Zu hohe Stundensätze, zu wenig Kontrolle: Der Prüfbericht zu den Wachleuten lässt die Stadt schlecht aussehen. Sie kündigt eine Aufarbeitung an.
„Widerspricht gesundem Menschenverstand“Kölner Politik fordert Aufklärung der Wachleute-Affäre
Die Kölner Stadtspitze um Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) wollte sich am Dienstag nicht zu den Unregelmäßigkeiten bei den Verträgen für die Wachleute in den städtischen Museen äußern. Stadtsprecher Alexander Vogel begründete das Schweigen damit, dass der Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) für den nicht-öffentlichen Teil des Rechnungsprüfungsausschuss vorgesehen war — und nicht für die Öffentlichkeit.
Das Gremium tagt am Montag und beschäftigt sich damit, dass die Stadt aufgrund „vertragswidrig überhöhter Stundenverrechnungssätze“ zwischen 2017 und 2022 der externen Sicherheitsfirma zu viel bezahlt hatte. Das RPA hatte den Schaden für die Stadt auf 1,37 Millionen Euro beziffert. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte am Dienstag über die interne Analyse berichtet.
Stadt wird personalrechtliche Prüfungen vornehmen
Auf die Frage, ob es personelle Konsequenzen gibt, antwortete Vogel: „Nachdem sich der Ausschuss mit dem Bericht im nicht-öffentlichen Teil befasst hat, werden wir in die personalrechtlichen Prüfungen einsteigen. Ich bitte daher auch um Verständnis, dass sich die Stadtspitze dazu zunächst öffentlich nicht äußert.“ Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung berät demnach erst der Ausschuss, dem werde die Verwaltung nicht vorgreifen.
Wie berichtet, hatte der Stadtrat 2017 das RPA damit beauftragt, die städtischen Dienststellen zu prüfen, die Aufträge an externe Sicherheitsfirmen vergeben hatten. Das Amt kontrolliert das ordnungsgemäße, recht- und zweckmäßige sowie wirtschaftliche Verwaltungshandeln. Unter anderem sollte das RPA die Vergabe prüfen und auch, ob die Firmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tarifgemäß bezahlen. Insgesamt zahlte die Stadt Köln zuletzt durchschnittlich rund 40 Millionen Euro jährlich an Sicherheitsfirmen.
Vorgehen entspricht nicht der Dienstanweisung
Im September hatte das RPA den ersten Bericht vorgelegt, er analysierte das Agieren der Stadt bei der Beauftragung der Sicherheitsfirmen an Karneval. Die Kontrolleure monierten 19 Beanstandungen, die zu finanziellen Schäden führten. Beispielsweise zahlte die Stadt unaufgefordert höhere Stundensätze. Als Konsequenz wurde ein hochrangiger Mitarbeiter freigestellt.
Jetzt legte das Amt den nächsten Bericht vor zu den externen Wachleuten in acht städtischen Museen. Auch er hat es in sich: Aufträge schrieb das Museumsreferat entgegen dem Willen des Rates nicht neu aus, sondern verlängerte sie — das entsprach nicht den Dienstanweisungen. In einer Stellungnahme wies die Verwaltung unter anderem auf personelle Probleme und auf eine andere Rechtsauffassung als das RPA hin.
Prüfer nennen mögliche Verbesserungen
Der Name der Sicherheitsfirma ist dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bekannt, sie war von 2017 bis 2023 zuständig. Sie kündigte eine Stellungnahme für die nächsten Tage an. Seit 2024 hat die Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Stadt, die Bewachung der Museen übernommen. Dem Vernehmen nach wurde der Wechsel vorgenommen, um die Missstände aufzuarbeiten. Laut RPA sollen „die Bewachungen der Museen künftig rechts- und vertragskonform“ durchgeführt werden.
Am Ende seiner einzelnen Prüfungen erstellt das RPA einen Gesamtbericht. Doch schon jetzt nennen die Kontrolleure zwei mögliche Verbesserungen. „Aus Sicht des RPA ist die Implementierung eines dezernats- und dienststellenübergreifenden Wissens- und Erfahrungsaustauschs erforderlich.“ Und das RPA schlägt vor, eine zentrale Sanktionsstelle für Dienst- und Lieferleistungen zu erwägen, falls die Firmen Regeln verletzen.
Politik fordert Aufklärung
Der Kulturausschuss beschäftigte sich am Dienstag im nicht-öffentlichen Teil mit dem Bericht, Grünen-Politikerin Brigitta von Bülow hatte das aufgrund der Artikel gefordert. Die fünf großen Fraktionen forderten auf Anfrage Aufklärung und ein Abstellen der Mängel. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagte: „Klar ist: Vergaberichtlinien müssen zwingend eingehalten werden, weil sie Grundlage für rechtssicheres und effizientes Verwaltungshandeln sind. Sollten sich die Erkenntnisse des Rechnungsprüfungsamtes nach eingehender Analyse erhärten, werden wir organisatorische Konsequenzen einfordern.“
Hans Schwanitz, Sprecher für Rechnungsprüfungsthemen der Grünen, sagte: „Jetzt gilt es, genau zu prüfen, welche Lehren die Verwaltung aus den Fehlern beim Einsatz der Sicherheitskräfte an Karneval gezogen hat und wo noch nachgebessert werden muss.“ FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagte: „Die Verfehlungen im Kulturdezernat in Millionenhöhe lassen einen zornig zurück, da Ratsbeschlüsse offenkundig mit Vorsatz gebrochen wurden. Das Vertragsgebaren des Kulturdezernates widerspricht nicht nur dem Vergaberecht, sondern auch dem gesunden Menschenverstand.“
Detjen sieht Schaden für Demokratie
Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Fraktion, sagte: „Selbstverständlich darf es keine regelwidrigen Abrechnungen geben. Hier muss die Überwachung der Prozesse innerhalb der Stadtverwaltung deutlich verbessert werden.“
Jörg Detjen, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschuss, bezeichnete das Durchstechen von internen Prüfberichten als schädlich für die Demokratie. Man werde mit der Verwaltung einen Weg finden, die Mängel abzustellen.