Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wollte an den Standorten Holweide und Riehl festhalten, das sehen die Akteure vor Ort weitgehend anders.
Entlastung für UniklinikErweiterte Merheimer Klinik soll Patienten im Rechtsrheinischen helfen
Die Geschäftsführung der städtischen Kliniken hat ihr Konzept für die Verlegung aller Stationen von Holweide und Riehl nach Merheim den Fachpolitikern im Gesundheitsausschuss vorgestellt. Dabei stellten die Geschäftsführer Axel Goßmann und Sylvia Langer klar, dass die Schließung der beiden Standorte aus ihrer Sicht keineswegs ein Rückschritt für die Gesundheitsversorgung der Kölnerinnen und Kölner sei. Sondern ein klarer Fortschritt. Rückenwind bekommt die Geschäftsführung durch ein deutliches Votum des Betriebsrats: Mit nur einer Gegenstimme sprach sich das Gremium deutlich für das „1+0-Konzept“ aus.
„Es geht nicht nur um die Anzahl, sondern auch um die Qualität der Betten“, sagte Goßmann in seinem Vortrag. Seiner Ansicht nach sei es entscheidend, im Rechtsrheinischen einen modernen Maximalversorger aufzubauen, wo etwa eine Polytrauma-Chirurgie langfristig Platz hat – damit Unfallpatienten nicht erst über den Rhein transportiert werden müssen.
Ähnliches gelte für Schlaganfall-Patienten: Sei die Entfernung eines Thrombus nicht innerhalb von drei Stunden abgeschlossen, drohe vielen dieser Patienten der Tod oder eine lebenslange Schwerbehinderung. Um diese im Rechtsrheinischen zu gewährleisten, müsse die CT-Angiographie in Merheim, mit der Blutgefäße im Körper dargestellt werden können, erhalten und ausgebaut werden. „Es ist technisch unmöglich, das Verfahren mit einem Transport über den Rhein durchzuführen“, so Goßmann.
Klinik-Geschäftsführerin: „Geben Sie den Mitarbeitern eine Perspektive“
Aus seiner Sicht kann es entweder mehrere kleinere Krankenhausstandorte geben, bei denen die Behandlungsqualität schlechter wäre. Und die nicht jeden akuten Notfall abdecken können, sodass Patienten in Extremsituationen auf einen Transport bis in die Lindenthaler Uniklinik angewiesen wären. Oder eben einen Medizincampus in Merheim, an dem alle Leistungen gebündelt werden. „Wir brauchen Interdisziplinarität, egal was sie kostet. Mit der Uniklinik als einzigem Maximalversorger wäre der ganze rechtsrheinische Raum verwaist.“
Derzeit sei nur rund die Hälfte des Hauses in Merheim vollständig nutzbar, außerdem wäre der Neubau einer Kinderklinik und die Errichtung weiterer Gebäude notwendig. Verteilt über acht Jahre sollen rund 600 Millionen Euro investiert werden. „Wir reden nicht über Schließungen, sondern über Verlegungen“, stellte auch Langer klar. Auch, wenn die beiden Standorte selbstredend geschlossen werden sollen. Verlegt werden sollen die Stationen, die an ihnen betrieben werden.
„Wir glauben, dass in dieser Struktur Wachstum möglich ist.“ Auch für die künftige Gewinnung von Pflegepersonal sei eine vergrößerte Merheimer Klinik besser geeignet als mehrere kleine Standorte. „Die Investitionen stellen uns nachhaltig eine gute Struktur sicher.“ Ihr Appell an den Kölner Stadtrat: „Geben Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive.“
Karl Lauterbachs Einwand wird in Köln nicht ernstgenommen
Den von Karl Lauterbach geäußerten Einwand, man könne im Rahmen der geplanten Krankenhausreform durchaus auch die Standorte in Holweide und Riehl erhalten, halten die Akteure vor Ort weitgehend für unseriös. Auch enge Vertraute des SPD-Gesundheitsministers sehen in dem Vorschlag bloß den Versuch, sich im eigenen Mülheimer Wahlkreis beliebt zu machen. Sowohl die Geschäftsführung, als auch die Stadt sehen die 1+0-Lösung als passend im Sinne der geplanten Krankenhausreform Lauterbachs an, die eine Verbesserung der Behandlungsqualität durch die Konzentration auf größere Häuser vorsehen wird. Goßmann lässt auf Anfrage durchblicken, was er von Lauterbachs Einwand hält: „Unser Fokus liegt auf der Frage, ob geänderte Vorgaben auf Bundes- und Landesebene Änderungen am Modell erforderlich machen. Bedarf für Anpassungen gibt es bisher nicht“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Alex Lechleuthner, Leitender Notarzt der Kölner Feuerwehr, hält den Plan der Geschäftsführung für sinnvoll. Er fordert im Sinne der Notdienste, dass die Schließung von Holweide erst vollzogen werden darf, sobald alternative Notfallambulanzen eröffnet sind. „Wenn plötzlich etwas geschlossen wird und das Neue noch nicht da ist, haben wir ein Problem“, so Lechleuthner. Sylvia Langer sagte, man werde „in der Detailplanung genau diese Frage berücksichtigen.“ Zu keinem Zeitpunkt dürfe man Betten verlieren.
Kölner CDU äußert sich positiv – Mehrheit für Konzept wahrscheinlich
Offen ist bislang die Frage, was aus den Grundstücken in Holweide und Riehl wird, die im Fall eines Umzugs nicht mehr gebraucht werden würde. Die Geschäftsführung würde an diesen Stellen bezahlbare Wohnungen für Pflegerinnen und Pfleger befürworten.
Auch, wenn es bis zum Beschluss im Stadtrat noch einige Wochen dauern dürfte: Eine Mehrheit für das 1+0-Konzept scheint nicht unrealistisch. So reagierte sich etwa CDU-Ratsfrau Ursula Gärtner positiv auf den Vortrag der Geschäftsführung – obwohl zuletzt zu hören war, dass ihre Fraktion auch einem Einstieg privater Investoren, den das Konzept ausschließt, nicht gänzlich abgeneigt wäre. „Uns kann es nicht schnell genug gehen“, sagte sie mit Blick auf den im Rahmen von rund zehn Jahren geplanten Umzug.
„Wir wollen eine Gesundheitsversorgung von möglichst hoher Qualität in Köln.“ Die anderen Fraktionen hielten sich weitgehend bedeckt, was ein mögliches Votum angeht. Es ist davon auszugehen, dass Grüne und Volt sich jedenfalls nicht gegen das Konzept stellen werden. Damit käme alleine durch die Stimmen des Ratsbündnisses bereits eine Mehrheit zustande. Doch Ralf Unna (Grüne), Aufsichtsratschef und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, würde gerne eine möglichst breite Mehrheit mit Unterstützung der Opposition organisieren.