27 Litfaßsäulen im Stadtgebiet nutzt die Stadt Köln nicht für Werbung, sondern als Kunstflächen. Das aktuelle Motiv sorgt für Aufmerksamkeit.
Kölner Kunst-LitfaßsäulenNeues Motiv Sticht ins Auge
Litfaßsäulen wollen Aufmerksamkeit erregen. Auf kleiner Fläche ringen konkurrierende Werbetreibende darum, den Blick der Passanten auf sich zu ziehen. Der Einsatz von grellen Farben und Formen ist dafür ein beliebtes Mittel. Und doch, gegen das Motiv auf 27 Litfaßsäulen, die in diesem Sommer vielerorts in Köln zusehen sind, wirken die klassischen Werbetürme schlicht und zurückhaltend.
Plüsch und Plastik, Mäuse und Einhörner blicken dem Betrachter von der Säule entgegen. „Abandoned Toys“ (zurückgelassene Spielzeuge) heißt das Motiv von Künstlerin und Künstler Lisa Mayer und Emil Adam. Auf der Fotographie, die sich rund um die Säule erstreckt, sind dicht aneinandergedrängte Spielobjekte zu sehen. Die Säule erinnert dadurch ein wenig an einen Kirmes-Greifarmautomaten, der mit pinken Spielzeug voll gestopft ist.
Mayer und Adam arbeiten seit gut zwei Jahren regelmäßig zusammen und verwenden vorwiegend altes Kinderspielzeug. „Wir sammeln seit Jahren alles, was uns so in die Hände fällt – auf Flohmärkten, in Verschenk-Kisten und über Ebay“, erzählt Mayer. Sie suchen vor allem günstiges Spielzeug mit viel Plastik. „Die Objekte stellen für uns die Zeit, in der wir leben, dar“, sagt Adam. „Sie verkörpern Schnelllebigkeit und Wegwerfgesellschaft. Dieser Zeitgeist lässt sich mit dem billigen Spielzeug in der Ästhetik der 90er-Jahre besonders gut darstellen.“
27 Kunstsäulen schmücken Köln über das gesamte Stadtgebiet verteilt
Das Motiv von Lisa Mayer und Emil Adam ist aktuell an 27 Orten im Stadtgebiet zu sehen. Die Stadt Köln betreibt das Projekt seit fünf Jahren zusammen mit der Kunsthochschule für Medien (KHM) und der Firma Ströer.
Als 2017 insgesamt 200 Litfaßsäulen abgerissen werden sollten, setzten sich Bürgerinnen und Bürger mit einer Petition für den Verbleib einiger Säulen als öffentliche Kunstleinwände ein. Die Kunstaktion lief damals seit zwei Jahre im Probelauf und konnte dank der öffentlichen Fürsprache fortgesetzt werden, erklärt die Stadt auf Anfrage. 2019 wurde ein zehnjähriges Förderprogramm für die Kunst-Litfaßsäulen beschlossen. Die Stadt weist darauf hin, dass die Finanzierung ab 2025 nicht gesichert ist. Zuletzt hat die Verwaltung die Beratungen über den Haushalt 2025/2026 ausgedehnt, weil sie stärker sparen muss.
Jeweils für zwei Monate können Kunstschaffende auf den Säulen ausstellen. Eine Jury aus KHM-Vertretern, Künstlern, städtischen Mitarbeitenden und Vertretern von Ströer wählt die Motive aus. Man möchte vor allem Kölner Künstlern, aber auch nationalen und internationalen Kunstschaffenden, eine Bühne bieten, teilt die Stadt Köln mit. Für dieses Jahr stehen bereits alle Motive fest. Im September soll die Ausschreibung für das Jahr 2025 beginnen.
Dass zwei Künstler eine Säule zusammen gestalten, ist übrigens sehr ungewöhnlich, erzählen Mayer und Adam. „Auf den Anmeldeformularen war das gar nicht vorgesehen. Wir mussten unsere beiden Namen in Spalten quetschen, die eigentlich nur für einen vorgesehen war.“ Geklappt hat es trotzdem. Die Säulen mit ihrem Motiv stehen aktuell in allen neun Stadtbezirken Kölns – 20 Mal linksrheinisch, sieben Mal auf der „Schäl Sick“. Doppeltes Honorar gibt es für die Co-Produktion aber nicht – die beiden müssen die üblichen 600 Euro untereinander aufteilen, erzählen sie.
Eine Kölner Idee entdeckt die Welt
Köln war, nach Aussagen der Verwaltung, 2015 die erste Stadt, die auf die Idee kam, alte Litfaßsäulen kreativ zu nutzen. Seitdem gibt es nationale wie internationale Nachahmer, etwa in Osnabrück, Regensburg, Bremen und im österreichischen Salzburg. Mayer und Adam erzählen, sie wollen als nächstes auch auf Litfaßsäulen in Essen ausstellen.
Die Stadt Köln möchte mit der Aktion Kunst und Kultur stärker in den öffentlichen Raum tragen. Die Verwaltung hofft Gespräche darüber anzuregen „was Kunst ist und welche Bedeutung der öffentliche Raum für seine Bürger*innen hat“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt.
Auch die Säule „Abandoned Toys“ sucht die Interaktion mit Passantinnen und Passanten. „Viele Kinder bleiben stehen und entdecken Spielzeuge, die sie kennen“, erzählt Mayer. Aber auch Erwachsene wollen die beiden Künstler ansprechen. Einige Kölner könnten etwa Objekte wiederfinden, die sie in den letzten Jahren zum Verschenken vor die Tür gestellt haben, sagt Mayer. „Außerdem regen die Spielzeuge nostalgische Gefühle an.“
Die zurückgelassene, Spielzeuge sollen also mehr tun, als nur einen kritischen Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen werfen. „Wenn ich Kunst mache, möchte ich den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zaubern. In Zeiten, in denen man so viel harten Meldungen aus den Nachrichten ausgesetzt ist, soll unsere Kunst im öffentlichen Raum – neben der kritischen Note – auch Freude verbreiten“, erzählt Adam.