Eine Chance mit den ganz Großen zu trainieren: Bronzemedaillengewinner im Superschwergewichtsboxen Nelvie Tiafack bildet benachteiligte Jugendliche aus.
Projekt Boot'N'Boxing in KölnOlympiamedaillengewinner im Boxen trainiert Kinder aus schwierigen Verhältnissen

03.04.2025 Köln. Projekt 'Boot'n Boxing': Kölner Förderschüler und Heimkinder trainieren mit dem Kölner Boxer Nelvie Tiafack (Bronze bei den Olympischen Spielen) im Gym am Bonner Wall.
Copyright: Alexander Schwaiger
Der Schweiß tropft, Fäuste trommeln rhythmisch auf Sandsäcke – noch ein paar Sekunden, dann ist es geschafft. Den zehn Jungs geht langsam die Puste aus, die Beinarbeit sieht vielleicht noch etwas unkoordiniert aus, aber alle sind sie mit Herzblut dabei. So eine Chance bekommt man schließlich nur selten. Der Trainer ist nämlich niemand geringeres als Nelvie Tiafack, erster deutscher Olympiamedaillengewinner im Superschwergewichtsboxen. Das Training findet im Bebak Gym am Bonner Wall statt. Seine Schüler am Donnerstagmorgen kommen aus der Eifel, von der Förderschule des Hermann-Josef-Haus in Urft, einem Stadtteil von Kall. Für sie wurde das Projekt Boot’N’Boxing ins Leben gerufen.
Dabei geht es um ein Boxtraining, angeleitet von so genannten Botschaftern, also Profis des Sports. Im Oktober letzten Jahres konnten sie hier bereits mit Felix Sturm trainieren. Die signierten Handschuhe von damals haben sie auch heute dabei. Das Projekt wird jetzt ausgedehnt. In diesem Schuljahr sollen die Kinder mehrmals zum Trainieren ins Studio kommen. Für ihren normalen Sportunterricht bekommen sie außerdem ein Programm mit Motivationssprüchen von Sturm mitgegeben.
Es ist besonders wichtig eine Perspektive zu zeigen
Die Gruppe der 12- bis 16-Jährigen kommt ausnahmslos aus schwierigen Verhältnissen und gehört zu den 200 Kindern des Hermann-Josef-Hauses. Ihre Hintergründe sind so unterschiedlich wie sie selbst. Einige leben in der Einrichtung und haben nur über das Jugendamt Kontakt zu ihren Familien. Doch diese Umstände sollen ihnen nicht die Zukunft verbauen, findet ihre Lehrerin Daniela Otten.
Die Idee für das Projekt stammt von ihr. Sie arbeitet schon seit 20 Jahren an der Schule und ist nebenbei professionelle Kampfrichterin im Profiboxen. Dadurch weiß sie, wie viel das Boxen einem geben kann. Disziplin, Respekt, Selbstbewusstsein und das Verständnis für die eigenen Grenzen. „Mannschaftssport ist mit den Problemjugendlichen manchmal schwierig“, erklärt Otten. „Einzelsport ist besser, da können sich die Kinder besser auf sich selbst konzentrieren. Mir ist es besonders wichtig, eine Perspektive zu zeigen. Als Lehrerin kann ich noch so viel über Chancen erzählen, aber nichts ist besser als einen Profi wie Nelvie persönlich zu treffen.“ Schließlich hat der Boxprofi selbst erst mit 15 Jahren mit dem Sport angefangen. Nun ist er einer der berühmtesten deutschen Vertreter des Sports.

03.04.2025 Nelvie Tiafack zeigt den Förderschülern wie man die Übungen richtig durchführt.
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Zu Beginn gibt er jedem Jungen die Hand und fragt nach seinem Namen. „Nahbar zu sein, ist mir wichtig“, erklärt er später. Der Boxprofi führt das Training mit lauter Stimme und routiniert. Bei den Übungen achtet er genau darauf, dass jeder sie richtig ausführt. Zum dritten Mal ist er nun schon als ehrenamtlicher Trainer tätig. Mit den Jungs aus Kall Sport zu machen, habe „richtig Bock“ gemacht. „Ich hatte keine Vorstellung von den Kindern und ich bin positiv von ihrer Motivation überrascht.“
"Ich hoffe einfach, dass die Kinder am Ende einen guten Weg für sich finden."
Am Ende des Trainings bekommt jeder nochmal die Chance, kurz mit dem Nelvie in den Ring zu steigen. „Supercool“ und eine „tolle Erfahrung“, sagen viele der Kinder zu dem Training. Sie freuen sich schon auf das nächste Mal und fragen sich, wer dann ihr Trainer sein wird.

03.04.2025 Ein Gruppenfoto mit dem Boxprofi.
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Mit dem Besitzer des Studios, dem Boxmanager Roland Bebak, hat Otten seit langem einen überzeugten Verbündeten. Zusammen organisieren sie seit 15 Jahren Sportprojekte für Kinder. Dafür erhielten sie sogar den Ehrenamtspreis. Bebak betont, wie wichtig der Respekt sei, den der Sport den Heranwachsenden mitgebe. Nicht nur für die Trainer, sondern auch für sich selbst. „Ich hoffe einfach, dass die Kinder am Ende einen guten Weg für sich finden.“
Nach dem Training werden noch die Handschuhe unterschrieben. Geduldig stehen die Kinder für Nelvies Signatur an, sie kommt direkt neben die von Felix Sturm. Auch ein paar letzte Fragen werden ihm noch gestellt. Für die Jugendlichen am spannendsten: „Welches Auto fährst du am liebsten?“. Er habe einen Autoverleih erklärt Nelvie dann, er fährt das Auto, auf das er gerade Lust hat. Die Jungs sind beeindruckt.
Zum Abschied geben sie ihm noch ein Geschenk. Ein bisschen Schokolade und ein Glückslicht – damit es auch mit dem nächsten Titel klappt.