Mit kölsche Tön, Trinkliedern, Krätzjer und Top-Rednern tourt das Jeckespill-Team wieder mit seinem karnevalistischen Mitmachfest durch Kölns Kneipen.
„Klein, fein, jemütlich“Weetschaffssitzung „Jeckespill“ tourt durch kölsche Kneipen
In den Veedelskneipen ist „d’r Düvel“ loss. Mit „Krätzjer, Klaaf un Kalverei“ zieht das Jeckespill-Team wieder mit handgemachter, ballermannfreier Musik und exzellenten Rednern durch sechs Kölner Kneipen und Brauhäuser. „Die Karten für die elf Weetschaffssitzungen waren innerhalb weniger Minuten ausverkauft“, sagt Jeckespill-Präsident Helmut Frangenberg. „Darauf sind wir sehr stolz.“
Erstmals dabei ist der Friedrich-Ebert-Saal in Bickendorf, in den die Kultkneipe „Rondellchen“ eingeladen hat. Gastgeber des Jeckespills sind immer die jeweiligen Kneipen und deren Wirte. Das Programm wird vom Team der Kneipensitzung und der Sitzungskapelle gestaltet. Der Erfolg der Sitzungen liege an der Art, wie sie gestaltet sind, sagt Frangenberg. „Klein, fein, jemütlich, su wie mer et nur he schaff“, heißt es im „Willkumme-Led“, mit dem seit 2010 jede Sitzung eröffnet wird.
Auch bekannte Namen des Fastelovends genießen die besondere Atmosphäre der beliebten Weetschaffssitzungen. Darunter „Nubbel“ Mike Hehn, der am letzten Aschermittwoch mit Burnout in eine schottische Verbrennungs-Trauma-Spezialklinik eingeliefert wurde und jetzt geheilt mit Heidewitzka und Dudelsack ins südstädtische Alte Brauhaus zurückkehrte. Witzig, scharfzüngig und in feinstem Kölsch teilt Hehn aus, erinnert an die Debatte über diskriminierenden Sprachgebrauch in kölschen Liedern.
„Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche – darf mer dat üvverhaup noch sage?“, fragt er die kostümierten Jecke im Saal. Die Antwort ist eindeutig. Hehn: „Wat willste och söns sage: Tofu, Tee un verdrüschte Prumme?“ Tusch von der Zwei-Mann-Kapelle „Botzeraf“ (Andreas Hirschmann und Martell Beigang). Der Saal tobt. Dä Nubbel kennt sich aus, legt den Finger in städtische Wunden. Es gebe ja bei der Stadtverwaltung Leute, die sagen, sie sehen Licht am Ende des Tunnels. „Ich sin noch nit ens ene Tunnel.“ Applaus. Der Mann ist spitze.
Mitsingtextheft immer dabei
Ruhiger dann das Thekenterzett (Stefanie und Heiner Evering, Winston Friday) mit Quetsch, Gesang und Kontrabass zu kölschen Liedern und Krätzjer von Ostermann bis Jupp Schmitz. Dessen Schlager vom „Alten Dattelbaum“ (dattel, duttel, dittel, dattel, duti da), der ungeahnte Liebeskräfte verspricht, kam gut an. Genau wie der „Dingens us d’r Dingensstroß, der neulich mem Dingens en däm Dingens soß“, dem unvergessenen Liedchen von Horst Muys, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre.
Die Weetschaffssitzung lebt vom Mitmachen, Mitsingen, Mitschunkeln und Blättern im Textheft. Anders als in den Vorjahren verzauberten diesmal drei statt bisher zwei Brauhauselfen die Jecke im Lokal. Neben Mica Frangenberg sorgten Uli Müller und Esther Chrischilles, die das Publikum zuvor auf die Namen Willy, Millo und Witsch (die Witsch) umgetauft hatte, für feenhafte Schönheit auf der Bühne.
Bei Kölsch, Korn und halven Hahn amüsierten sich die Jecke über den „Tuppes vom Land“ (Jörg Runge) und die Kult-Rentner Willi und Ernst (Dirk Zimmer und Markus Kirschbaum), die eine Pointe nach der anderen aus der künstlichen Hüfte schossen und nach eigenen Angaben auch „noch zu haben sind“. Ihr Debüt beim diesjährigen Jeckespill gaben die fünf Musiker der Band Halvlang mit rasantem kölschen Folk.