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Polizei verliert vor GerichtWarnungen vor Kurden-Demo in Köln waren rechtswidrig

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10.000 Teilnehmer kamen zu der friedlichen Kurden-Demo im Herbst 2019.

Köln – Die Warnungen von Polizeipräsident Uwe Jacob im Vorfeld einer Kurden-Demo vor zwei Jahren in der Kölner Innenstadt waren einem Gerichtsbeschluss zufolge rechtswidrig. Die Grundlage für die Behauptung, dass zu der Kundgebung tausende gewaltbereite Jugendliche erwartet würden, sei der Kammer nicht hinreichend dargelegt worden, urteilten die Richter des Verwaltungsgerichts Köln. Die Anmelder-Gruppen – namentlich das Bündnis „Köln gegen Rechts“ und die „Interventionistische Linke“ – hatten gegen die Polizei geklagt, weil die Äußerungen potenzielle Demonstranten von einer Teilnahme abgeschreckt haben könnten.

Das Urteil und dessen Begründung sind den Verfahrensbeteiligten am Freitag zugestellt worden. Beide Parteien haben einen Monat Zeit, um einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen, die vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster verhandelt würde. „Wir werden den Fall juristisch bewerten und dann entscheiden, was zu tun ist“, sagte Polizeisprecher Ralf Remmert dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Konkrete Folgen für die Polizei hat die Niederlage vor Gericht aber zunächst nicht.

Hinweis auf Informantenschutz reichte nicht aus

Der Fall aus dem Oktober 2019 war vor gut zwei Wochen vor dem Verwaltungsgericht verhandelt worden (wir berichteten). Darin hatte sich bereits angedeutet, dass die Kammer die Beweisführung der Polizei als lückenhaft bewerten könnte. Der Anwalt der Polizei betonte stets, die Hinweise auf eine mögliche Gefährdung, die von Teilnehmern der Kundgebung ausgehen könnte, seien aus geheimdienstlichen Quellen gekommen, die aus Gründen des Informantenschutzes nicht näher benannt, geschweige denn zitiert werden könnten. Das aber wäre nach Ansicht des Gerichts nötig gewesen. „Es wurde ausdrücklich nicht geurteilt, dass die Aussagen an sich rechtswidrig waren. Diese aber hätten einer Grundlage bedurft, die dem Gericht nicht ausreichend dargelegt wurden“, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts zur Erklärung. Auch die Möglichkeit, die Quellen vor einem Gericht in höherer Instanz geschwärzt vorzulegen, sei nicht genutzt worden. Sollte es zu einer Berufungsverhandlung kommen, könnte das aber nachgeholt werden.

Polizeipräsident Uwe Jacob hatte am Nachmittag vor der mit 20.000 Teilnehmern geplanten Demo in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in deutlichen Worten vor einer möglichen Eskalation gewarnt und auch ein Verbot in letzter Minute nicht ausgeschlossen. Man habe wenige Stunden zuvor Hinweise „aus anderen Sicherheitsbehörden“ erhalten, dass zu der Kundgebung mitunter aus dem Ausland tausende junge Männer kommen könnten, die eine „sehr kurze Zündschnur haben“ und teils mit Messern bewaffnet seien. Das gleiche hatte Jacob wenige Minuten zuvor in einem Gespräch den Anmeldern mitgeteilt und auf eine Absage eingewirkt. Beides bewerteten die Richter als rechtswidrig. Die Kundgebung am 19. Oktober 2019 selbst, die sich gegen den türkischen Militäreinsatz in Nordsyrien richtete, verlief am darauffolgenden Tag mit etwa 10.000 Teilnehmern friedlich.