Luca Bo Hansen und Celina von Wrochem alias Lina Bó haben Musik im Blut. Wir treffen die beiden mit Celinas Großvater, Klaus dem Geiger.
Musik im BlutEnkelin von Klaus dem Geiger singt in Köln mit Familie
Sein Bogen flitzt über die Saiten. Er zupft an ihnen, mal schnell und euphorisch, aber auch mal ruhig und gefühlvoll. Zum Abschluss wünscht er sich Imagine von John Lennon – seine Enkelin Celina singt die englischen Zeilen, Klaus der Geiger übersetzt auf Deutsch. Sein Sohn und Celinas Vater spielt das Saxophon und Bo, Celinas musikalischer Partner, begleitet auf dem Klavier. „Und jetzt alle!“, ruft Celina. Und die Menge auf dem Eierplätzchen in der Kölner Südstadt singt und schunkelt. Zur Belohnung für das Konzert flattern Geldscheine in den Geigenkoffer von Klaus dem Geiger, der eigentlich Klaus von Wrochem heißt, und Zugaberufe schallen über das Eierplätzchen. Eine letzte schnelle Nummer spielt das ungewöhnliche Quartett noch, dann ist Schluss.
Köln: Klaus der Geiger spielt Konzert mit Sohn und Enkelin
Zweieinhalb Stunden vorher in Marcus von Wrochems Geigenwerkstatt, nur ein paar Meter weiter die Mainzer Straße runter. Celina von Wrochem und Luca Bo Hansen, gemeinsam bilden sie das Duo Lina Bó, sitzen wartend auf ihren Stühlen. Celinas Großvater sollte eigentlich auch da sitzen. „Er wohnt ja direkt hier drüber, aber er ist vorhin rausgegangen. Er kommt bestimmt gleich“, meint die Enkelin von dem kölschen Original, das auch über die Stadtgrenzen hinaus als Straßenmusiker bekannt geworden ist. Sich an feste Termine halten, das war wohl noch nie sein Ding. Deshalb war ihm auch die Straßenmusik mit all ihrer Freiheit so lieb. Nur wenige Minuten später spaziert der 83-Jährige dann aber doch in die Geigenwerkstatt.
Es ist das erste Konzert, das Celina und Bo alias Lina Bó gemeinsam mit Celinas Vater und Großvater geben. Sie spielen eine Mischung aus Liedern von Lina Bó und Klaus dem Geiger. Lina Bó ist das neueste Projekt von Celina und Bo, aber sie musizieren schon deutlich länger zusammen. Kenngelernt haben sich die 26-Jährige und der 27-Jährige im Studium an der renommierten Kunsthochschule Artez in Arnheim. Beide sind in musikalischen Familien groß geworden und haben schon als Kinder Straßenmusik gemacht: Bos Mutter ist Musiklehrerin, er lernt schon früh Klavier spielen. In Flensburg wächst er direkt an einer Fußgängerzone auf, von seinem Balkon aus kann er dort die Straßenmusiker beobachten. „Eines Tages, da war ich 15 Jahre alt, bin ich selbst runtergegangen und habe gespielt“, erzählt er.
Lina Bó tourt mit Jimmy Kelly
Celina wächst quasi auf dem Eierplätzchen, dem „Herzen der Südstadt“, auf, erzählt sie. Schon als Kind ist sie mit ihren Eltern dort, wenn sie ihre begehrten Straßenkonzerte spielen. Von ihrer Großmutter lernt Celina Geige spielen, verbringt viel Zeit in der Werkstatt ihres Vaters. Und ihre Mutter, die kubanische Wurzeln hat, inspiriert sie dazu, Sängerin zu werden. „Ich weiß, dass es nicht immer ganz rosig ist, aber es hat mich trotzdem überzeugt“, sagt Celina. Ihr Großvater Klaus der Geiger findet da deutlichere Worte: „Die Musikindustrie ist brutal.“ Er selbst habe schon genügend Tiefs erlebt, bevor es wieder bergauf ging. Deshalb mache er sich auch Sorgen um seine Enkelin, aber die tue nun einmal, was sie will.
Lina Bó tourt derzeit als Support von Jimmy Kelly durch Deutschland. Am Dienstag spielt das Duo in Hamburg und am Mittwoch in Berlin. Nach der Tour spielt das Duo eigene Konzerte im Sommer – auch in Köln. Am 17. Juni treten Celina und Bo beim Lagerfeuer Deluxe im Odonien auf, am 18. Juni sind sie beim Edelweißpiratenfestival in der Südstadt und am 3. September beim Merowinger Straßenfest.
Genau wie ihr Großvater nutzt Celina ihre Musik auch für politische Botschaften. Bisher hat sie als Lina Bó zwei Songs veröffentlicht, „Hallo Welt“ und „Weiblich“. In zweiterem zählt sie Begriffe auf, die alle einen weiblichen Artikel haben: „Der Song ist für die Frauen, für Emanzipation, aber auch für alle Männer, die ihre Femininität in sich aufleben lassen wollen“, erzählt sie. „Wir kommen dabei aber ziemlich schlecht weg“, ruft ihr Großvater rein, der trotzdem meint, „der Song ist ein Hit“. Und ob Männer dabei schlecht wegkommen, sei eine Frage der Perspektive, stellt Celina klar.
Klaus der Geiger kritisiert Straßenmusik-Regeln in Köln
Neben Aufnahmen im Studio und organisierten Konzerten wollen Celina und Bo auch weiter Straßenmusik machen. Und welche Stadt ist dafür am schönsten? Das Duo mag Flensburg wegen der Ostseetouristen, Celina spielt aber auch gerne in den engen Gassen Frankreichs. Klaus der Geiger habe immer nur in Großstädten gespielt, ihm gefielen Hamburg und München. Und das obwohl Straßenmusiker in München offiziell vorspielen müssen, um eine Genehmigung zu bekommen. „Das ist ein Witz“, meint Klaus der Geiger.
Aber auch von den Regelungen in Köln hält er nicht viel: Hier dürfen Straßenmusiker immer nur in der ersten halben Stunde spielen, also etwa von 15 Uhr bis 15.30 Uhr, nicht von 15.30 Uhr bis 16 Uhr. Und dann müssen sie bis zum Anbruch der nächsten vollen Stunde mindestens 300 Meter weiterziehen. „Kulturlos“ nennt das der 83-Jährige.
Dabei gäbe es auch ohne das Ordnungsamt schon genug zu kämpfen in der Straßenmusik. Die Konkurrenz sei hart – gerade Blasmusiker, die man nicht übertönen könne. Da sind sich alle drei einig. Celina und Bo hatten auch schon mit Menschen zu kämpfen, die ihre Boxen aufdrehen und die Musik zu übertönen versuchen. Solcherlei Aktionen gibt es beim Familienkonzert auf dem Eierplätzchen aber nicht. Schon vor Beginn füllt sich der Platz, einige bringen Klappstühle oder Wasserkisten zum Sitzen mit. Viele kennen Klaus den Geiger schon, fragen Celinas Eltern, wann sie mal wieder als Eierplätzchenband auftreten. Und am Ende des Konzerts haben auch Celina und Bo das Publikum für sich gewonnen.