Kölner Italiener „Alfredo“Roberto Carturan führt Gourmettempel in zweiter Generation
Köln – Er reiht sich locker ein in den Kreis derer, die in der Schule mäßig bis schlecht waren, aber später ihr Ding machten – und zwar richtig gut. Roberto Carturan, 53, ist Küchenchef und Inhaber des Edel-Restaurants „Alfredo“ an der Oper in Köln. Der Michelin-Stern-dekorierte Gourmettempel trägt den Namen seines Vaters, dem Gründer des Restaurants. Es besteht auf den Tag genau 45 Jahre und wird seit 1999 von Roberto Carturan geführt.
Der liebt es, „autonom Entscheidungen zu treffen, denn mit einem Partner zu arbeiten, stelle ich mir schwierig vor. Ich bin kein Team-Worker auf geschäftlicher Ebene“.
Leidenschaft für Opern
Mit seiner Leidenschaft fürs Singen, speziell Opern, wäre er fast auf der Bühne gelandet. „Mein Papa hätte seinen rechten Arm dafür gegeben, wenn ich international als Opernsänger Karriere gemacht hätte.“ Papa Carturan hat seinen rechten Arm behalten, Sohn Roberto singt trotzdem. Nicht international, aber jeden Freitagabend im „Alfredo“.
Jeden Mittag kommt Vater Alfredo übrigens ins Restaurant, um zu speisen – in aller Ruhe an einem Tisch abseits des Trubels und mit Blick auf seinen Sohn, dessen Leidenschaft neben der Musik noch dem Sport gehört.
In der Schule hagelte es blaue Briefe
So war’s auch in der Schule. Dafür hagelte es in anderen Fächern blaue Briefe. Drei bis vier pro Schuljahr mussten seine Eltern verdauen. Beim älteren Bruder ging es glimpflicher ab, der „war etwas konstanter in der Schule“. Die Eltern hätten das zwar nicht sonderlich prickelnd gefunden, aber sie glaubten daran, „dass ich es irgendwie hinkriege“.
Der Sohn eines Italieners aus Padua, der zur Generation der ersten Gastarbeiter in Deutschland gehörte, und einer Bonnerin, die sich in Köln zeitlebens wohl fühlte, ging nach dem Abitur, „das man mir, glaube ich, irgendwie geschenkt hat“, nach Italien zum Gesangsstudium. Dort lernte er zunächst die Sprache seines Vaters, denn zu Hause in Köln wurde Deutsch und gelegentlich Kölsch gesprochen.
Beim Fußball steht Carturan auf der Seite Italiens
Folglich tickt Roberto Carturan mal wie ein Italiener, mal wie ein Deutscher. Zuallererst beim Fußball. Der 1. FC Köln ist sein unangefochtener Favorit. So lange, bis die italienische Nationalmannschaft ihren Auftritt hat. Dann geht es durch mit Carturan. Seine Begeisterung für den Sieg der Italiener über die Deutschen bei der Fußball-WM 2006 hatte für ihn das vorzeitige Ende auf einer Party zur Folge. „So richtig hat sich von mir dann keiner mehr verabschiedet.“
Aber Carturan kann auch durch und durch deutsch sein – in punkto Pünktlichkeit ist er kaum zu schlagen. „Total unitalienisch, aber ich lege großen Wert darauf. Selbst bei den profansten Verabredungen bin ich immer fünf Minuten früher da.“ Er wird ungehalten, wenn es nicht klappt. Seine Frau Susanne weiß davon ein Lied zu singen. „Das ist Blödsinn, weiß ich. Aber ich bin so.“
Pizza sucht man im Alfredo vergeblich
Der Gastronom setzt fort, was sein Vater gegen den Trend etabliert hat: mediterrane Sterne-Küche. In den Anfängen des „Alfredo“ kein leichter Schritt, denn jeder, der damals „zum Italiener“ ging, erwartete automatisch eine Pizzeria, aber keine Gourmet-Küche an Tischen mit weißen Decken und Stoffservietten. Heute käme der Wunsch nach einer Pizza oder einem Teller Nudeln mit Hackfleischsauce den illustren Gästen des „Alfredo“ nie und nimmer über die Lippen.
Zu Hause in seinen eigenen vier Wänden liebt Roberto Carturan „bodenständige italienische und deutsche Gerichte“. Sauerbraten, Rouladen und saure Nierchen „können mich furchtbar begeistern“, schwärmt er. „Meine Mutter machte diese Gerichte immer sonntags.“
Ein gutes Olivenöl ist das wichtigste
Aber das Wasser läuft ihm auch im Mund zusammen, wenn er für sich und Freunde zwei Lammschultern in den extra großen, 90 Zentimeter breiten Backofen schiebt, wenn selbst gemachte Tagliatelle mit weißen Trüffeln ihren Duft verströmen oder er eine Minestra di Pane kocht, eine toskanische Spezialität.
Das alles spielt sich bei ihm zu Hause in einer Küche ab, die ohne Schnickschnack auskommt, aber Platz bietet, damit alle dort stehen, reden und einen Wein trinken können, bis das Essen fertig ist. Das wichtigste komme zum Schluss, sagt Carturan, zu Hause oder im Restaurant: „Ich beträufele die Speisen mit ein wenig Olivenöl, einem ganz speziellen.“
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