgung, gaben ihnen Obdach. „Um Einnahmen zu haben, haben die Lungenbrüder gebettelt“, erzählt Gerhard Daniels, der im Alexianer-Krankenhaus in Porz-Ensen arbeitet und sich mit der Geschichte der mittelalterlichen Caritative beschäftigt, dem „Express“.

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Das Bettelsystem der Begarden habe damals die Amtskirche misstrauisch gemacht, was drastische Folgen hatte. Schon 1307 seien die Lungenbrüder exkommuniziert, also aus der Kirche geschmissen worden. Daran wiederum störten sich die Stadtverantwortlichen, die wussten, was sie (und die Bedürftigen) an den selbstlosen Bettelbrüdern hatten. Der Rat machte dem Erzbischof Druck, mit Erfolg. Die Begarden bzw. Alexianer konnten ihre Tätigkeit wiederaufnehmen.

Aus den Lungenbrüdern wurden die Alexianer

1480 taucht erstmals der Name Alexianer für die Lungenbrüder auf. Der Name nimmt Bezug auf den heiligen Alexius, eine damals sehr populäre Figur, deren tatsächliche historische Existenz aber nicht belegt sei, so Gerhard Daniels. Fakt ist: Alexius, der auf dem Gebiet der heutigen Türkei gelebt haben soll, war der Schutzpatron der Bettler. Der Legende nach war er ein Sohn reicher römischer Eltern, der sein Leben der Hilfe für die Armen verschrieben hatte. Nach vielen Jahren in Anatolien sei er nach Rom zurückgekehrt und habe unter den Treppen seines Elternhauses gebettelt, und Mutter und Vater erkannten ihn nicht.

Zurück nach Köln und den belegten Fakten: Das Haus in der Lungengasse haben die Alexianer erst in den 1820er Jahren aufgegeben und dann ein neues Gebäude, ein Krankenhaus gebaut – ungefähr dort, wo sich heute die Wolkenburg befindet (Mauritiussteinweg). 1901 zog die Einrichtung, das sogenannte Alexianer-Kloster, um nach Lindenthal, hier entstand ein stattliches Gebäude, das bis heute existiert, als Hildegardis Krankenhaus der Malteser. (red)