Das Scala-Theater am Hohenzollernring feierte am Donnerstag die Premiere seines neuesten Stücks „Schäl Sick Story“.
Von Heinzelmännchen-Striptease und wahrer Liebe„Schäl Sick Story“ feiert heiß erwartete Premiere im Kölner Scala-Theater
Der frenetische Jubel braust im Kölner Scala-Theater schon auf, als die Theaterleiter Ralf Borgartz und Arne Hoffmann die Bühne betreten – die Premiere der „Schäl Sick Story“ am Donnerstag wurde heiß erwartet, etliche Vorstellungen bis Jahresende waren bereits vor Wochen ausverkauft. An den strahlenden Gesichtern der Zwei lässt sich erkennen: Hier machen sich Erleichterung und Vorfreude breit.
„Die Proben waren ganz außergewöhnlich“, sagt Hoffmann. Mit viel Lärm, mit Anschreien, Baustelle, Wasserschaden, Stromausfall und defekter Klimaanlage. „Ich bin froh, dass wir hier noch stehen. Und, dass das Haus noch steht.“ Regisseur Ralf Borgartz fügt glücklich hinzu: „Das Ensemble hat in beispielloser Weise gezeigt, wie man zusammenhält, seine eigenen Bedürfnisse zurücksteckt und andere zum Strahlen bringt.“
Scala-Theater in Köln: Liebesgeschichte zwischen Schäl und Schick Sick
Um Verbundenheit geht es auch in der „Schäl Sick Story“: Das Stück soll die Rheinseiten verbinden, auf dass Schäl Sick und „Schick Sick“ endlich ihre Fehde begraben mögen. Erzählt wird die Liebesgeschichte zwischen Marie Kappes (Kirstin Hesse) und Tünnes Stippefott (Arne Hoffmann) – Marie, von der Schick Sick, Tochter vom „Ääzesupp“-Mogul Jupp Kappes (Ralf Borgartz, ebenfalls als Heinzelmännchen Willi) und Marizebell (Sophie Russel, auch als Bätes) ist jedoch bereits verlobt mit „Kosmoprolet“ Jacko Pütz (Beka Bediana, auch als Heinzelmännchen Johnny mit Sprachfehler und Tourette). Eigentlich eine gute Partie – doch Marie liebt nicht ihn, sondern Tünnes, der nicht nur von der Schäl Sick kommt, sondern auch noch ein Heinzelmännchen ist.
Heinzelmännchen meiden Erbsen wiederum wie der Teufel das Weihwasser: Schließlich rutschten sie der bekannten Kölner Sage nach auf hinterhältig auf einer Treppe ausgelegten Erbsen aus – die Demütigung ließ die Heinzelmännchen fortan die Schick Sick meiden. Mehr noch: Auch seitens der „Schick Sicker“ wird die Brücke am „Checkpoint Heinzel“ (mehr oder weniger) streng bewacht und jedes Heinzelmännchen, das da rüber will, in den Rhein geworfen. Die „Schäl Sick Story“ ist natürlich auch ein quietschbuntes Musical, farblich und musikalisch ein gleichermaßen wildes Durcheinander.
Das Lied der Heinzelmännchen wechselt von Swing zu Hip-Hop zu Tralalala – vereint durch eine große Portion Albernheit, die in „Futzglöcklich“ von Hänneschen-Autor Udo Müller gipfelt, einem Lied über die Freude am Pupsen („Et größte Glöck, dat es ene Futz, wa’mer sich böck, dann knallt et in der Botz“). Das erheiterte das Publikum schon im Hänneschen-Theater und bringt auch die Menschen im Scala-Theater zum Lachen.
Szenenapplaus gibt es bei der Nordic-Walking-Szene von der patenten, sächselnden Mandy Stöpsel (Barbara Nöske) und der wundervoll zotigen, durchgeknallten Marizebill, als Borgartz und Hoffmann mit Sträuchern vorm Gesicht die sich bewegende Landschaft simulieren. Bei mehr als drei Stunden Laufzeit (inklusive zwei Pausen) wird das Tempo nur selten heruntergefahren, erzählerische Längen hat das Stück wenige. Allein zu Beginn braucht es ein paar Szenen, um die Geschichte ans Laufen zu bringen. 20 Minuten weniger hätten der „Schäl Sick Story“ nicht geschadet.
„Schäl Sick Story“: Standing Ovations schon kurz vor Schluss
Auch manch ein Wortspiel tut weh, manch ein Witz ist schon bekannt – doch dank des großartigen Ensembles ist das trotzdem urkomisch. Die ungeheure Spielfreude des Casts überträgt sich ohne Umwege auf das Publikum, das die kleinen Patzer bei der Premiere liebend gern verzeiht. Kleine Textaussetzer brechen die vierte Wand zum Publikum auf eine charmante Weise. Bemerkenswert schön sind auch die Kostüme von Kostümbildner Sergio Abajur.
„Schäl Sick Story“ ist frech, laut, bunt und ohne Hemmungen unter der Gürtellinie, irgendwo zwischen Liebesdrama und Heinzelmännchen-Striptease. Noch bevor der letzte Ton des finalen Songs – „Mir sin Kölle“ als Zeichen der Völkerverständigung – verklungen ist, gibt es stehende Ovationen und „Bravo“-Rufe vom Publikum.