Neustadt-Süd – Ezaz Osman ist stolz. Der Eritreer arbeitet als Aushilfe im Hotel Mado, das 140 Flüchtlingen als Unterkunft dient. Osman (30) hilft, wenn die Bewohner zum Arzt, den Weg zu Behörden finden müssen oder einen Brief nicht verstehen. Er spricht passables Deutsch, Englisch, Arabisch und mehrere ostafrikanische Sprachen. Im Hotel sind ausschließlich Eritreer und Äthiopier untergebracht.
Er hat zunächst selbst im Hotel gewohnt, dann aber eine eigene Wohnung in Merheim gefunden. Er weiß, dass das Leben hier manchmal anstrengend ist. Aber: „Es gibt in der ganzen Stadt keine vergleichbare Unterkunft“, sagt er, wie jemand, der daran Anteil hat.
Osman ist vielleicht das offensichtlichste Zeichen für die Willkommenskultur im Hotel Mado, die sich eine Willkommensinitiative zum Ziel gesetzt hat.
Das Hotel ist ein Gemeinschaftsprojekt. Inhaber, Angestellte, Nachbarn, Freiwillige und Bewohner ziehen an einem Strang. Mit einer Informationsveranstaltung stellten die Ehrenamtler vor kurzem ihre Arbeit vor. „Wir haben bisher Neulinge auf unseren Versammlungen informiert“, sagt Frank Straßburger, der zur Initiative gehört. „Aber das wurde zu viel.“ Also entschieden sie sich für einen Info-Markt. An verschiedenen Ständen konnten sich die Besucher einen Nachmittag lang ein Bild von den bereits etablierten Angeboten machen: Begleitung bei den Gängen zu Behörden und Ärzten, die Arbeit der Fahrradwerkstatt, Patenschaften, Computer- und Sprachkurse und Sport. Im Hof hängt ein Fahrrad in einem Reparaturständer. Arnold Knörr im blauen Monteurskittel und Mohammad Ibrahim aus Syrien schauen nach den Bremsen. Hinter ihnen lagern unzählige Räder, Sättel, Lenker, Pedale und andere Ersatzteile. Vor dem Hotel stehen die fertig reparierten Räder in langen Reihen, geschützt unter einem Pavillon. „Fast jeder der Bewohner hat ein Rad“, sagt Jochem Schmidt, der sich im ADFC und im Hotel Mado engagiert. Manchmal kommen Flüchtlinge aus dem Umland. Sie haben gehört, dass die Werkstatt gut funktioniert. Und vielleicht ein Rad für sie übrig sein könnte. Der ADFC verteilt Flyer mit den wichtigsten Verkehrsregeln unter anderem auf Arabisch, Albanisch, Kurdisch, Paschtunisch und Englisch. Sonntags unternehmen sie gemeinsame Radtouren durch die Stadt und bis ins Umland. Manchmal fahren 20 Leute mit.
Der Bedarf ist groß, vielfältig und wächst. „Im Moment bekommen die Ersten ihre Anerkennung und eine Arbeitserlaubnis. Jetzt geht es verstärkt auch um Hilfe bei der Wohnungssuche und um die Vermittlung von Praktikumsstellen und Jobs“, sagt Straßburger. Rund 300 Empfänger zählt der E-Mail-Verteiler. Straßberger schätzt den aktiven, „harten Kern“ auf 30 Personen. Doch die Initiative sucht weitere Unterstützer. Ein wenig Zeit sollten interessierte Helfer mitbringen, sagt Verlagsangestellter Straßburger. Viele Termine der geflüchteten Bewohner sind tagsüber.
Ein großer Pool an Helfern schadet auch deshalb nicht, weil die Flüchtlingshilfe kein Ehrenamt wie jedes andere ist. „Es gibt Leute, die sich eine Zeit lang bewusst rausnehmen“, sagt Straßburger, der sich um die Sportangebote kümmert. Die Belastung, Verpflichtungen und Wünschen nicht nachkommen zu können, geht manchen an die Nieren.
Beate Bogalho, 71, hat ihr Berufsleben als Grundschullehrerin gearbeitet. Sie hat selbst Arbeitsblätter für den Sprach-Unterricht mit den Bewohnern des Hotels entworfen. Sie spricht von einem Alphabetisierungskurs, obwohl die Fähigkeiten ihrer Schüler sehr unterschiedlich seien. „Auch wenn jemand in Eritrea studiert hat – den meisten muss man erst einmal klar machen, welche Laute es im Deutschen gibt“, sagt sie. Dafür habe sie kaum Material gefunden. Sie bemüht sich, ein großes Spektrum abzudecken: vom Zusammenhang zwischen Lauten und Buchstaben bis hin zum Verstehen und Ausfüllen von Formularen. Bis zu 30 Leute sitzen mit ihr einem Raum in der Comedia. Dort ist die Konzentration besser als im Hotel.
Anfangs ging Bogalho durch die Zimmer und hat für ihre Kurse geworben, die Bewohner abgeholt. Nach dem anfänglichen Enthusiasmus folgte die eine oder andere Enttäuschung. „Ich habe gemerkt, dass ich das Ganze professioneller, etwas distanzierter angehen muss. Irgendwann sind die weg“, sagt sie am Rand des Info-Marktes. Manche ziehen in eine eigene Wohnung, manche kommen in andere Städte. Im Hinterkopf sei immer auch der Gedanke an eine mögliche Abschiebung. Distanzierter heißt für Bogalho aber nicht weniger intensiv: „Ich habe entschieden, jetzt, in dem Moment für die Menschen da zu sein, und jeden da abzuholen, wo er gerade steht.“
In der Willkommensinitiative tauschen sich die Ehrenamtler aus, Neulinge profitieren von den Erfahrungen anderer. Sie haben auch über Silvester gesprochen, die sexuellen Übergriffe am Hauptbahnhof, und die Folgen für die Flüchtlingshilfe.
„Bei uns sind überwiegend Frauen unter den Helfern“, sagt Straßburger. Die Konsequenz war unstrittig: Jetzt erst recht, beschreibt er die Stimmung.