Anni König schließt schweren Herzens nach 45 Jahren ihren Laden an der Merowingerstraße.
Nach 45 JahrenKölner Mode-Instanz in der Südstadt geht in den Ruhestand
Sie sitzt an ihrem Schreibtisch, sortiert Papiere, blickt dabei immer mal in den Spiegel hinter dem Tisch und beobachtet so, was auf der Straße vor ihrem Laden los ist. So wie sie es immer getan hat – viele, viele Jahre. Damit ist es bald vorbei. Anni König schließt ihr „Anni’s Lädchen“ auf der Merowingerstraße Ende Dezember – nach 45 Jahren.
„Es fällt mir unheimlich schwer, es tut richtig weh. Hier steckt so viel Herzblut drin“, sagt sie. Der Laden laufe super, deswegen mache sie nicht zu, aber sie sei jetzt 77, und irgendwann müsse nun mal Schluss sein, erzählt sie. Immer wieder winkt sie in den Spiegel, weil ein Nachbar, Bekannter oder Freund vorbeigeht und grüßt. Auch geht die Tür oft auf und jemand kommt herein, um alles Gute zu wünschen. „Wie lange bist du noch hier?“, fragt ein Nachbar, der frohe Feiertage wünschen will. „Am 6. Januar gebe ich die Schlüssel ab“, antwortete Anni und schon kommen die Tränen. Der Nachbar drückt sie. Die herzliche Ladeninhaberin ist fest in der Südstadt verwurzelt. Sie kennt hier Gott und die Welt.
Nach der Schule machte das gebürtige „Klettenberger Mädche“ eine Ausbildung zur Friseurin und Kosmetikerin. Sie hätte den Friseursalon ihres Onkels übernehmen können, wollte aber lieber eine kleine Boutique aufmachen. Daraus wurde zunächst nichts, weil ihr erster Mann sie vor die Wahl stellte: „Willst du ein Geschäft oder ein Kind?“
Annis Modelädchen: Persönliches Verhältnis zu Kundinnen
Ein Kind wollte Anni auf jeden Fall und 1967 kam Tochter Anja auf die Welt. Nach ein paar Jahren hatte Anni König genug vom reinen Hausfrauendasein, das Kind war mittlerweile schon größer und so erfüllte sich die gesellige Frau ihren Traum und eröffnet im April 1977 ihr Modestübchen in der Merowingerstraße. „Meine Bekannten aus Klettenberg und Lindenthal fragten mich entsetzt: „Warum willst du denn da einen Laden aufmachen? Die Südstadt galt damals als ziemlich kölsch und einfach“, erzählt sie.
Sie selbst störte das gar nicht, schließlich lebte sie schon seit 1964 im Veedel und fühlte sich dort pudelwohl. In ihrem Geschäft, in dem sie Kleider, Röcke, Pullis, Jacken, Mäntel und Accessoires anbot, kamen viele Frauen aus der Südstadt, aber auch der ganzen Stadt. Gute Beratung war Anni König besonders wichtig. „Unter meinen Kundinnen waren zahlreiche Frauen in hohen Positionen, die oft vor vielen Menschen, oft vielen Männern, sprechen mussten. Da sollten sie natürlich gut aussehen, aber sich vor allem in ihrer Kleidung wohl und sicher fühlen“, beschreibt sie. Ehrliches Feedback gehörte für sie stets dazu. „Ich hätte nie jemand zu einem Kauf geraten, nur weil ein Stück teuer war oder um etwas zu verkaufen“, betont sie ihr Verkaufs-Credo.
Zu den Kundinnen hatte Anni König oft ein persönliches Verhältnis „Ich bin nicht selten ihr Coach gewesen“, lacht sie. Gerade die enge Bindung werde ihr fehlen. „Ich werde meine Frauen furchtbar vermissen“, sagt sie mit feuchten Augen.
Anni König bleibt in der Südstadt
Anfang Dezember veranstalten Nachbarn, Freunde und Kunden ein Abschiedsfest für „die Königin“. „Sie kamen herein, mit Gitarre, haben gesungen. Sie haben sogar ein Lied für mich geschrieben, ‚Die Frau im Spiegel‘, weil ich doch immer an meinem Tisch gegenüber vom Spiegel sitze. Und dann haben sie ,Niemals geht man so ganz gesungen’. Da war ich fix und fertig, es flossen die Tränen“, schildert die langjährige Ladeninhaberin.
Niemals geht man so ganz – das passt. Denn auch wenn Anni König ihr Modelädchen schließt, bleibt sie der Südstadt erhalten. Nachbarn, Kundinnen und Freunde werden sie nach wie vor – auch wenn sie mit ihrem zweiten Mann viel reisen will – oft auf der Merowingerstraße und im Veedel sehen.