Kölner Messe-SkandalGutachten soll der Öffentlichkeit vorenthalten werden
Köln – Der Vorgang sollte Klarheit schaffen über eine der größten Affären der Stadtpolitik. Doch stattdessen droht die wissenschaftliche Aufarbeitung des Messe-Skandals zu einem weiteren Beispiel für Intransparenz im Rathaus zu werden. Die Verwaltung will die Dokumentation des Kieler Universitätsprofessors Peter Graeff unter Verschluss halten – „zum Schutz der Persönlichkeitsrechte“ all derer, die in dem Gutachten erwähnt werden. Das geht aus einer schriftlichen Mitteilung der Stadtkämmerin Dörte Diemert an die Ratspolitiker hervor – und selbst diese allgemein gehaltene Information erfolgte mit dem Hinweis „nicht öffentlich“.
Es hat die Verwaltung 116 000 Euro gekostet, die 15 Jahre zurückliegenden Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Bau von vier Messehallen durch den Oppenheim-Esch-Fonds aufarbeiten zu lassen. Die vom Rat gewünschte Untersuchung sollte die Hintergründe des rechtswidrigen Deals zwischen den Investoren, der Messe und der Sparkasse Köln-Bonn darstellen – und für jedermann nachvollziehbar machen, welches Geflecht geheimer Absprachen dem von der Politik gebilligten Geschäft im Wert von mehreren hundert Millionen Euro zugrunde lag. Sozialwissenschaftler Graeff, der bei der Organisation den Arbeitskreis Korruptionsforschung koordiniert, hat seine Arbeit bereits vor Monaten beendet. Doch die Kämmerin will die Ergebnisse nicht veröffentlichen.
Fragen zum Datenschutz bleiben in Köln
Die Verwaltung teile den Wunsch nach „größtmöglicher Transparenz des Verfahrens“, sagte Diemert am Freitag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Um dieses Ziel zu gewährleisten, ohne die Persönlichkeitsrechte Einzelner zu verletzen, habe sie vor einer Veröffentlichung der Gutachtens einen externen Rechtsbeistand Fragen des Datenschutzes und des Presserechts prüfen lassen. Der vertrete die Auffassung, die wissenschaftliche Dokumentation dürfe der Allgemeinheit nicht zugänglich gemacht werden, so Diemert: „Eine Veröffentlichung wäre nur bei einer vollständigen Anonymisierung möglich. Da jedoch die seinerzeit handelnden Personen größtenteils bekannt sind, ist der Verwaltung eine den datenschutzrechtlichen Erfordernissen genügende Anonymisierung nicht möglich.“
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Der Auftrag, den der Stadtrat der Verwaltung im Mai 2016 erteilt hatte, sah etwas anders vor. „Die Dokumentation“, heißt es in dem Beschlussprotokoll, soll bis Ende 2017 abgeschlossen und dem Betriebsausschuss Veranstaltungszentrum Köln sowie dem Rechnungsprüfungsausschuss in öffentlicher Sitzung vorgelegt werden.“ Mit ihrer Entscheidung wollten die Politiker Transparenz schaffen. Denn alles, was in öffentlichen Sitzungen zur Sprache kommt, können Bürger im Online-Informationsportal des Stadtrates nachlesen.
Diemert will die Angelegenheit allerdings nur im internen Kreis besprechen lassen. Der Bericht des Wissenschaftlers werde im nichtöffentlichen Teil des Finanzausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses behandelt, kündigte sie an. So erhalte der Rat „vollumfängliche Informationen“, um „seine Kontrollrechte wahrnehmen zu können“. Zudem biete die Verwaltung den Ratsmitgliedern an, die Gutachten einzusehen. Daraus folgt, dass nicht einmal die Fraktionen ein Exemplar der von ihnen selber beauftragten Studie erhalten.
Kritik der Ratspolitiker
Die Anregung für die externe Untersuchung stammte von dem Ratsherrn Thor Zimmermann (Wählergruppe Gut) und den Freien Wählern. Es gehe darum, „verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen“ und „derartige Fehler in der Zukunft zu vermeiden“, hieß es anfangs noch. Der Rat wünschte„eine kostengünstige Publikation in Printform“, die gleichzeitig gratis als E-Book oder Textdatei erhältlich sein soll. In dem Beschluss, der später mit großer Mehrheit erfolgte, war von soviel Bürgernähe nichts mehr zu lesen.
Hintergründe des Messe-Skandals
Das Geschäft brachte Köln über Jahre hinweg negative Schlagzeilen ein, weil die Stadt den Auftrag zum Bau mehrerer Messehallen ohne die vorgeschriebene Ausschreibung an den Oppenheim-Esch-Fonds vergeben hatte. Man ersann eine Vertragskonstruktion, bei der die Messe als Untermieter der Stadt auftrat; die Kommune als Hauptmieter sollte dem Fonds jährlich mehr als 20 Millionen Euro überweisen – 30 Jahre lang.
Der Europäische Gerichtshof wertete den Vorgang als Verstoß gegen das Vergaberecht. Nach dem 2009 ergangenen Urteil mussten die Beteiligten eine neue Mietvereinbarung treffen. Das ist mittlerweile geschehen; allerdings nur unter einer Millionenbeteiligung der Stadt Köln aus Steuergeldern. Die EU-Kommission hätte anderenfalls eine dreistellige Millionenstrafe gegen die Bundesrepublik verhängen können.
Die Ideengeber sind verärgert. „Die Ergebnisse der Aufarbeitung gehören selbstverständlich in die Öffentlichkeit, gerade dann wenn neue Erkenntnisse vorliegen die den Burgfrieden der damals Beteiligten heute zu stören scheinen“, findet Zimmermann. Der Messe-Skandal habe „das Vertrauen der Kölner in die Arbeit von Politik und Verwaltung zurecht erschüttert“.
Zimmermann betrachtet die Aufarbeitung als „ernst gemeinten Versuch dieses Rates, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen“. Freie-Wähler-Ratsherr Walter Wortmann sieht das ähnlich: „Die Hintergründe und Vorgänge, die zur Entwicklung des Messehallen-Skandals geführt haben, müssen der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Wir bestehen auf Veröffentlichung der längst vorliegenden Dokumentation.“ Die Verwaltung prüfe, „ob und inwieweit wesentliche Erkenntnisse des Gutachtens der Öffentlichkeit vorgestellt werden können“, teilte die Kämmerin mit.