Trotz NachwuchsmangelsDas sind die Redner im Kölner Karneval
Köln – Alles Typen, auch die ohne Type. Es gibt Comedy, Reimrede, Wort und Musik und fast alle wollen frei rumlaufen. Nur einer will immer in die Bütt. Ein Überblick über die aktuellen Redner im Kölner Karneval.
Volker Weininger
Die Redner scheinen die endlose Weite der Bühne zu schätzen, sie brauchen Bewegungsfreiheit und deshalb keine Bütt. Die Ausnahme ist Volker Weininger. Womöglich steckt dahinter aber keine nostalgischer Rückgriff auf vergangene Zeiten, sondern die schiere Not. „Der Sitzungspräsident“ braucht die Bütt zur Stabilisierung. Weininger hat für seine Type des fröhlich zechenden Redners mit stetig steigendem Lallfaktor eine eigene „Philosophie am Glas“ entwickelt. In diesem Jahr gönnt Weiniger seinem Sitzungspräsidenten auch nach Karneval die volle Aufmerksamkeit und geht mit ihm gemeinsam auf Kabarett-Reise.
Guido Cantz
Als „Mann für alle Fälle“ startete Guido Cantz vor 28 Jahren als Redner im Kölner Karneval. Damals war der Porzer noch nicht blond, sondern hatte tünnes-goldene Haare. Cantz ist als Redner mehr Comedian denn Witzeerzähler. Sein Vortrag ist schnell, pointiert, politisch und frech. Jenseits des Karnevals ist er mit seinem Soloprogramm unterwegs. Aktuelles Programm zum Bühnenjubiläum: „Blondiläum“. Auch deshalb vielleicht vor Jahren die Typveränderung. „Fussinäum“ hätte doch wirklich nicht geklungen. Er ist unter anderem Moderator der Fernseh-Shows „Verstehen Sie Spaß?“ und Montagsmaler.
Bernd Stelter
Gelegentlich kündigen Sitzungsleiter Bernd Stelter als „Werbefachmann“ an. Unter diesem Namen hat er vor gut 30 Jahren angefangen. Zu Beginn verarbeitete er in seinem Programm bekannte Werbesprüche und textete sie zu kurzen Liedern und Sketchen um. Ein klassischer Redner, der mit Reimen, Gags und Witzen spielt, war er nie. Musik ist ein wesentlicher Teil seines Vortrags. Ohne seine Gitarre geht er nicht auf die Bühne. Lieder wie „Ich hab’ drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär“ oder „Ober, Zack ein Helles“ wurden Hits. Sein aktuelles Sessionslied trägt den Titel: „Ich seh’ nackig nicht mehr ganz so knackig aus“.
Bernd Stelter greift häufig politische und gesellschaftliche Themen auf. Außerhalb des Karnevals tourt er mit seinem Kabarettprogramm durchs Land, schreibt Bücher oder macht Campingurlaub in Holland. Zuletzt sorgte Stelter auch überregional für Schlagzeilen: Bei seinem Auftritt bei der TV-Sitzung ereiferte sich eine Zuschauerin über Stelters Witz über Doppelnamen.
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Fritz Schopps
Fritz Schopps ist als „Et Rumpelstilzje“ seit vielen Jahrzehnten im Märchenwald unterwegs und schnappt da allerhand Geschichten auf. Verpackt in Reimform kommt so eine Menge Kritisches zur Welt- und Stadtpolitik auf die Lichtung. Er tritt stets mit einem Schlapphut, Modell Räuberhauptmann, und einem Umhang mit bunten Flicken auf. Der Umhang dient wohl zur perfekten Tarnung im Blätterwald. In den Anfangsjahren war Schopps berühmt und mitunter gefürchtet für seine Rasiermesserscharfen Kommentare in Richtung Politiker. Die Klingen hat „Et Rumpelstilzje“ mittlerweile aus eigenem Antrieb etwas stumpfer geschliffen. Schopps hat angekündigt, nach der Session 2021 als Redner in den Ruhestand zu gehen.
Marc Metzger
Ratschlag für Sitzungsbesucher: Nicht den Saal verlassen, wenn Marc Metzger auf der Bühne steht. „Dä Blöschkopp“ greift das sofort auf. Der Weg im Scheinwerferlicht vom Tisch zur Tür kann ganz schön lang werden, wenn man von seinem Wortgewitter begleitet wird. In dieser Session besteht indes keine Gefahr, der Büttenredner pausiert. „Dä Blötschkopp“ versteht es meisterhaft mit dem Publikum, dem Orchester und dem Elferrat in Interaktion zu treten. Besonders auch die Art seines Vortrags: Er tut so, als habe er aus Versehen gar keine Rede vorbereitet, aber wo er nun mal da sei, könne er ja auch ein wenig plaudern.
