„Kein grober Kostenrahmen“, keine „nachvollziehbare Prüfung zur Angemessenheit der Preise“: So beurteilt der Landesrechnungshof die Filmhaus-Sanierung.
„Hätte nicht zustimmen dürfen“Rechnungshof sieht erhebliche Mängel bei WDR-Sanierung
Im Newsletter des WDR-Rundfunkrates von Anfang Juni ist zur laufenden Sanierung des WDR-Filmhauses notiert: „Ein Bericht über die seit letztem Jahr laufende Prüfung der Sanierung des Filmhauses wird in Kürze erwartet.“ Gut zweieinhalb Monate später wird der Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) nun öffentlich – und er dürfte beim Westdeutschen Rundfunk um den Intendanten Tom Buhrow keine Begeisterungsstürme hervorrufen.
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ äußert sich die Prüfbehörde äußerst kritisch zur Entscheidung, das Gebäude von 1974 zu sanieren, um ein neues Medienhaus für mehrere hunderte Mitarbeitende zu schaffen. „Die Entscheidung zur Sanierung des Filmhauses beruhte auf keiner langfristigen Immobilienstrategie für die WDR-Liegenschaften in der Kölner Innenstadt. Insbesondere fehlte eine angemessene Variantenbetrachtung zur Standortfrage.“ Und: „Der WDR hat im Vorfeld der Entscheidung zur Sanierung des Filmhauses keine ausreichende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt. Außerdem lag dem Verwaltungsrat vor Projektbeginn kein grober Kostenrahmen für die Gesamtbaumaßnahme vor. Der Verwaltungsrat als Aufsichtsorgan hätte dem Projekt auf dieser Basis nicht zustimmen dürfen.“
Rechnungshof fordert ein Regelwerk
Die Prüfung ist vorläufig, weil der WDR sich nun dazu äußern kann, danach liegt der Bericht vor — doch an Eindeutigkeit lässt das Urteil nichts zu wünschen übrig. Der Rechnungshof fordert vom WDR nun ein konkretes Regelwerk, um etwa Kostensteigerungen zu vermeiden. Aus 130 Millionen sind nun 240,1 Millionen Euro geworden, das Filmhaus soll 2024 fertig sein. Der Landesrechnungshof schreibt: „Die Dokumentation und die Begründung für die Vergabe der Rohbauarbeiten, die nach einer ursprünglichen Kostenschätzung von rund 20,7 Millionen Euro (brutto) sechs Monate später für nahezu das Doppelte, nämlich rund 39,6 Millionen Euro (brutto) vergeben wurden, ist unzureichend. Vor allem vermisst der LRH eine nachvollziehbare Prüfung zur Angemessenheit der Preise.“ Der WDR führt die Kostenexplosion ausschließlich auf die gestiegenen Marktpreise zurück.
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In der Vergangenheit hatte es unter anderem Pläne gegeben, auf dem sendereigenen Gelände in Bocklemünd an der Autobahn 1 statt in der Innenstadt zu bauen. Der WDR lässt eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zum Prüfbericht unbeantwortet. Der Sender verweist stattdessen am Mittwoch auf einen Artikel, den der Sender nach der Konfrontation durch diese Zeitung selbst publiziert. Die wesentliche Botschaft in Kurzform: Ja, die Kritik ist berechtigt, wenn sie formale Aspekte zwischen 2007 bis 2014 betrifft – also weit zurückliegend.
WDR widerspricht den Prüfern
Vor 16 Jahren hat sich der WDR laut eigener Aussage grundsätzlich für eine Flächenverdichtung in der Innenstadt entschieden. Als der Sender vor zwei Jahren als Reaktion auf entsprechende Artikel zum Filmhaus einen Bericht dazu auf seiner Internetseite veröffentlich hat, war davon aber noch nicht die Rede. Am Mittwoch heißt es: „In wesentlichen Punkten kommt der WDR zu anderen Einschätzungen als der LRH.“
Und: „Eines ist aber auch ohne ein formales Wirtschaftlichkeitsgutachten klar: Dass eine Sanierung des Filmhauses wirtschaftlicher ist als eine komplette Verlagerung nach Bocklemünd, wo neben einem Neubau weitere Ausbauten und Sanierungen nötig gewesen wären.“ In seinem Artikel gibt der WDR aber bemerkenswert offen zu, dass er erst seit 2015 eine standardisierte Immobilienstrategie hat, also seit acht Jahren.
Nächste Instanz kritisiert WDR
Der Rechnungshof ist damit die nächste Instanz, die die Sanierung und das Handeln der WDR-Spitze kritisiert. Zuvor hatte schon die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit geäußert. Die KEF analysiert den Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Arte. Sie sperrte wegen der Zweifel 69,1 Millionen Euro der 240,1 Millionen Euro.
Die KEF begründete die Sperre damit, dass der WDR die Kosten regelwidrig angemeldet habe. Bis zu einer verbindlichen Gesamtkostenermittlung bleibt das Geld gesperrt. Der nächste 24. KEF-Bericht erscheint 2024, der WDR hat die Freigabe der Mittel zu diesem Zeitpunkt beantragt.
Den Bericht des Landesrechnungshofes erhält auch die Kommission. Der WDR ließt die Frage unbeantwortet, ob er glaubt, das sich das Urteil der Prüfer negativ auf die Entscheidung der KEF auswirke. Bekommt der WDR die Mittel nicht freigegeben, muss er sie laut Beteiligten im Budget einsparen.
Als Beleg für ihre Zweifel an der Wirtschaftlichkeit führt die KEF unter anderem die reinen Baukosten für das Gebäude im Verhältnis zur tatsächlichen Nutzungsfläche an. Sie betragen beim Filmhaus 199,4 Millionen Euro. Hinzu kommen gut 40 Millionen Euro für Ausstattung und Ausweichszenarien. Die Kommission vergleicht diese reinen Baukosten mit laut ihrer Aussage vergleichbaren ARD-Bauvorhaben und urteilt: „Mit 16 283 Euro je Quadratmeter Nutzungsfläche liegt das WDR-Filmhaus um circa 157 Prozent über dem Vergleichswert von 6342 Euro je Quadratmeter Nutzungsfläche.“ Die ebenfalls teure Kantinen-Erweiterung des Bayerischen Rundfunks ist in den Vergleichskosten nicht eingerechnet. Die Kommission urteilte angesichts dieses Verhältnisses beim Filmhaus in Köln: „Die Kommission stellt fest, dass die Sanierung des WDR-Filmhauses erheblich über den Kosten vergleichbarer Neubauvorhaben liegt.“
Der WDR verwies voriges Jahr auf die schwierige Vergleichbarkeit der Bauvorhaben, unter anderem wegen des unterschiedlichen Sanierungsbeginns oder der unterschiedlichen Lage. „So sind in Köln beispielsweise der geordnete Rückbau von Gebäudebestandteilen in dicht bebauter Umgebung und der schwierige Untergrund zu berücksichtigen.“