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„Karren vor die Wand gefahren“Kölner kritisieren Gemeindereform in Porz und Ehrenfeld

Lesezeit 4 Minuten

Die Kirche St. Joseph in Ehrenfeld

Köln – „Kein eigener Pfarrer mehr, wir sollen selbst den Mangel verwalten – aber ohne anerkannte Kompetenz dafür.“ So fasst Marianne Odenthal ihre Einschätzung der Zukunft für Katholiken in Zündorf zusammen. Gemeinsam mit gut 150 Besuchern der Familienmesse in der Pfarrkirche St. Mariae Geburt hat sie soeben bestätigt bekommen, was in der Gemeinde schon lange befürchtet worden war.

Die Strukturreform der katholischen Kirche in Köln schreitet, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, schneller voran als erwartet. Nachdem im vorigen Jahr die City zum „Sendungsraum Innenstadt“ zusammengefasst worden war, kommen nun das Rechtsrheinische und Ehrenfeld an die Reihe. An diesem Wochenende wurde allen Porzer Gemeinden mitgeteilt, dass sie als „Kirche in Porz“ künftig vom Pfarrer Berthold Wolff geleitet werden.

Nach dem Tod von Pfarrer Thomas Rhein und wegen der Versetzung von Pfarrer Wahlen aus dem Nachbarbereich Christus König nach Siegburg haben die drei Porzer Seelsorgebereiche Vakanzen, die nicht durch neue Priester besetzt werden. Pfarrer Bertold Wolff aus dem Seelsorgebereich St. Maximilian Kolbe steht nun allen drei Seelsorgebereichen vor. Die Gläubigen wurden in einem Brief des Erzbischofs gebeten, an der Veränderung mitzuwirken.

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„Es ist ja schön, dass die Kirche jetzt Verwaltungsstellen eingerichtet hat. Aber das Seelsorgeteam wird nicht aufgestockt“, bedauert Marianne Odenthal, die in der Zündorfer katholischen Frauengemeinschaft (kfd) aktiv ist. „Auf unsere seit Jahren vorgetragene Forderung, weibliche Diakone zu weihen, geht die Kirche nicht ein“.

„Überkommene Strukturen“

Zu langes Festhalten an überkommenen Strukturen hält auch Messebesucherin Karin Wählen für eine Hauptursache des schon lange offenkundigen Mangels. Sie fasst zusammen: „Die Kirche hat den Karren vor die Wand gefahren – und jetzt sollen die Laien es retten.“

„Vom Brief des Erzbischofs bin ich enttäuscht“, macht Brigitte Inden deutlich. „Das ist doch nur allgemeines Beschwichtigen, wir als Menschen in der Gemeinde finden uns darin nicht wieder.“ Marianne Schenkel sorgt sich um die Älteren, die Kraft durch die Sonntagsmesse schöpften und vielleicht nicht imstande seien, zur Messe in Nachbargemeinden zu fahren. „Sie fühlen sich im Stich gelassen. Eine Messfeier im Fernsehen ist doch kein Ersatz“, sagt sie.

Ria Boxberg fängt bereits an, sich über die Laien-Mitwirkung Gedanken zu machen. „Wenn jetzt nur noch jeden zweiten Sonntag in unserer Kirche eine Messfeier ist, könnten wir den kfd-Gottesdienst für Frauen, den Gemeindereferentin Elisabeth Uhlenbruch-Bläser immer sehr gut mit uns vorbereitet, künftig sonntags feiern“. Doch damit dürfe es nicht genug sein. „Es muss sich radikal etwas ändern“, verlangt Karin Wählen. „Solange die Kirche mit der Verarbeitung der Missbrauchsfälle nicht viel offener umgeht und eine echte Umkehr erkennen lässt, wird die Abkehr der Gläubigen von der Kirche anhalten“, ist sie überzeugt.

Ortswechsel: In der Pfarrkirche St. Joseph an der Venloer Straße in Ehrenfeld haben sich etwa 80 Gläubige zur Sonntagsmesse versammelt. Fünf Kirchen gehören bereits jetzt zum Seelsorgebereich Ehrenfeld. Hier an der Einkaufsstraße, unweit der Ditib-Moschee, wohnen immer weniger Katholiken. In Neu-Ehrenfeld, wo etwa St. Anna mitten im Wohngebiet liegt und die Jugendarbeit vorbildlich ist, sind Struktur und Zuspruch ganz anders. Hier bekommt nach Informationen des „Stadt-Anzeiger“ der Bickendorfer Pfarrer Klaus Kugler zusätzlich die Verantwortung für den benachbarten Bereich Ehrenfeld, wo Pater Victor Heger vom Orden der Karmeliter die Altersgrenze von 75 erreicht.

Mehr Informationen am kommenden Wochenende

Vor dem Schlusssegen erklärt Diakon Horst Eßer: „Viele von ihnen werden im »Stadt-Anzeiger« gestern bereits gelesen haben, dass es in Porz und hier in Ehrenfeld eine neue Großpfarrei geben wird mit dem schönen Namen Sendungsraum. Dazu wird es am kommenden Wochenende ein Proklamandum (Mitteilung des Erzbistums, Anm. der Red.) unseres Herrn Kardinals zu verlesen geben. Vorher kann ich dazu nichts sagen, und das werde ich auch nicht tun. Nächste Woche wissen wir mehr.“

Jutta Himmelsbach, die sich ehrenamtlich in ihrer Gemeinde engagiert und während der Sonntagsmesse etwa die Fürbitten gelesen hat, ist nicht überrascht von der Entwicklung. Dass Pater Viktor in Ruhestand gehe, wisse man schon länger. Und „solche Umstrukturierungen wird es deutschlandweit geben“, ist sie sich sicher. Sie als Laie wolle sich nicht entmündigen lassen, „aber ich bin kein Mensch, der Veränderungen nicht auch als Chance sieht: Wir müssen einfach gucken, wie wir da positiv mit umgehen.“