Martin Schopps
Wenn Fritz aufhört, wird der Name Schopps nicht von den Karnevalsbühnen verschwinden. Seit ein paar Jahren ist Sohn Martin als Redner unterwegs. Er belauscht keine Tiere und Märchenfiguren im Wald, er durchstreift das Biotop Schule. Da kennt er sich als Berufsschullehrer für Deutsch und Sport aus. Er kombiniert bei seinen Auftritten Rede, Lied und Gitarrenspiel. Dem Thema Schule, Schüler, Lehrer und Eltern bleibt er auch bei seinem Kabarettprogramm treu. Sein aktuelles trägt den Titel: „Tafeldienst“.
Jörg Runge
In früheren Zeiten bevorzugten Büttenredner die Reimrede. Diese Art des Vortrags ist etwas aus der Mode gekommen. Mit Jörg Runge erfährt diese klassische Form eine Renaissance. Der Unternehmensberater tritt als „Dä Tuppes vum Land“ auf. Ländlich bedeutet in dem Fall Runges Heimat, der Oberbergische Kreis. Seine Rede trägt er in kölscher Sprache vor. Bei den Pointen setzt Runge auf Geschichten aus dem Alltag. Religion und Politik, Zotiges und Frauenfeindliches hält er weitgehend aus seinem Vortrag heraus. Der Tuppes setzt auf eine Mischung aus traditioneller Büttenrede mit modernem Kabarett.
Jürgen Beckers
Jürgen Beckers ist Lehrer, Karnevalist, und aus Alsdorf bei Aachen. Der Redner tritt als „Ne Hausmann“ auf und erzählt Geschichten aus dem Alltag. Er hört genau hin, was daheim, in der Nachbarschaft, im Wartezimmer des Arztes oder beim Friseur passiert. Mittlerweile tritt Beckers nach Aschermittwoch unter dem Pseudonym Jürgen B. Hausmann auf. Er möchte damit nach eigenen Worten die Verwechslungsgefahr mit dem Kölner Kabarettisten Jürgen Becker eindämmen. Vor allem, weil der B. mit S. aus A. mittlerweile ebenso wie der B. ohne S. aus K. mit einem eigenen Kabarettprogramm unterwegs ist.
Michael Hehn
Was macht der Nubbel eigentlich nach Fastelovend? Das weiß Michael Hehn als „Dä Nubbel“. Bei seinem schaurig-schönen Vortrag in reinstem Kölsch müssen die Zuhörer ganz besonders aufmerksam die Ohren spitzen. „Dä Nubbel“ setzt auf Wortwitz zum Mitdenken, bei ihm verbindet sich ausgefeilte Rhetorik mit ausdrucksstarker Mimik. Der Redner Hehn ist zwar als Fürst der Unterwelt aus dem Nichts aufgetaucht. Er stand aber schon als Kind in der Bütt. Auf die großen Bühnen hat er sich nach eigener Aussage nur nicht getraut, weil ihm die zündende Idee für eine starke Figur fehlte. Auf die leicht morbid angehauchte Type soll ihn Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn gebracht haben.
Jupp Menth
Als kölschester unter den kölschen Rednern gilt Jupp Menth. Er käme nie auf die Idee, eine Rede in Hochdeutsch zu halten. Seine Type ist „Der kölsche Schutzmann“. Menth ist selber pensionierter Polizeibeamter. Bei seinen Vorträgen nimmt er kein Blatt vor den Mund. Nichts und niemand ist vor seiner spitzen Zunge sicher. Zurückhaltung kommt seinem jecken Kosmos nicht vor.
Ralf Knoblich
Ralf Knoblich ist im Gefängnis – als Justizvollzugsbeamter. Ihm scheint das Umfeld gut zu gefallen. Denn als Redner geht er nach „Einschluss“ mit der Type „Dä Knubbelisch vum Klingelpötz“ auf die Bühne und lässt seine Zuhörer an Erlebnissen mit „gesetzlich ausgerutschten Mitmenschen“ teilhaben. Seine Ansprache ist hart, aber herzlich, und meistens kölsch. Wenn es gewünscht wird, schaltet Knoblich auf Adenauer-Kölsch um.