Köln – Die Worte, die Polizeipräsident Uwe Jacob auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz wählte, waren drastisch. Man habe wenige Stunden zuvor Hinweise „aus anderen Sicherheitsbehörden“ erhalten, dass zu einer Kurden-Demonstration tags darauf mehr als 20.000 Teilnehmer kommen könnten, darunter „mehrere tausend junge Menschen, die provozieren wollen“. Diese, sagte Jacob vor Journalisten, sollten „gewaltbereit sein, Auseinandersetzungen suchen und vor jeglichen Straftaten nicht zurückschrecken“. Mehrere Einsatzhundertschaften, Wasserwerfer und sogar Spezialeinheiten werde die Polizei aufbieten, um schon bei kleinen Ausschreitungen einzugreifen. Unter anderem wegen dieser umstrittenen Kommunikation im Vorfeld des Demonstrationszuges auf den Ringen vor fast genau zwei Jahren musste sich die Kölner Polizei nun am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht verantworten.
Die Anmelder-Gruppen – namentlich das Bündnis „Köln gegen Rechts“ und die „Interventionistische Linke“ – klagten gegen die Polizei, vertreten durch Behördenleiter Uwe Jacob, dass die Aussagen rechtswidrig gewesen seien. Aufgabe der Polizei sei lediglich, die Versammlung zu schützen, nicht aber potenzielle Teilnahme abzuschrecken. Die Kläger-Seite spricht von „Einschüchterungsversuchen“ seitens des Polizeipräsidenten. Außerdem habe bis zur Demo selbst das „Damoklesschwert“ des Verbots über den Veranstaltern gehangen, weil Jacob auf der Pressekonferenz ankündigte, ein kurzfristiges Verbot der Versammlung zu prüfen. Die Kundgebung am 19. Oktober 2019 selbst, die sich gegen den türkischen Militäreinsatz in Nordsyrien richtete, verlief am darauffolgenden Tag mit etwa 10.000 Teilnehmern friedlich. Die befürchteten Ausschreitungen blieben aus, womöglich auch weil gegen Ende der Demonstration auf dem Hohenzollernring Starkregen einsetzte. Bei anderen in Deutschland etwa zur gleichen Zeit abgehaltene Kundgebungen zum gleichen Thema gab es dagegen Ausschreitungen.
Woher kamen die Informationen?
War das Verhalten der Polizei im Vorfeld der Demo rechtens? Das Gericht hat den Fall am Donnerstag noch nicht beschieden. Als möglicherweise entscheidende, aber bisher unklare Frage könnte sich herausstellen, woher genau die Informationen stammten, die am Nachmittag vor der Versammlung zu der kurzfristig geänderten Lagebeurteilung der Polizei führten. Dass zum Beispiel europaweit zur Teilnahme aufgerufen worden sei und unter anderem aus Frankreich angesichts der damals politisch brisanten Lage hoch emotionalisierte junge Kurden in großer Zahl nach Köln kommen und teils mit Messern bewaffnet sein sollen.
Die Kammer jedenfalls ließ durchblicken, dass sie diese Grundlage für höchst relevant hält. Der Verweis auf Hinweisgeber von Sicherheitsbehörden allein könnte selbst mit Blick auf den Informantenschutz nicht ausreichen. „Nur zu sagen, dass es gefährlich werden könnte, reicht nicht“, sagte der Vorsitzende Richter, fragte aber auch: „Warum sollte die Polizei so etwas erfinden?“ Die Polizei wollte sich am Donnerstag mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.
Der Entscheid wird wohl in den kommenden Tagen oder Wochen ergehen. Die Beteiligten können danach Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.