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Benefizkonzert des BundespräsidentenEnorme Klangopulenz

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WDR Benefizkonzert

WDR Benefizkonzert

Zugunsten des Müttergenesungswerks spielte das WDR Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie unter Cristian Măcelaru.

Konzerte, die mit der Nationalhymne beginnen, sind in der Regel besonders (nicht durchweg: einem „normalen“ Konzert, das zufällig am 3. Oktober stattfindet, wird auch schon mal die Hymne vorangeschickt). Und der Sonntagmorgen-Auftritt des WDR Sinfonieorchesters unter seinem Chefdirigenten Cristian Măcelaru war ein besonderer: Es handelte sich um das seit 1988 alljährlich stattfindende Benefizkonzert des Bundespräsidenten, für das diesmal eben der Kölner Haussender und sein Flaggschiff-Klangkörper gewonnen worden war.

Kurz vor der Hymne betraten, vom zuvor an den Philharmonie-Eingängen gründlich gecheckten Publikum freundlich beklatscht, Frank-Walter Steinmeier und seine Ehefrau Elke Büdenbender den Saal, um in einer mittleren Reihe von Block B Platz zu nehmen. Begleitet wurden sie von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und weiterer Politprominenz aus dem Land.

Büdenbender war diesmal nicht die Frau an seiner Seite, sondern sozusagen funktionsgebunden anwesend. Sie ist die Schirmherrin des Müttergenesungswerks, das 2025 75 Jahre alt wird – und dem, vor allem, der Erlös des Konzerts zufließt. Tatsächlich, meinte Wüst launig gegenüber der durch die Matinee führenden Moderatorin Siham El-Maimouni, höre sich allein der Name „Müttergenesungswerk“ schon 75-jährig an. Indes hätten sich, so auch Steinmeier und Büdenbender in kurzen Statements auf dem Podium, Aufgaben und Ziele der Institution keineswegs erledigt.

Diese wurden einprägsam anhand einiger auf Videoscreens zugespielter Fallbeispiele übermittelt. Mittlerweile geht es aktuell auch nicht mehr nur um familiär gestresste und deshalb dringend erholungsbedürftige Mütter, sondern auch um erschöpfte Väter und sich in der Pflege von Angehörigen aufreibende Familienmitglieder.

Live in der ARD übertragen

Die Zuhörer hatten leichte Einschränkungen hinzunehmen, durften wegen des strikten Zeitplans nicht so lange applaudieren, wie sie wollten, mussten auch während des Konzerts immer wieder durchs Bild laufende Kameraleute ertragen – schließlich wurde die Veranstaltung live in der ARD übertragen. Dafür entschädigte eine gelungene Performance des in sinfonischer Übergröße das Podium flutenden Formation, die unter Măcelarus Dirigat eine enorme Klangopulenz und rhythmische Schlagkraft entwickelte. Nichts da von einer Schwerfälligkeit des Tankers!

Wenn dennoch – ausweislich vieler Huster und eines Schlussbeifalls, dessen Intensität durchaus noch Luft nach oben ließ – der Funke nicht vollends überspringen und zünden wollte, dann lag das in erster Linie an der Stückauswahl. Leichtere klassische Moderne war angesagt, mündend in Bernsteins Sinfonische Tänze aus der „West Side Story“ samt einiger ihrer Ohrwürmer (etwa des allgegenwärtigen „Somewhere“). Sicher, hier mutierte das Orchester zur Bigband, und stellenweise griff das Flair einer puerto-ricanischen Fiesta Platz. Tatsächlich hat diese Musik ihre Tauglichkeit als Gute-Laune-Macher bereits in vielen Silvester- und Neujahrskonzerten unter Beweis gestellt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprechen mit Fernsehmoderatorin Siham El-Maimouni beim traditionellen Benefizkonzert des Bundespräsidenten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprechen mit Fernsehmoderatorin Siham El-Maimouni beim traditionellen Benefizkonzert des Bundespräsidenten.

Aber ob Ravels dreiteilige „Shéhérazade“-Suite (samt dem nicht enden wollenden „Asie“-Satz) mit ihrer auratisch-preziösen Spannungslosigkeit an so einem Morgen sein muss, darf dann doch bezweifelt werden. Und Korngolds leicht zerfaserndes einsätziges Cellokonzert in Ehren – aber sein Violinkonzert zum Beispiel ist in der Substanz deutlich besser. Von den Solisten, die sich noch einmal bei André Previns „Vocalise“ zusammenfanden, gingen die leicht sedierenden Effekte jedenfalls nicht aus, Hanna-Elisabeth Müllers warm timbrierter, schon zum Mezzo neigender Sopran und der lebendig-kantable Ton von Maximilian Hornungs Cello erfüllten alle Erwartungen an eine inspirierte Interpretation.

George Enescus mit Volksliedern potpourrihaft gespickte „Rumänische Rhapsodie“ zu Beginn des Konzerts wird man wahrscheinlich gleichfalls nicht zu den musikalischen Mirakeln zählen dürfen. Hier wollte aber offensichtlich der seiner Heimat leidenschaftlich zugetane Dirigent Flagge zeigen. Das kann man ihm kaum verübeln, sollte es vielmehr als eine Art Abschiedsgruß auffassen. Ende der Saison wird Măcelaru dem WDR Sinfonieorchester als Chefdirigent den Rücken kehren.

Das Konzert kann in der ARD-Mediathek gestreamt werden.